eine hübsche idee, die ich geklaut habe. also, selbst einmal zu
schauen, was die schönsten inhalte im vergangenen jahr waren, um sie
aneinandergereiht zu präsentieren. wenn Euch das gefällt, freue ich mich
über kommentare, über eigene bestenlisten, überhaupt über feedback zum
musikalischen jahr 2015, abgebildet im klienicum.
10.) nightbird: ein post gleich aus den anfängen des jahres. im januar kam uns das debüt der in finnland beheimateten jungen singer / songwriterin unter die finger, das bewies, das die nächste generation an begabten künstlern längst nachgewachsen ist: "ihre musik ist fast zart, jedoch mit einer inneren stärke versehen, die
der fragilität eine festigkeit verleiht, ausdruck findend in einer
stimme, wie sie nur wenigen verliehen wird. vielleicht offeriert sich
hier eine alte seele, die sich nicht nur in einer person und ihrem
gebahren, in ihrem sein, in ihrer von widerspruch freien persönlichkeit
zeigt, sondern in eben diesem gesang. fest, seetauglich, an stellen
brüchig, die einer einwandfreien betonung nicht bedürfen. an den rändern
abgeschabt, mit einer patina bedeckt und doch irgendwie glänzend." den rest gibt es hier.
09.) skeletons: aber im gegensatz zu oben benannter künstler bewiesen diese musiker eben auch, dass altgediente kreativ und wandlungsfähig bleiben können, auch wenn sie bereits album nummer neun vorlegten: "das neue werk, mit "am i home?" überschrieben, macht genau dies zum
thema. heimatsuche, der umgang mit den uns umgebenden werten, das gefühl
von heimat. die einfachen losungen zählen hier nicht. musik, die eine
antwort geben soll. und die ist diffizil, aber nie diffus. der klare
klangkörper, der sich nach allen seiten ausweitet, der sich verweigert,
der narrt und widerspricht. es gibt wenig konstanten im aufspiel der bis
zu einem dutzend anwachsenden künstlerschar. doch die einträgliche
mixtur aus jazzkomponenten und artrockvorstössen, den brillanten
rockeinlagen und den kapitalen kammermusikalischen rückzügen findet
schnell einen abnehmer. im wandel ruht die anpassung, in der
überbordenden vielfalt die suche nach dem einfachsten ausdruck." einiges mehr hier.
08.) joan shelley: hier war es die musik im einklang mit der atmosphäre, ein besonderes ständchen, das uns als außergewöhnlich in erinnerung blieb: "dieses aufgeräumte, zugängliche und doch etwas scheue wesen gelangt erst
in ihren lieder ganz zu sich, meint man. die am losen band geführte
stimme, die von allen seiten begehbar ist, gönnt sich ein schwanken
hier, ein zittern dort und wirkt dennoch wie eine feste in der brandung.
das mag an den themen liegen, die sie besingt. der blick auf die heimat
und ihre menschen. das ist einfach und ehrlich und geht zu herzen, weil
man sich nie vorgeführt fühlt. der zuschauer fungiert nicht als
projektionsfläche, sondern ist unmittelbarer ansprechpartner. so gelingt
es die stille des raums durch tiefe zu potenzieren. und so hängt man an
den lippen der künstlerin und während sie "stay on my shore" intoniert,
flattert das herz und die gänsehaut ist echt, wie sie schauern macht.
der song ist eine einzige sehnsucht, ein halt, ein bann, diese eine
stelle, diese harmonie, man wollte sie festhalten. während der
kongeniale partner nathan salsburg die saiten springen lässt, als würde
man den quell des wassers direkt berühren können, greift joan in gerade
zu lichte höhen. das zusammentun des duos ist erfrischend, auf zeit
tauglich gebunden und für eine ewigkeit bestimmt." neugier? klick.
07.) micro pop week düsseldorf: ein sich nun seit einigen jahren wiederholendes ereignis, das in der beständigkeit nicht nach bestätigung, sondern immer nach neuer befeuerung sucht: "man müsste eigentlich immer und immer wieder erklären, was die micro pop week
ist, warum es sie gibt, warum es sich vor allem lohnt, sich dafür zu
interessieren, sich dafür zu engagieren bzw. an ihr teilzunehmen, sie zu
besuchen. eine woche lang wird seit drei jahren jährlich der
mikro-musik-szene eine plattform geboten, die unabhängige labels und
künstler nutzen können, um sich einer breiteren öffentlichkeit
vorzustellen. es etabliert sich zunehmend eine zusammenkunft von
gleichgesinnten, die es dabei nicht versäumt, sich auch deutlich nach
außen zu positionieren, zu präsentieren. die veranstalter verteilen die
aufgaben während der woche auf viele schultern, bieten in der gesamten
stadt unterschiedlichstes programm, bestehend aus filmen, konzerten und
ausstellungen, und zielen am abschlusstag mit labelmesse, workshops,
podiumsdiskussionen und abschlusskonzerten noch einmal ganz genau auf
ihr publikum. den interessierten musikfreund, der abseits der
ausgetretenen pfade spannende neue projekte entdecken möchte." hier und hier wird nachlese betrieben.
06.) orange blossom special festival 2016: ja, auch in der x-ten wiederholung nutzt sich dieses ereignis nicht ab und kann in einem jahresrückblick einfach nicht fehlen: "wie man es auch dreht und wendet, ob
kurze oder lange anfahrt, nur wer sich bewegt, kommt in den genuss eines
erlebnisses. die welt offenbart sich nicht von der couch aus und sie
kommt auch nicht zu dir. es muss nur ein stückchen sein, und es ist
keine frage der distanz, aber du musst ihr entgegen gehen. und manchmal
ist diese welt und das, was du von hier haben möchtest, reduziert auf
einen ort und eine zeit. dann knipst man den rest aus und reduziert sich
auf diese winzige parzelle daseinsglück. hier genannt: "obs an, welt
aus". zum 20. mal jährte sich heuer das kleine, feine festival inmitten des
weserbergländischen, das gelände eingeschmiegt in eine idylle, von der
man vorher nichts geahnt haben wollte, betrieben von menschen, die ernst
machen, wo andere nur antäuschen. und so bekommen die dinge einen wert,
eine wesenheit. eine ernsthaftigkeit, die sich eben jenen momenten
verspricht, von denen man zehren kann. auf der langen oder weniger
langen heimfahrt, das kommende jahr über bis zum nächsten festival, weit
darüber hinaus, wenn aus vielen kleineren erinnerungen ein ansehnliches
paket aus bildern, begegnungen und erlebnissen wird. welche man dann
entgegenstellen kann, wenn man entgegenstellen muss. weil der alltag
nagt, sich leben unfair zeigt, wenn einiges in schieflage gerät. dann
weiß man um diesen einen ort, die verlässliche zeit und die rührigen
menschen. dann muss man sich nur noch in bewegung setzen." alles zum 20. obs hier.
05.) hauskonzert mit austin miller / the moonband: eines der schönsten konzerte in den heimischen vier wänden wurde vom amerikaner und seinen kongenialen münchner musikerkollegen in 2016 absolviert: "es ist der klangrahmen, den austin miller zu entwickeln in der lage ist.
akustische gitarre und die raumfördernde stimme bilden eine symbiose,
bilden einen pakt, der sich ausbreitet und willentlich vom publikum
unterzeichnet wird. was anderenorts kompakt und gedrungen klingen mag,
wird hier zu einer sich öffnenden blase, dass man die türen, die fenster
aufreissen wollte, um ihrem streben nach größe nachzukommen. es sind
die worte, die aneinandergereihten strophen, es sind die dringlichen
refrains, es ist das narrative und zugleich reich bebilderte und es ist
dieser ganz eigene sound. mächtig, ohne zu erdrücken, aber eins mit
dieser person, die die augen verschließt, sich immer ein wenig anhebt,
um der durchziehenden luft freiheit zu gewähren, um den tönen namen zu
verleihen, dass auch sie sich emporrecken mögen, sich zeigen,
anerkennung finden. die gebannte stille, eine brandende ruhe, die austin
miller da stiftete. inmitten des lichtermeers und temporär
aufsteigendem nebel und von warmwangigen zuschauern aufmerksam verfolgt." der ganze euphorische rest: klick.
04.) david thomas broughton: er hat für das album des jahres gesorgt und darf deshalb auch an dieser stelle nicht unerwähnt bleiben: "kehlig verschlossen, pastoral entschlossen, sich der welt spendend,
hingebungsvoll und in einer fülle, der die sparsamkeit aus gitarre und
gesang nie das wasser reichte. in die höhen, wie geweiht, im grunde
beheimatet und sicher. flink den angeschlagenen saiten folgend, die
melodie gefeiert. der opener von "crippling lack" nährt unser wissen um
david thomas broughton als einen der erstaunlichsten alt. folk künstler
dieser zeit. obwohl er aus ihr herausfällt. diese stimme, die sich
sicherer in den zwanziger jahren des vergangenen jahrhunderts platzieren
ließe, das wissen, das sie trägt, profund und sichtbar. und doch ist
der engländer im hier und heute verankert, sein umgang mit den techniken
des looping und sampling unterstützen eine ahnung von zukunft. ein
pfeifen und zwitschern goutiert etwa das gemächliche schreiten im track
zwei "beasts". doch schon mit "words of art" wird eine nächste stufe
erklommen, da sich der sprechgesang von aidan moffat addiert. die
kongenialen partner ergänzen sich komplementär, während sich das
toy-artige geklimper darunter mischt, als wäre es das natürlichste an
untermalung, was denkbar wäre." einige worte mehr hier.
03.) balcerowiak/dauck: das muss man schon noch mal deutlich machen, ist doch in diesem jahr ein song über unseren wohnort komponiert worden, und zwar von einem unserer gäste, dazu gabs ein ganzes album drumherum: "greift man sich den opener "ampfing" heraus, wir dürfen uns zurecht
geehrt fühlen, erarbeitet sich unter dem leichten wabernden drone eine
pianonote das recht auf gehör, nicht weniger als von einer orgel gequert
nebst diverser kleinlaute inkl. einiger angespitzter gitarrensaiten.
nach für nach fügt sich ein bild, das zuweilen anschwellt und anhebt,
eine breite geruhsamkeit, der später etwas perkussion angeboten wird.
über fast acht minuten folgt man einem zirkulieren, entmustert die
strukturen und versucht auf die lichtung dieser soundmalerei zu
gelangen. die anmut ist nie wider den hörer. "nine" ist noch schwieriger zu entschlüsseln, weil weniger geformt, denn
durch erruptionen erschüttert. gekrängtes, angedeutetes, flüchtiges,
schneidendes, das sich zwischen die dominierenden klaviermomente legt." hier ist der rest hinterlegt: klick.
02.) lokomoko: eine der entdeckungen des jahres war diese hamburger kapelle, von der in zukunft noch mehr zu hören und zu sehen sein wird: "more love" klingt einfach, ist ein schlachtruf der entsetzten, mausert
sich jedoch aus der knochigen beatperspektive zu einem
synthieschunkler, aus dessen tiefe eine stimme stösst, die so wenig eine
geschlechterfalle besitzt wie strafende härte, auf die jäh zu stossen
man jeden moment erwartet. denkste, grindiges hallweichen, geschnippstes
und aufgebügelter soundspaß. "your nose", die flip, unterwandert mit
einer hellschichtigen gitarre das formidable gefühl von sicherheit, ein
schlingern unterm blechernen schlagwerk." hier hier!
01.) léonore boulanger: ein tolles album auf einem verwegen label, hier die französin, dort die deutschen kollaborateure, so sollte es öfter mal laufen, die nummer taucht auch in den albencharts auf, klar: "man spürt, man sieht die künstler
quasi ständig in aktion vor dem inneren auge. chansoneskes, wie es unter
pittoreskem klopfen zu eigen gemacht wird, abseits tirilieren die
flöten, als wäre die ausweglosigkeit des banalen nur durch feinklang zu
beantworten. dabei ist "tornade" noch eine der einträglichsten nummern.
nicht zu vergleichen mit dem knochigen "tourner", das der
nordafrikanischen einflüsse frönt und sich dennoch nicht vereinnahmen
lässt. weil es aus der zierde keine schau macht, sondern im fürderhin
blank zieht. überhaupt diese seelentreue, der mut für die kleinsten momente, wie
sprache, die sich über jahre entwickelt hat und auf das notwendige
beschränkt wurde. hier ist kein ton zu viel. dabei wirken die elemente
wie alte vertraute und sind dennoch erst via abstraktion zu händeln. dem
hörer ist eine aufgabe gestellt." alles hier!
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