wahrscheinlich müßig, jeff mangum auseinanderzunehmen. der fast mitvierziger zeichnet u.a. für die gründung der the elephant six recording company verantwortlich. eine plattform, von der sich zig erstaunliche bands und projekte erhoben. nicht zuletzt in berührung gekommen mit neutral milk hotel, dem unumwunden mangum als kopf und songschreiber vorsteht. seine von zweifeln befreite lyrik sollte ihm mit zwei alben abhanden kommen. vielleicht auch ein grund für das abwenden von der musikalischen karriere mit dieser band, der so viele lorbeerkränze gebunden wurden. nun ist der amerikanische vierer seit dem letzten jahr wieder aus der versenkung aufgetaucht, und mangum zeigt sich mit neuen einsichten und erkenntnissen. dabei sind die lieder jedoch die selben geblieben. ein verwirrspiel. wie so vieles rund um eine band, die zur rechten zeit am rechten ort war, und die sich zum vorbild emporschraubte für nachfolgende künstler, die oft genug handwerklich versierter, aber nicht ideenreicher, kreativer waren.
die münchner kammerspiele waren satt gefüllt, freie plätze waren auszumachen, obwohl der verkauf der karten frühzeitig eingestellt werden konnte. der laue abend versprach eventuell manchem mehr als nur in nostalgie zu baden. neben dem schwer bebarteten mangum traten an: scott spillane mit weißem rauschebart, kein ungewohntes bild bei ihm, der die hörner bediente oder die akustische und der stets, seinen chef soufflierend, jeden text bis in die letzte strophe mitsang. gleichsam ist seine enthusiastische und befeuernde art des spiels unverkennbar und einzigartig. auch an diesem abend war er ein sehr belebendes element. wer ihn zwischenzeitlich vermisst hatte, hätte ihn bei olivia tremor control, bei of montreal oder elf power, aber auch bei seiner eigenen band the gerbils antreffen können.
hinter den beiden genannten thronte jeremy barnes an den drums. auch er ist ein umtriebiger musiker und wohl am besten einzuordnen, wenn man an seine rolle bei a hawk and a hawksaw denkt. sein spiel ist ein geradezu harmonisch melodisches, wenn er zwar mit verve und doch fast ausgleichend zärtelnder art auf sein kleines drumset einhob. vor ihm, sich stets im kreise drehend, agierte julian koster, dem man die jugendlichkeit wohl nie wird aus den gesichtszügen reissen können. mit einer spinnerten haube auf dem kopf behüpfte er, während er das banjo, das akkordeon oder den bass bediente, die weitläufige bühne. auch für die singende säge zeichnete er verantwortlich, die dem sound von neutral milk hotel einst eines seiner markenzeichen verlieh. die bandvorstellung muss mit jeremy thal abschließen, der den vierer als bassist und trompetist ergänzte und der ganz sicher mehr als nur den klangraum abrundete.
die band mit jeff und der sänger in solo teilten sich das konzert in unterschiedlich lange parts auf, womit einer gewissen abwechslung genüge getan wurde. so stand man denn mal dem stoiker allein gegenüber oder aber begnügte sich mit einem fünfer, der bei aller aufregung um ihn, in kontrolliert forcierter energieleistung ablieferte. stets dem fuzzfolk huldigend, krischelich und aufgeraut der sound, fetzte die band sogleich in die erinnerungsarbeit. einfach, bei "the king of carrot flowers part one" und "the king of carrot flowers part two and three" zu folgen, um allzu gleich den faden von "holland, 1945" aufzunehmen. manchmal mutierte die band zu einer geschützten dinosaur jr. version, bei der aus den noiseräumen eine stimme erscheint, die töne auf immer die gleiche art und weise töne pentriert. und wären da nicht diese unfassbar schönen melodien und wäre es dem sänger nicht angetragen, hie und da seine stimme zu erheben oder eine abweichung zu erzwingen, dann flögen weniger herzen als müde blicke gen bühne.
erschreckend sonor, dabei drängend und im gleichklang hochtönig, bedrängte mangum das gehör seiner unzähligen fans. giftig die atmosphäre manchen songs, wie er sich im korsett einer auf achtsamkeit getrimmten band beweisen musste. ausreisser sind selten gestattet, dann grassieren tempoaufnahme oder das hymnische leuchten der bläser, selten birst die gemeinschaft zu befreiter kollektivleistung. und doch hatte man stets das gefühl, dass man unter der schützenden glocke einer göttlichen natur stünde, als würde alles für einen moment heilig gesprochen. und vielleicht macht die brüchigkeit dieses konstrukts namens neutral milk hotel seine faszination aus. echtheit, ernsthaftigkeit, die sich aber nicht mit standhaftigkeit den rang streitig machen will, sorgt für konstanz in sachen sorge und anteilnahme, in sachen verbrüderung mit den musikern dort auf der fernen bühne. getaucht in blauen und rötlichen lichtbefall erscheinen die kerle hager und schütter und angeschlagen. und doch breiten sie sich samt musikalischem belag aus und fassen das rund bei der hand.
münchen hat neutral milk hotel einen positiven empfang beschieden. neben den neugierigen waren die eingeweihten in der überzahl und zollten dem auftritt der fernreisenden gebührenden respekt. getanzt wurde nur selten, in übersichtlicher weise der kopf geschüttelt, rhythmisch aber wogte das meer im parkett, während auf den balkonen lediglich die knie arthroseprophylaxe erhielten. nichtsdestrotz widerlegte die bayerische hauptstadt unnahbarkeit und bewies in gewisser weise kennertum. auch nicht schlecht.
es gab einige highlights, sei es die singende säge in "in the aeroplane over the sea", während sich mangum um den verstand sang, sei es die naturimitation, als die tonale ausgeburt des versammelten instrumentariums zu flora und fauna transfomierte, sei es das stolze "oh comely" oder aber das bewegte "two- headed boy", welches mangum vermutlich nur in münchen in aller stille vortragen kann. seis drum. wir waren dabei.
setlist:
the king of carrot flowers, part one
the king of carrot flowers, parts two & three
holland, 1945
a baby for pree / glow into you
gardenhead / leave me alone
everything is
two-headed boy
the fool
naomi
in the aeroplane over the sea
ferris wheel on fire
oh comely
song against sex
ruby bulbs
snow song, part one
encore:
ghost
[untitled]
two headed boy part 2
engine
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