Donnerstag, Januar 24, 2013

neue töne (1232): herrek


es gibt bands, auf die kann sich (gerade) die bloggergemeinde gut einigen. kaum ist die (promo-) email ins postfach geflattert, und man kann davon ausgehen, dass innerhalb von zehn minuten rund einhundert leutchen den selben text lesen, finden sich die ersten abrisse in den tagebüchern der musikwahnsinnigen. das pusht zwar gewaltig, hat aber selten substanz. denn wie soll sich ein text auszeichnen, der einen gegenstand beschreibt, den man nur einen augenblick lang kennt resp. betrachtet hat? das ist, als würde man einer hübschen frau vorgestellt, einigt sich auf heirat und kann im nächsten moment ausführen, wie sich die nächsten zwanzig jahre gestalten werden. manchmal hoffe ich dann auf mehr zurückhaltung. für die künstler. denn sie haben sorgfalt verdient, wenn über sie im öffentlichen raum geschrieben und diskutiert wird. für mich. denn mit der blendenden nachricht möchte ich auch nur selten an mich halten. und dennoch: wollen wenigstens die meisten worte abgewogen werden. natürlich, es ist auch hier nur mein ganz persönliches ausdrucksmedium. aber seis drum, einige werde es lesen und manchem faden folgen, der gesponnen wurde.
also, ich werde mich auch zukünftig nicht unter druck setzen lassen. sondern sondieren, auswählen, zupacken, beäugen und einen artikel abliefern. auch auf die "gefahr" hin, der letzte in einer losen reihe zu sein. auch auf die gefahr hin, dass mich am ende nur noch jene lesen, die durch zufall auf den künstler aufmerksam wurden.


wer in einer missionarsfamilie aufgewachsen ist, deren temporärer heimathafen kaisah auf papua neuguinea war, der wird lange zeit bilder in sich tragen, immer wieder neu von gefühlen und erinnerungen übermannt werden, die an stärke, an wucht nicht abnehmen wollen. zurückgeworfen in die andere welt, werden vergleiche zum alltag gehören und die auseinandersetzung mit dem richtigen und dem falschen. und kategorien werden zu wandelbaren objekten. gerrit van der scheer hatte bereits erste schritte in bands wie bonne aparte oder adept oder luik getätig, aber erst mit herrek (... steht übrigens für die indonesische übersetzung des vornamens von van der scheer) gelang es ihm, seine emotionen, die seiner vergangenheit anhängen, zu kanalisieren. so muss das album "waktu dulu" als eine art aufarbeitung seiner kindheit in kaisah verstanden werden. nicht umsonst zieren videoaufnahmen, die zwanzig jahre alt sind, die szenerie der bewegten bilder zum track "rain". bereits vor vier jahren hatte der junge mann mit den aufnahmen zum album begonnen. aber es gestaltete sich schwierig, die ideen auch mit einer band umgesetzt zu sehen. die persönliche bindung brach sich ihren weg und stand zuweilen im weg, wenn die transkription nicht zu gelingen schien.
die welt dreht und dreht sich. man ist in gewisser weise nie im abseits. selbst als einziger weißer unter den einheimischen. die rolle ist klar, weil man in ihr aufgewachsen ist. man stellt sie als kind nicht in frage. die welt dreht und dreht sich. nur die erinnerungen mischen sich mit werten, moralischen vorstellungen, ansprüchen.
die musik von herrek ist fast so knorrig, wie sich die ahnung gestaltet, dass sich leben auf der einen seite der welt fortführen lassen, wenn man auf der anderen heimisch geworden ist. ruhige passagen, die an sytnhesizerwolken kleben, von kluger perkussion bevölkert werden, vom steten gesang van der scheers. maßvoll, als wollte man nun grenzen akzeptieren, schieben sich die songs ins bild, ins gemüt, in die regionen, die sich durch langanhaltende haftung auszeichnen. klangverschieben, die stimme verkopft, eine grasende gitarre. matter glanz. der rhythmus heimisch. leicht stampfend. emotion allerorten, wenngleich sich der sänger so zögerlich wie möglich gibt. es ist eine bewegung, die aus der tiefe kommt. kein stilisierter käse, sondern gefördertes gut. wer sich einmal hineingedacht hat, wird sich der kraft dieses releases kaum mehr entziehen können. die cinematographischen welten des longplayers werden unterstützt durch das grün triefende artwork. in aller gebotenen ruhe mißt die kamera die wälder, die wasser, die himmel ab. es ist ein friedliches beieinander. van der scheer hat eine aufmerksame band, die jedem tröpflein, das vom urwaldstamm rinnt, nachgeht.
sind herrek nun eine band, auf die man sich schnell oder nicht so schnell einigen kann? ich weiß es nicht. schau aber mal gleich im netz nach.
die sieben tracks von "waktu dulu" werden ab 15. februar auf cd, vinyl und digital via snowstar vertrieben.

herrek - tiger eyes by snowstar
 

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