die hamburger von trümmer waren die erste von zwei bands, die die verantwortung für den abend des festivalauftakttages trugen. dass sie damit keine größeren probleme hätten, zeigten sie ganz flott auf. neben einigen eloquenten ansagen und vor allem vielfachen gratulationswünschen zum 20. des orange blossoms spazierte die truppe routiniert, aber auch saftig, griffig, handfest durch ihr kompaktes set. im vordergrund stand bei der aufführung ganz sicher sänger und gitarrist paul pötsch. seine umtriebigkeit auf der bühne konnte nur von seiner angekickten stimme gekontert werden. die pushte sich vor allem durch die frischen songs vom neuen album "interzone". der titeltrack etwa ging mit ordentlich schub in die menge. dort hatten sich einige fans zusammengefunden und tanzten vor der bühne ordentlich einen ab. doch bewegung war bis in die hinteren reihen ersichtlich. für den dafür notwendigen bumms sorgten die herren maximilian fenski am schlagzeug und tammo kasper am bass.
die assistenz in sachen konsequenter wie formidabler gitarrenlines gab es von seiten helge hasselbergs an der e-gitarre. vor allem dank seiner großartigen performance im einklang mit der rhythmusbetonten saitenarbeit des frontmanns entkamen trümmer dem verdacht, in schlagereske gefilde abzudriften. wenngleich man paul pötsch kaum dem vorwurf machen dürfte, dass seine texte allzu abgegriffen wären. dennoch bleibt deutschsprachige rockmusik ein nicht ungefährliches pflaster. wenn sie aber mit dieser inbrunst, mit diesem feuer und mit diesem eifer vorgetragen wird, wie sie uns der vierer an diesem abend präsentierte, sollte man sich um sie keine sorgen machen. erst recht wenn man um haltung bemüht ist. und eines kann man trümmer weiß gott nicht unterstellen, nämlich dass sie konformistisch wären oder sich gar anbiedern täten. mitnichten. polarisieren aber durchaus.
als der kerl am bass sein instrument für einen song an chris eckman, den ewigen zaungast des obs abgab, nutzte er die gelegenheit, um sich an den bongos zu versuchen. was er dort trieb, war außergewöhnlich. die auf und nieder flitzenden hände waren angesichts des irre hohen tempos kaum zu identifizieren. im einklang mit dem schlagzeuger gelang hier ein beeindruckendes perkussionsabenteuer. doch das war nur ein höhepunkt des erinnerungswürdigen sets von hugo race and the true spirit. der düster verhangene klangkosmos, der dann aber doch ohne geschwindigkeit auszukommen schien, der sich im glitzerkleid der aufheulenden e-gitarre verschanzte, der sich in den verwehten mundharmonika kondensstreifen verfing, die atmosphärisch dicht atmende performance, über der sich sinsiter die sprechsingende stimme des frontmanns bewegte - gestreckt hielt er seinen kopf dem mikrofon entgegen und trotzte den kalten winden der hereinbrechenden nacht - das alles war dem anlass, dem zeitpunkt würdig, war ergreifend, meisterlich.
oder wie michaelangelo russo mit seiner trompete schatten fing. irre. die zuschauer mussten früher oder später in trance verfallen und sich dem wiegeschritt dieser hypnotischen musik übergeben. der freitag verabschiedete sich und reichte den staffelstab bereits an den kommenden 24-stünder, da endete erst die band um den umtriebigen australier, der wieder einmal beweisen konnte, dass er das, was immer er auch anpackt, mit sorgfalt und mit präzision behandelt und letztlich nach seinen regeln durchdekliniert. und die sind die schlechtesten nicht.
was sollte jetzt noch kommen, wenn tag 1 bereits so berauschend war?
false idols
/ elevate my love
/ man check your woman
/ the information
/ sleepwalker
/ wildcards
/ mushroom
/ hematite
/ poor boy
/ bring me wine
/ lip service
/ higher power
// lsd is dead
das ist sicher einer der schwierigeren parts. die erfolgreiche eröffnung
eines festivaltags zur mittagsstunde ist abhängig von mehreren
faktoren. nicht zuletzt davon, wie man das publikum zu fassen bekommt. lùisa gelang das mit charme und ihrem ganz eigenen liebreiz einerseits,
mit musikalischem facettenreichtum andererseits. unterstützt von bass und schlagzeug schritt die junge marburgerin, die mittlerweile in hamburg lebt, durch ihre großvolumigen songs. letztere beschreibung nutzten wir deshalb, weil sich die künstlerin auf etwas hall verließ, auf den einsatz von loops und vor allem auf eine stimme, der jegliches stutzen missachtung zollte. so beweglich, so raumgreifend, so voller wärme und hingabe, so sehnsuchtsvoll klärend, so aufbegehrend ehrlich. wie ihre songs. da macht sie sich gedanken und hält nicht hinterm berg. wie etwas die geschichte um den song "ilj", der die initialien ihrer großmutter trägt. diese erzählte ihrer enkelin von ihrer flucht und so mahnte jene, dass wir noch in einer einigermaßen behüteten generation lebten, aber schon die nächste wieder von einer ähnlichen problematik betroffen sein könnte. dass die thematik mehr als aktuellen charakter trägt, braucht an dieser stelle keine besondere erwähnung.
oder aber lùisa gibt preis, dass sie sich auch zu den tiefsten tiefen des lebens hingezogen fühlt. denn sie zu durchschreiten bedeutet, dass es ein positives äquivalent geben wird. solch philosphische statements wirken bei der jungen künstlerin alles andere als aufgesetzt. im gegenteil sind sie teil ihrer selbst, einer erfrischenden seele voller weisheit und aufmerksamkeit und einer musikalität, die etwas universelles in sich trägt. hut ab.
under the wild skies / down / belong / mothertree / l'hiver en juillet / heart-made failure / ilj / wouldn't mind / winterbird / lover / more / vision
2 Kommentare:
Da sind ja mit Hugo Race und Lùisa ein paar richtige Perlen dabei ;-))
Viele Grüße + danke für ausführliche Berichte und Fotos,
Gerhard
ja, wirklich, und es kamen noch mehr! ;-)
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