Dienstag, Mai 17, 2016

konzert: orange blossom special festival 20, teil 2


ja, es gibt diesen folkdrill, der dich sofort packt, der unter die haut geht, manchmal mehr als nur rührt. wenn zeit, ort und gelegenheit zusammenfallen, wie hier, festivalbeginn nach andauernder vorfreude, der himmel temporär frei von wolkenverschluss, dazu der euphorische angang dieser jungen band, dann war der weg zum berührt sein wahrlich nicht weit. mindestens eine träne habe ich wohl in dem moment weggedrückt. viel schöner hätte man sich das nicht ausmalen können. auch heimatt packte so etwas wie ergriffenheit, das grinsen waren ihnen nicht aus den gesichertern zu nehmen. nicht von ungefähr also, dass sich ihr sänger magnus grilstad mehrfach für diesen auftritt, aber auch für die grandiose publikumsreaktion bedankte. zwischen den songs legte er seine zähne frei und schien bald über seine emotionale berührtheit zu stolpern. doch das junge kollektiv hatte alles im griff. die performance zeugte davon, dass hier kein spontanes tun abgebildert wurde, sondern lang erprobtes handwerk. nur wurde zwischendurch der blick immer wieder von der wunderbar folkinfizierten musik auf kleine details gelenkt.


da war die huebsche, kleine geigerin, die der trupe immer wieder einen förderlichen drall verpasste, aber da waren auch andere ablenker, etwa die linkisch hochgezogenen socken des frontmanns, die kurze joggingbuxe des bassers, die gut für die nachtruhe durchgegangen wäre oder die sich immer mehr verhärtende vermutung, dass der drummer vom blatt spielte. jedenfalls war die tatsache, dass neben ihm ein notenständer mit papierwerk postiert war, kaum anders zu interpretieren. aber was tat das der musik? nichts. die war in der balance, wie überhaupt die band ausgewogen agierte und dissonanzen keinen platz bot. so wurde das aktuelle album von heimatt namens "with you i will dance all the way through the night. i will tie your hands and go blind. if you just let me" komplett nebst einer zugabe vorgetragen. sicher blieb manchem das hookverliebte "everyone's a sinner" in erinnerung oder das sehnsuchtsvolle "comforting love". ein toller auftritt wars einer überaus sympathischen band.
with you i will dance / mountains / dandelions / no wonder / everyone's a sinner / comforting love / one of a kind / friends? / pretentious / below the bells / oh my god!




die shook twins hielten ebenfalls steten kontakt zum auditorium, wie sich überhaupt dieses festival sehr kommunikativ zeigte. schuld daran war wohl vor allem das wetter, zu dem man einfach eine meinung haben musste, wenn sich regen und sonne in wechselseitiger alarmbereitschaft hielten. die schwestern aus portland betonten daneben aber auch, dass sie das erste mal in deutschland wären und es ihnen ausgesprochen gut gefiele. etwas alberig waren die beiden, wurden aber von den seitlich einrahmenden herren gut aufgefangen. zur linken josh simon mit dem bass bewaffnet, zur rechten niko daoussis mit gitarre, mandoline oder elektronischen drums beschäftigt. ohne eine stete schlagzeug gerechtfertigte befeuerung also aus dem hintergrund gelang dem vierer dennoch eine kraftvolle show. verantwortlich dafür waren zunächst die harmoniegesänge der beiden prinzessinnen in der mitte der bühne.


katelyn und laurie gefielen sich in unterstützung und ergänzung der jeweils anderen schwester - hier erstere mit dem einsatz ihres telefonmikrofons, dort zweitere mit gesangsloops - so übertrafen sie sich in stimmfarbe- und -höhe und begeisterten nebenher an schraffierter gitarre und gepicktem banjo. es entstand ein dichter sound, der ihren folkpop direkt ins auditorium trieb. aufmerker waren sich das flinke "window", das sich alsbald in den canned heat klassiker "going up the country" verwandelte oder "talkie walkie", bei dem sich niko am mikro schaffte, aber nicht nur sang, sondern einen mehr als schmissigen gitarrenpart ablieferte.


wie man überhaupt seinen anteil an der musik der shook twins nicht unterschätzen sollte. klar, er rappte zwischendurch auch, aber vor allem wurde die aufmerksamkeit immer wieder auf seine saitenarbeit gelenkt, da er feingliedrige fäden in das musikalische konzept dieser wunderbaren kombo einfügte. das war ein so unstrittig freudiger auftritt, dass sich die sonne nicht anders als für uns, für dieses festival entscheiden konnte.
growing things / what we do / back in 15 minutes (by nathan moore) / talkie walkie (by niko daoussis) / window --> goin up country / wantlove / dear prudence / time to swim / what have we done / shake


the buttshakers lieferten alsbald einen der fulminantesten auftritte des festivals. die vielköpfige band aus frankreich zog mal richtig vom leder. schuld daran waren natürlich die bläser, schuld war sicher die einvernehmlich treibende rhythmusfraktion, aber hey, schuld war am ende nur sängerin ciara thompson. sie war eine schau. fast hätte sie sich die selbe selbst gestohlen. das rote, äusserst kurze kleidchen, die anzüglichen, wagemutigen gesten, der publikumkontakt, die offensiven blicke usw. sollten ordentlich vom musikalischen vortrag ablenken. wie oft ist sie von der bühne herabgestiegen und tauchte nach dem fotograben auch noch mitten im publikum auf? wenn man etwas seitlich stand, verlor sich die sängerin mit amerikanischen wurzeln im volk und ward nicht mehr gesehen. irgendwann, wenn die band ihren verschwitzten soul auf die höhe und bis zu einem ekstatischen finale getrieben hatte, tauchte ciara wieder auf der bühne auf. die entschuldigenden gesten wollte man ihr gern abnehmen. denn schliesslich überzeugte sie mit einer vollmundigen, reifen stimme, die gern den sound ihrer band übertraf oder sich an ihm rieb.


schnell hatten die sechs ihr publikum im griff. die mischung aus rhthm 'n' blues und northern soul mit garage und rock brachte alles in bewegung. von hinten trieben bass und schießbude an. doch weil das eben nicht genügte, mussten die bläser schieben. im stakkato griffen sie an. die backingvocals der kerle hieben zudem ein. aus der kollektiven power stach schließlich die frontfrau heraus. doch auch die cooleren nummer wie etwa "wicked woman" hatte die band drauf. im midtempo wog sich die menge und genoss die bewegungs- und mimikfreude von ciara und co. das war definitv ein auftritt für auge und ohr. erwähnenswert und mehr als nur randbemerkung waren die bläsersoli. wer die gelegenheit bekommen sollte, die truppe sehen zu können, sollte sie nicht verpassen!
intro / chains / satisfied / soul kitchen / i wanna know / clean up woman / treat me right / i wait / wicked woman / show me / slippin n sliddin / get your blues / soul finger / betty day / night shift

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