Samstag, April 02, 2011

golden kanine - oh woe! (2011)

der einstieg in das neue golden kanine album "oh woe" fällt denkbar leicht, waren doch noch die beiden ersten tracks vertraut, nachdem sie die band auf dem orange blossom special 14 in 2010 bereits gespielt hatte. das streng sehnsuchtsvolle "arkham", das sich so zögerlich gibt, mit einem irrenden banjo, einer scheinbar mutlosen mandoline, der rhythmisierenden akustischen, den flankierenden bläsern und dem worte formenden linus lindvall, aufgelöst in einer harmonika ornamentierten lustvollen runde, die dem ausbruch entgegen zu steuern scheint, und erstirbt, und dem munteren, oldtyme befeuerten "climb" an fiddle, banjo und perkussiver wohltat. die posaune durchbricht das gewerk und führt die schunkelnde band von der bühne ins kneipenrund. wahrlich kein schlechter beginn für das zweite album der band aus malmö.
die hatte mit "scissors & happiness" vorgelegt und eine neue münze in den topf mit zählbaren, klimpernden folkrockkapellen- silberlingen geworfen. ihr sound langt dabei nicht an das ungehobelt dreckige von o'death, nicht an die überdrehtheit von the felice brothers, nicht an das pathetische von the snake the cross the crown heran, ihre melancholie ist nicht so ausgeprägt, ihr druck erreicht nie die letzte stuhlreihe, um sie umzublasen und doch sind sie bei aller vergleichbarkeit einzigartig. bläser, klar, zwei sänger mit unterscheidbaren organen, ok.
und doch ist da mehr, das vor beliebigkeit und epigonentum schützt.
etwas zutiefst depressives, gedungenes, zurückhaltendes ist zu vernehmen. eine schutzfeste, die sich scheinbar uneinnehmbar um die musik zieht. ein kalter- schauer- generator, versteckt hinter den freundlichen gesichtern, den ungezwungenen gemütern. es ist nicht so, dass ihnen die gelassenheit fehlte, der sinn nach überschwang, aber sie konzentrieren sich wohl beim pendeln auf die mit einem minus überzeichnete seite. hier befinden sich nicht nur groll und angst, hass und tod. hier findet sich das tendenziöse, die verweigerte geste, die erinnerung an fallbeile und kalte jahreszeiten. selbst wenn sich die themen nicht unfreundlich gerieren, die musik ist grau eingetüncht.
doch nie erweist sich das als makel, im gegenteil weckt der greinende gesang in "burial" die eigenen lebensgeister, jene, die sich stets verkannt als die eigentlichen retter erweisen, die aus ihren kleidern steigen, um nackte haut zu präsentieren, die, von stich- und stosswunden übersät, zeugnis von kämpfen ablegt gegen das sonnige prinzip, gegen die gleichschritte, die vereinnahmung. und während ich mich hier um kopf und kragen schreibe, schreitet "oh woe!" voran, kann sich seiner posaunentauglichkeit nicht entledigen und straft mich mit verheißungsvoller melodie in "fire" lügen. doch golden kanine können nicht laut lächelnd musizieren, sie ziehen ihre kreise im nimmermüden mulischritt, teils wütend stampfend, teils mutig dahingeschlurft.
zuckrig wirds nur, wenn die gitarre schraffiert, der beat gestolpert und die singende säge ausgepackt wird. "get buy" hat die rechte art, um als indierock nummer durchzugehen, selbst der refrain drängelt zur hymne, hat er sich doch den blechbläser und einen drängelnden bass zur seite genommen. überhaupt wurde das soundbild ausgestopft wie eine fette weihnachtsgans. erfrischend an dieser stelle. doch die genre behaftung zieht gen amerikanischem folk und einer nordeuorpäischen melancholie, die sich längst den balkan hüpfer abgewöhnt hat. "all must die" lässt die zügel noch unvermittelter lockerer, die band heizt sich durch einen wüsten stomp. doch schon "a change" ist wieder dumpf und zögerlich, unruhig durchzogen von schlagzeuggewerkel und streichern, sich gegenseitig stimulierendem gesang und einer unverblümtheit in sachen hoffnungslosigkeit. oder doch nicht? "a chance is gonna com".
in 2011 klingen golden kanine dräuender, erwachsener und dann auch dringlicher. alles, was eine folkunart ist und ihnen zueigen war, haben sie abgelegt. die konzentriertheit, das mutig zusammenfassende, das originäre gebinde steht ihnen wie eine neue haut. "oh lord" wird zur anrufung, bevor mit "back from the wood" versöhnliches zum abschied ansteht. zugleich zeigt die band mit beiden tracks ihre wesenheiten. depression und sentiment, und wie sie gemeinsam einen pfad beschreiten, der erlösung verspricht.
"oh woe!" erscheint am 11.04. auf glitterhouse records.



06.04. Nürnberg - Muz Club
07.04. Freiburg - Swamp
08.04. Stuttgart - Laboratorium
09.04. Braunschweig - Nexus
01.05. Lübeck - Treibsand
02.05. Kassel - Schlachthof
03.05. Bremen - MS Treue
04.05. Krefeld - Kulturrampe
05.05. Hildesheim - Trillke
06.05. Plauen - Malzhaus
07.05. Neisse Filmfest Grosshennersdorf
10.06. Orange Blossom Special # 15
12.06. Waldeck - Int. Liederfest
30.07. Dortmund - Juicy Beats Festival
05.08. Lott Festival
06.08. Hamburg - Knust Open Air
07.08. Weinturm Open Air
12.08. Haldern Pop Festival

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