Sonntag, Oktober 12, 2014

neue töne (1443): she keeps bees


der groove ist legal. trocken. flach angekündigt, stumpf ausgeführt. die e-gitarre waberig und gedämpft, vernehmlich wie das frühe signal eines nahenden zuges. wenn jessica larrabees einende stimme aussetzt, drängt sich ihre sechssaitige etwas in den vordergrund. das karge gewerk hat einen zauber, der sich mit bloßer hand nicht fassen lässt ("feather lighter"). da braucht es trance und ein wenig entrücktheit. also, stapel die zeit, die dir dafür bleibt, zuhauf und begib dich in des schamanen obhut. andy laplant führt die sticks, derb die einschläge, monoton und unnachgiebig, ein rhythmus, bei dem die nackenmuskulatur nach für nach auslässt. die sengenden gitarrenfetzen vollziehen wundersame schlieren vor den augen ("breezy"). abdrehen werden sie von selbst. dass du glaubst zurückkehrt zu sein, liegt am wärmenden gesang jessicas. in eintracht mit dem traulichen gebläse federn sie deine fahrt nach nirgendwo ab ("owl"). die perkussive beitat lässt den hexenmeister aus. er setzt sich alsbald zu den musiker und lächelt sich den ersten roten an. wer andere berät, ist noch längst nicht beraten.

mit "eight houses" jedoch kann man nichts falsch machen. steigerung und entlehntheit folgen aufeinandern, befeuern sich und greifen wie feuerhände nacheinander. der gewaltige beat, die krachenden wände, der drahtige bass und diese zu allen mächten befähigte stimme ("both sides"). dräuende kräfte, die den in hypnose befindlichen packen und rütteln. mit einem federstreich zurückgeholt. denn nicht die abkehr bringt die entlohnung, sondern die verständnisheischende direktheit. übermanntheit. musik wie eine kapitale sensation.

wenn sie denn nicht von dieser kargheit leben würde, an der man sich schabt wie das pferd am türstock soul und blues in personalunion, am klavier auf waidwund domestiziert ("radiance"). eine musik, von der wir 2008 noch behaupteten: "es ist eine rohe situationsaufnahme, ein gemeines machwerk zweier liebender. es ist ausdruck verschwitzter zugehörigkeit, ein zwitter aus soul und rock, aus blues und garage. weniger alleinstellungsmerkmal denn tatsächlich nur auffallend und vordergründig eingesetzt: die stimme jessicas, ein ausladendes, hyperventilierendes, agiles und fleischfressendes organ. es ist beseelt und hungrig und aggressiv und so sensibel, wie es sich geziemt, wenn man den unangenehmen dingen des lebens einen namen geben will."

2014 ist der schweiß getrocknet und bröckelt in dichten garben von der haut. das freigelegte, aufatmende organ gibt neue nöte preis und gebärt sich deutlicher, massiver ("wasichu"). hallverzogen echot die gitarre nach. der klagegesang der jessica larrabee bewegt das federkleid eines zahmen schlagwerks. steigerungslauf, forcierte atemnot, noisebrecher ("greasy grass"). 2011 lichteten wir das dickicht zum she keeps bees neuwerk: "[...] aber der auf fadenschein verzichtende gesang kann im schlechtesten fall mit hochkarätern wie cat power oder heartless bastards verglichen werden. die frauliche reife im grunde, die strittige bereitschaft, die unauslöschliche leidenschaft, der mut zum sprung, jessicas stimme vereint in sich selbstverständnis und hemmungslosigkeit. in der kontrolle liegt die kunst. wie auch im kontext die ruhe vor dem sturm bewahrt wird." erinnerungen werden wach ("raven").

wenn sich meistertaten immer so  halbdunkle verzögen, uns fehlte hin und wieder das bunte in dieser welt.
"eight houses" erschien am 29. september auf bb*island.



24.11. heidelberg, karlstorbahnhof
25.11. mainz, kulturclub schonschön
26.11. schorndorf, manufaktur
29.11. münchen, venue tba
30.11. darmstadt, bedroomdisco
01.12. berlin, berghain kantine
03.12. hamburg, aalhaus

das klienicum zu "nest" (2008)
das klienicum zu "dig on" (2011)
vorankündigung zu eight houses (2014)

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