Donnerstag, Mai 19, 2016

konzert: orange blossom special festival 20, teil 6


get well soon wurden selbstverständlich euphorisch von rembert stiewe zum abschließenden samstagnachtkonzert angekündigt. schließlich verband die band und das veranstaltende glitterhouse unternehmen eine geschichte. und die war geprägt von gegenseitiger achtung, von liebe. so prangten zurecht vier große buchstaben im hintergrund, die herr stiewe noch vor dem antritt der band entfacht sehen wollte. alsbald prangte in leuchtenden lettern 'love' im hintergrund der bühne. dem eigentlichen auftritt vorgegriffen und natürlich das aktuelle album der band beschreibend. die enterte dann ohne groll die bühne und brachte sich etwas zittrig in stellung, denn die kühle des tages hatte sich bereits zu unangenehmer kälte entwickelt. doch das set wurde mit warmem herzen absolviert. das eingespielte kollektiv setzte auf ein forsches, popinfiziertes set, das einmal mehr bewies, zu welch grandiosem songwriting gerade frontmann konstantin gropper in der lage ist. doch erst im zusammenspiel offenbarten sich die stärken von get well soon, wenn die höhen und tiefen, die tempi und die harmonienwechsel beherrscht, wenn den melodien beine gemacht wurden. zwei davon intonierte man gemeinsam mit dem berliner kneipenchor, der sich das festival über an unterschiedlichen orten verdient gemacht hatte, hier nun aber beispielsweise schmissig "love" in die runde warf. das war eine bemerkenswerte und irgendwie liebenswürdige aktion der etablierten gegenüber der noch jungen sangesgemeinde. nicht weniger auffällig war an diesem abend die brisanz, die herrn gropper gepackt zu haben schien. er fuhrwerkte mit seiner gitarre mehrmals fulminant über die bühne, dass man froh sein konnte, wenn er keine verletzungen, schäden, opfer zurückgelassen hatte. hatte er nicht. dafür aber einige neue fans, ganz sicher.


der dritte festivaltag startete wie in den vergangenen jahren üblich mit einem surprice act. hatte sich früher häufig schon herumgesprochen, wer den sonntag beginnen würde, hielten sich heuer lediglich gerüchte ob möglicher kandidaten. dass mit torpus and the art directors dauergäste des festivals, die seit etlichen jahren zu pfingsten den zeltplatz mitbevölkern, antreten würden, konnte man sich aus der fülle der spekulationen kaum herausgepickt haben. der empfang der fünf nordlichter war mehr als freundlich und diese dankten es mit einem enthusiastischen set stampfenden euphoriefolks. noch hielt der himmel und die launigen ansagen des frontmanns trafen das erwartungsfrohe runde bei bester laune. lacher schallten von der industrie bebauten einfriedung zurück, sei es wegen der flachsereien über die rührend besorgte mutter, die sich fragt, ob die truppe sich denn auch verstünde, wenn sie so lange auf reise ist, oder wenn das publikum parlierte und aufmerksamkeit bewies. mit zwei neu interpretierten covern trafen torpus und co. neben dem eigenen repertoire auch den geschmack der runde. eilig wurden erste exemplare des frisch gepressten vinyls, das sich mit fünf coverversionen von von der band heiß geliebten songs bestückt zeigte, noch während des konzerts gekauft. so bedurfte es des zwischenzeitlichen aufrufs an eine bandgehilfin für nachschub zu sorgen. die orgel wimmerte, das schlagwerk trieb voran, die  akustische belebte, die elektrische gitarre akzentuierte und im gemeinsamen gesang gelang das verweben der freimütigen art mit den wehmütigen, seegetauchten melodien. 


randnotiz: mit gabor bertholini mischte sich ein musiker unter die norddeutsche schar, den man in den vergangenen jahren auf dem obs nicht nur als camper entdecken konnte, sondern in so manchem bandgefüge auch. hier an der trompete mit optimalem einsatz.
poem for a friend / known, seen, judged / from holding your hands / i can decide that by myself / secret / sleeping on the back burner / dog / time to pretend (mgmt) / big jet plane (angus and julia stone) / fall in love / in hushed tones / roll it up again


wow, was war das für ein auftritt. chantal acda hätte vorab gar nicht in die charmeoffensive gehen und erzählen müssen, dass sie bereits von vielen kollegen gehört hätte, dass dieses festival ein besonderes sei. ihre musik allein hätte genügt, um das publikum für sich einzunehmen. die stets strahlende künstlerin spiegelte in ihrem gesicht die emfindungen ihres gegenübers komplett wieder. und dabei war das gar nicht so einfache kost, die sie da mit ihren mitstreitern präsentierte. verwobene klangkunstwerke, die sich rein äußerlich durchaus an songstrukturen schmiegten, aber auszuufern pflegten, sich nach allen seiten raum erarbeitend, jeden musiker ins boot nehmend. am vorderen äußeren rand etwa den gitarristen gaetan vandewoude mit seinen konzertanten ausflüchten, den tubaspieler niels van heertum mit seinem hochgesteckten haar, der zuweilen ordentlich den marsch blies, manchmal nur untermalte oder kontrastierte, abgesehen von einem fast schon aufsehen erregenden solo, oder den drummer eric thielemans, dessen diffiziles spiel in erinnerung blieb, weil es ein wesentlicher bestandteil des kollektiven miteinanders war. 


nicht zuletzt fügte sich der basser alan gevaert ein, der wirklich sehr beweglich war. ein abgegriffenes bild vielleicht, aber das ebenso behandelte instrument erzählte von einem wendigen und virtuosen, selten offensiveren spiel des einem haudegen gleich aussehenden burschen. die frau in der front, wo blieb sie? chanctal acda zog die fäden, sie verknüpfte jedes zu jedem. mit der gitarre in leuchtendem rot gab sie vor, mit ihrem weichen, zarten gesang, der doch nie ohne widerstandskraft war, zog sie nach. langsam entfächerten sich dabei die songs, gaben positionen frei, an denen nach und nach die fünf im bunde andockten. das war einfach nur wunderschön und wie aus einer anderen welt.




das nahe ende dieser leider etwas umfänglich gewordenen berichterstattung nutze ich, um meine versäumnise aufzuzählen. am sonntag nachmittag entzog ich mich, entzogen wir uns dem festivaltreiben zu einer ausgiebigen brotzeit und sahen lediglich den rasanten beginn des love a sets sowie das ende des fesselnden xixa vortrags. 


beide hinterließen in der kürze einen sehr guten eindruck. hier druck und entfesselte leidenschaft, dort latin-charme. sorry. gilt auch für die minibühnen acts, die ich lediglich aus der ferne vernahm. unter anderem deshalb, weil die kleine location stets sehr gut besucht war. da finden sich woanders sicher ein paar eindrückliche reviews. 

morgen dann der letzte teil inkl. sternevergabe.

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