das portlander ehepaar, aus dem sich the hearvey girls zusammensetzen, hat mit "i’ve been watching a lot of horror movies lately" ein neues musikalisches zeichen gesetzt. bevor wir die beiden in kürze in einem interview ausquetschen werden, beschäftigen wir uns mit ihrem vorerst besten werk (nehmen also den umgekehrten weg, im gegensatz zum vor einigen tagen behandelten "unwritten" von the artificial sea). die erquickliche discography der beiden (hintergrund infos finden sich im klienicum u.a. hier und hier) ist nun angereichert um das stringenteste und willfähigste album, das jedoch zugleich ein ausbund an kreativer idee und mut bleibt. nichts anderes hatten wir erwartet. also steigen wir sofort ein. der opener „the body without any eyes“ gemahnt an den desertsound, den die touaregbands tinariwen oder tamikrest zaubern. grell und fordernd die hellen gitarrenklänge, dazu stossweise aggressivere bluesanleihen, der stupide singsang, die gleichförmige rhythmik, das transzendente auf und ab in der verquickung der elemente. zu anfang wiehern ein paar pferde, man wird ihres getrappels gewahr, den ausklang geniesst man in seiner abruptheit, längst dem sonoren verfallen, das sich ganz wunderbar im nachfolgenden track „fwiw“ fortträgt. dumpfer beat, handclaps, hirams einfältig wirkender gesang, der sich eng an die geloopten gitarrentunes anlehnt. im wiegen des kopfes vollendet sich eine musikalische bewegung. alle ideen, produziert auf analogen instrumenten wie keyboard, theremin oder floor tom, werden in einer live performance übereinander gestapelt, miteinander verquickt. die offenbarte wüstenei ist lediglich hort der sammlung und vielfältiger prozesse. the harvey girls zeigen sich auf ihrem aktuellen longplayer nicht weniger kreativ, doch um einiges konsistenter und zugleich gefügiger. mit „puss“ gelingt ein schlicht waberndes klanggebilde, eingerahmt von leicht verhalltem harmoniegesang und sanften orgeltönen, verbunden zu einem hymnischen rausch. das tückische moment der popseligkeit streift den hörer. nur hirams stimme, der man den schrecken nicht nehmen kann, wirkt andersfarben. die vielseitigkeit ist, das wissen die eingeweihten, eh programm. schon mit „only apparitions on the lawn“ steht ein neuer stil, eine neue gewissheit an. auch die folkschule brauchen the harvey girls nicht mehr besuchen. sie haben längst die gemeine geste, den erschwinglichen habitus integriert. die melodie ist von dauer und erschöpfend, das arrangement so einfach wie wirkungsvoll. wirkprinzipien wie das gegenläufige und das konterkarierende sparen sich die beiden portlander auf, das bedingungslos bindende suchend malen melissa und hiram großartig kleine soundgemälde. die samples sind sparsam und zugleich prägnant eingesetzt, das fieldrecording material ist niemals aufmerksamkeitsheischend, die kontraste stark genug, um akzente zu setzen, aber nie in ihrer präsenz bedrängend. „smile like gwynplaine“ ist ein beispiel für die ausgebufftheit und finesse, die the harvey girls anheim liegt. die tonale diversität erfährt kompression, auf unvergleichliche weise nachvollziehbarkeit in ihrer bündelung, ohne dass die aufmerksamkeit ihre eigenen wege geht. klangcollagen, denen es gelingt, das gehör auf die zentralen punkte zu konzentrieren. eine vielfalt, die durch transparenz und konsequenz glänzt. „a letter to the bees“ geriert sich als tempoforcierter indiehit, umrahmt von lustigen pfeifen, schrammelnder gitarre und driftenden synthieklängen, stabilisiert durch aufgefalteten rhythmus. „caerse muerto“ ist dagegen ein wunderlich verdrehtes ding, ein rauschen und flirren, ein anmutig sirren, ein tänzelndes irren, ein singsang, eine hypnose, eine psychedelische versuchung. wackere sieben minuten lang fördert es bild für bild ein cinematoscopisches erlebnis. fürderhin ein partner der beiden protagonisten: der film. inspiriert und motivert durch klassische und moderne horrofilme vollenden sich ihre persönlichen visionen in der klanglichen wirklichkeit. so kommt ein songtitel namens „monster“ nicht von ungefähr, wenngleich seine electropop avancen zunächst zutraulich und naiv wirken. ein song, der so auch aus der feder von yo la tengo hätte stammen können. die noiseigen passagen, der treibende beat, die harmoniewelle, auf der sowohl gesang als auch background reiten. „alpha invasion on delta waves (lullaby of brueghel)“ bildet mit seinen exakt neun minuten einen polyrhythmischen wie farbenfrohen abschluss aus glissandi, attacken, spielereien, animositäten. die verweise auf pink floyd zu zeiten roger waters oder auf the flaming lips sind nicht so falsch, wie sie das album herausgebende label circle into square angibt. doch die matador jünger um ira kaplan sind mir da ein stückchen näher und wirken als referenz deutlich vertrauter.
melissa rodenbeek und hiram lucke ist ein exquisites album gelungen. eines, das den hörer fordert und zugleich sanft wiegt. als starrte man mit beiden augen auf ein vexierbild und die suche nach dem verborgenen gegenstand wird zur attraktion angesichts der süßen vielfarbigkeit und der benignen unwegbarkeit bis hin zur triumphalen begegnung mit dem zu ermittelnden. hier: die zu oft sträflich vernachlässigte, teilhabende produktivität, die in der phantasie des gegenüber purzelbäume schlägt. empfehlung? kaufen!
melissa rodenbeek und hiram lucke ist ein exquisites album gelungen. eines, das den hörer fordert und zugleich sanft wiegt. als starrte man mit beiden augen auf ein vexierbild und die suche nach dem verborgenen gegenstand wird zur attraktion angesichts der süßen vielfarbigkeit und der benignen unwegbarkeit bis hin zur triumphalen begegnung mit dem zu ermittelnden. hier: die zu oft sträflich vernachlässigte, teilhabende produktivität, die in der phantasie des gegenüber purzelbäume schlägt. empfehlung? kaufen!
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