Mittwoch, April 13, 2011

konzert: frameworks festival, 10.04.11

leider bin ich aufgrund von zeitproblemen etwas hinten nach mit dem bericht zum frameworks festival in münchen. doch übergehen möchte ich vor allem eines nicht: am vergangenen sonntag endete eine veranstaltung der besonderen art. wer in seiner stadt ein kulturreferat sein eigen nennen kann, das in der lage und vor allem gewillt ist, solch ein fabelhaftes konzept, wie es dieses kleine, dreiträgige festival darstellt, durchzusetzen und zu finanzieren, der kann sich wahrlich glücklich schätzen. vom freitag bis zum sonntag spielte in den tunnelgewölben der mug (münchen im untergrund) getauften location, einem ehemaligen lagerkeller einer brauerei, die creme zeitgenössischer zwischen- den- welten- musik. changierend zwischen den polen elektronischen und akustischen ausdrucks suchte jeder der angetretenen künstler nach einer individuellen form der transkription. goutiert wurde dies von einem neugierigen wie durchaus zahlreichen publikum. ein strikter zeitplan half dabei, sich diejenigen acts herauszusuchen, die man bevorzugt sehen wollte. leider war es mir nur vergönnt, den letzten tag besuchen zu können, so gingen mir u.a. tarwater, wouter van veldhoven, saroos oder the boats durch die lappen. doch der sonntag hielt durchaus vergleichbares bereit.

los ging es mit dem jugendlich wirkenden daniel brückner. er fungierte zugleich als kurator und verriet mir später, dass es für ihn schwierig war, beide rollen gleichsam konzentriert auszufüllen. unter dem moniker squares on both sides hat er einige alben ausgestossen und eine verlockende ep auf vinyl herausgebracht. nach hausmusik ist er nun bei own records beheimatet, ein perfektes zuhause für das liedgut mit obacht. auf seiner akustischen zog er in aller bedachtheit vom leder, schob seine brüchige stimme darüber und ließ uns in all diesen ruhigen momenten nicht allein. blickkontakte, sample einspielungen, loops ergänzten seinen vortrag. jedem ton wurde eine weihestätte errichtet, bekam nicht nur exemplarischen nachhall, sondern er durfte sich in ruhe trollen. so entstanden lieder, die auf wirkung abheben, die eben nicht nur dem songzusammenhang verpflichtet sind, sondern vielmehr mutmaßen lassen, als dass sie herzugeben gewillt sind: vom autoren, vom sänger, vom übersetzer der idee. ein paar tupfer am klavier, dann hernieder gebeugt zum elektronischen gerät, ohne hast knöpfe gedrückt, die gitarre geschultert, um wieder einigen worten mit der stimme den segen zu geben. ein wie hingehauchter atem, von dem am ende doch mehr bleibt, als man zunächst erwartet hätte.
squares on both sides - castles

getränke nachschub. bequeme sitzmöbel, die mit fortgeschrittener stunde immer mehr zum fläzen einluden. kleine bettstatten wurden eingerichtet, doch mit sich merklich füllender räumlichkeit nahm die konkurrenz um kissen zu. all dies störte mariska baars und rutger zuydervelt herzlich wenig, denn die beiden traten als duo auf und mussten sich dem publikum von vorne stellen. unter dem vorzeichen machinefabriek ist vor allem rutger in der szene weithin bekannt. seine unzähligen kollaborationen, seine vielfachen liveauftritte sind bemerkenswert. zusammen mit mariska aka soccer committee gestaltete er nun vierzig minuten der besonderen art. der start verlief noch gänzlich unspektakulär, da die junge, schüchtern wirkende holländerin ihrem landsmann einige akkorde auf der e-gitarre sowie wenige strophen gesang im wahrsten sinne des wortes vorwarf. denn dieser nahm sie auf und verarbeitete die tonalen exkremente via seiner unzähligen gerätschaften, die auf einem kleinen tisch vor ihm ruhten, zu etwas völlig neuem. ein sezieren begann, ein auseinandernehmen von klängen in ihre einzelteile, ein neu zueinander fügen, ein buntes collagieren.

aus den frequenzen gleichen tönen extrahierte sich immer wieder vertrautes, ein gesangsfetzen, ein basston, den mariska wenige minuten vorher angeschlagen, eine sequenz, die sie gespielt hatte. abenteuerlich, wie rutger über seinen tisch gebeugt an den vielfachen geräten hantierte, aussteuerte, vermeintliche störgeräusche auszubalancieren schien, miteinander verwob, übereinander schob und sich offenbar klangwelten just in diesem moment neu erdachte, die bezüge zum eben gehörten haben. der atem der zuschauer hielt nicht so lange an, das wenige an unruhe war aber für die interessierten hinnehmbar. toll!
machinefabriek - stukje

wieder etwas mehr unruhe. auseinandergehen, wiederkehren. pause. ein klavier, das sich seit anfang an zeigte, nun in den mittelpunkt gerückt. präpariert. für hauschka, den düsseldorfer, den die musik von hip- hop- projekten über den techno zum einsamen spiel auf dem zubereiteten klavier trieb. volker bertelmann übergab sich dem publikum mit worten, erklärte aspekte seiner musik, seines weges und gab aussicht auf das kommende. ohne großen wirbel, empathisch. sein spiel fesselte unvermittelt. der kraftvolle anschlag, das körperliche element, das verbindliche zwischen instrument und dem es bedienenden erzeugte eine spannung, die sich in erregung widerspiegelte, in neugier, in gebannter aufmerksamkeit. das rund war schier gefangen.

die melodien durchwirkten den basalen rhythmus, im einklang das diverse durch die klöppel angegangene gerät mit seinen unterschiedlichen eigenschaften: die folie, die magneten, die verschlüsse, kronkorken, das vibrierende holz, die scheppernde rassel. was sich in der rückschau als unvereinbare diversität auftut, war im moment des konzertes ein konzises ganzes. schlüssig, zugehörig, vereinbar. hauschka spielte betont und doch nie aufdringlich, für aufmerksamkeit sorgten sowohl die klangvielfalt als auch der unaufhaltsame, unbeirrbare energieschub (zeitweise via elektronischem gerät verstärkt). hier war jemand voll in seinem element und riss das auditorium mit sich. die begeisterung war greifbar, sie brandete zwischen den liedern über und ließ den künstler lächeln. die setlist setzte sich vor allem aus dem album "salon des amateurs" zusammen, einer hommage an einen gleichnamigen düsseldorfer club, während die zugabe ein bonus, ein stück aus einem seiner ersten alben war: "golden".
glanz auf diesem abend.
hauschka - red pencil

4 Kommentare:

Oliver Peel hat gesagt…

Mit Hauschka hast du einen Musiker erwischt, der auf meiner Konzertwunschliste auch ganz oben steht. Schöner Bericht, der mein Interesse an Hauschka noch weiter steigert.

E. hat gesagt…

ja, ein erlebnis zweifelsohne. auch auf tonträger, allerdings nicht den auftritt toppend.

E. hat gesagt…

ach, demnächst doch auch in paris. gefunden: Sun 26 JUNE PARIS at LA GAÎTÉ LYRIQUE

Oliver Peel hat gesagt…

Danke für den Service!