die aktuelle besetzung von the war on drugs ist vielleicht das vorherige ende einer langen metamorphose, sieht man auf eine gerade mal siebenjährige bandgeschichte zurück, in der schon einiges an personal verheizt wurde. den beginn machte kurt vile, der später sehr gut auf eigenen beinen stehen konnte und in dessen backingband the violators sich bereits auch ein adam granduciel sehr gut machte. die einzige konstante und uneingeschränkter chef im ring ist jener in dover als adam granofsky geborene. der vollblutgitarrist und sänger steht aktuell einer truppe vor, die sich ihm bis aufs herzblut verschrieben hat, ihm blind durch die psychrockwelten folgt und vor allem technisch einiges zu bieten hat. da ist zuvorderst david harltey zu nennen. der basser bearbeitet sein arbeitsgerät derart virtuos, dass er einen eigenen kleinen schrein benötigte, in dem man ihn extra beobachten, resp. hören könnte. seine flitzefahrten über das schwere instrument sind enorm, inspirierend, melodiös, hingebungsvoll, manchmal konträr dem aktuellen geschehen auf der bühne. und doch unterlegt der dumpfe anschlag ein stetes vorwärts, korrespondiert mit dem drumming seines jungen kollegen hinter der schießbude und nötigt respekt ab ob einer erstaunlich findigen interpretation seines berufs. am abend des 04. juni im feierwerk zu münchen spielte hartley einen sehr weit geöffneten bass, jeden groove, den er vorgab, spürte man unmittelbar in der unterleibgegend, jeden tempowechsel machte man in irgendeiner weise organisch mit, erst recht, wenn effekte mit einbezogen wurde, die auf verzerrung oder auf noch mehr bumms setzten. apropos bumms.
für den sorgte vornehmlich schlagzeuger steven urgo. der konzentrierte werker hatte den rhythmus im griff. sein etwas statischer stil war gekennzeichnet von konzentration und exaktheit. oft zündete er bereits vor dem ersten einsatz. nicht nur dass er dann den drumcomputer einschaltete, er knüppelte auch auf seinen beinen den takt vor. mit dem ersten schlag auf die trommeln versank er in seine aufgabe und wirbelte wie ein derwisch die kollegen voran. darunter befand sich auch robbie bennett, verantwortlich für das e-piano, dem er immer wieder klaviereske fast schon hammondorgel ähnliche töne entlockte. sein part war ein wesentlicher für den bandsound, er verdichtete und gab dem spektakel farbe. denn die grundierung dieser musikalischen explosion ist grau. hier wird nach und nach eine soundwand erstellt, deren durchdringung nur gelingt, wenn man sich via einzelner instrumente in den bombast vorschiebt. inmitten hockend frönt man einem einmaligen erlebnis, in deren zentrum der malende gesang granducies thront. seine stimme ist eine der heiserkeit entlehnte und sucht nach allem, nur nicht nach höhen und tiefen. in stoiker manier bedient sie das wort wie die supermarktkassiererin die kunden. deutlich mehr konzentration liegt auf seinem gitarrespiel.
die verliebtheit in das instrument sieht man ihm in jeder sekunde an. er scheint mit ihm verschweisst zu sein, das gemeinsame ringen ist ein durch die jahre geschärftes, optimiertes. er ringt ihm mit schwieligen fingern den singsang seiner in sich komplexen kompositionen ab. dem auf- und abschwellen der songs folgend erstaunt den aufmerksamen hörer, wie es der band gelingt, auf den punkt die kleinen unregelmäßigkeiten herauszuarbeiten, insbesondere harmonische schlenker und rhythmische ausfallschritte. während also der langmähnige, gesicht verhangene sänger leiert und seiner gitarre eine um die andere memorable melodie entlockt, abenteuert der rest der band um ihn, als hätte er das fahrtenbuch seiner unternehmung bereits vorab geschrieben. beeindruckend war es! der schub dieser breitwandigen rocknummern ließ die beine zucken und manch bewegungsreigen im auditorium eröffnen. "brothers" glänzte: "and all i see is the darkness in your eyes, it's like loosin' ground on the one that i despise, pick yourself up right down the line, loose yourself in your mind", "baby missiles" trieb voran und "come to the city" ward gar elegisch. immer wieder tauchte man kurz aus diesen fieberträumen auf, um sofort wieder hineingezogen zu werden. die loop- getränkte orgie bot höhepunkt um höhepunkt, ob mundharmonika einlagen, der songeinstieg mit trompeten- aufweichung oder das endlos gezucke der gitarre im backstage bereich. zwei zugaben später war ich verschwitzt glücklich.
the war on drugs - baby missilesthe war on drugs - come to the city
die vorband zu diesem abend war im übrigen das international gemischte trio fenster. die junge truppe ist gerade feist im kommen und hat im frühjahr ihr debut "bones" auf morr music veröffentlicht. die drei spielten einen sehr zugänglichen, hook- geladenen dreampop, der durchaus zu begeistern wusste (er lockte sogar mehmet scholl an). mit ständigem instrumentenwechsel sorgten sie zudem für einiges an bewegung auf der beengten bühne. hervorzuheben ist der sehr einträgliche gesang von jonathan jarzyna, der sowohl in den höhen als auch in den tiefen bereichen zu überzeugen wusste. sein vorzügliches gitarrespiel sorgt für die entscheidenden impulse. etwas im hintergrund die hübsche jj weihl. die new yorkerin spielt bass und bedient den synthesizer. ihr backgroundgesang rundet manchen der hymnisch angegangenen songs ab. zu guter letzt stiftet rémi letournelle unruhe. er behaut eindringlich die große basstrommel mit knüppel und rassel und treibt seine kompagnons voran. in der summe eine lustvolle schau und ein zukunftsoffenes projekt, dessen melodien noch ein weilchen im ohr bleiben werden.
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