als jüngst das zentralorgan die 50 besten deutschen alben aller zeiten kürte, war kein wirklich ostdeutsches produkt darunter. unbegründet für viele, glasklar für die meisten. einige werden wenzel nicht kennen. dabei ließ er sich das wort weder zu jener noch zu dieser zeit nehmen. und sein wort war nicht das politisch kastrierte und auch nicht das gewendete oder auflehnungsgeile. sein wort war ein geliehenes, und die theodor kramers werden es ihm gern angediehen haben, oder ein geprägtes eigenes, das sich fort und fort der entfesselung entwand, widerstandsfähiger und originärer wurde. er ließ nie locker und spürte überm schiefmündigen kabarett den verlusten nach und fand über die bitterkeit den mut und auch den widerstand zurück. poetisch blieb es bei aller vernunft dennoch. und hier binden wir uns. die rührung, das angesprochene herz. wer hätte je schöner meine taufe begleiten können? da ich zum verlieben beschieden war. zur endlosschleife. eine treue, meine treue, seine treue. mit "stirb mit mir ein stück" lege ich jahr für jahr ein album auf, das wichtiger ist als die luft zum atmen. es spendet mir ein elexier, das mich enger an die erde bindet als es simpler sauerstoff je leisten könnte. und so schuf mich die zeit und wenzel. an beide band ich mein werden. erwachsener wurden wir und das, was uns fliehen machte, dem beugen wir uns nun oder es ist nur der grund für die mattigkeit und trauer. doch wie sich wenzel da genüsslich schmauchend auf einen schiefen baum geflezt, ein faun über stillen wassern, auf dem innencover seiner aktuellen cd zeigt, das hat etwas von bindungsfreiheit, vom stolz des hoffierten, hat etwas von einem, der aufgesucht wird. und so hat man es tatsächlich all die jahre gehalten. vom depressiven ins manische und wieder zurück. angelehnt an den, der meint: "glaubt nie, was ich singe". heute scheint er zu haushalten, die ausbrüche weichen einer strengen geste. mit "kamille und mohn" gibt er eine rezeptur an uns weiter, die bei blutarmut, depression und schweißausbrüchen helfen soll. doch an den worten zerschellt die blasse lüge vom mehr. wer hören kann, braucht das booklet nicht. chanson, das lied, kreiselnde rhythmen, walzer und ein hieb aus akkordeon, klavier und quäkender trompete. und wovon die rede ist, wissen wir eh. von der vermeintlichen krise, die die liebe doch nicht kennt, von den abschieden, den schaurig schönen, an denen sich immer wieder waiden lässt, von der zweisamkeit, die inniger in liedern kaum geschrieben steht, denn sie ist keine ferne unbekannte, sondern erlebte und direkte weise. dass sich an die melancholie das zuckrige anschließt, auch das ist wenzel und tauglich für alle tage. auch das neue werk wird sich so nahtlos in die batterie meiner therapiescheibchen einordnen. weniger als medizin denn als steter begleiter. es erinnert mich an die ruhige zeit, die mir jetzt beschieden, während andere eine "jugend in s." verbringen, die trostloser und zukunftsärmer kaum sein kann. und ich werde hingeführt zum alter, da ohne brille buchstaben und sinnzusammenhänge verloren gehen, aber sich auch das verstehen regt. und schließlich wird mit "wann sich im herd die asche wellt" ein weiterer kramer vertont. berauscht an den worten. bin ich. berauscht an wenzel. seine stimme, sein gesang sind grenznah. wer hier widersteht, ist längst gezähmt.
"kamille und mohn" ist am 05. november auf matrosenblau erschienen.
"kamille und mohn" ist am 05. november auf matrosenblau erschienen.
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