Samstag, November 12, 2016

in eigener sache (96): 2006 - 2016 das klienicum

2006 - 2016, die macht der wiederholung
hier also noch einmal unser erster post in "das klienicum". den typen, den wir da beleuchteten, finden wir noch immer klasse. konstante konstante.


castanets - cathedral 2004
castanets - first light´s freeze 2005

voraussetzung für den kauf der tonträger war die verheißungsvolle kombination aus dem namen der band und dem des labels, das sie unter vertrag nahm. also ergab sich aus 'castanets' und 'asthmatic kitty' eine art verkaufszwang.

was hatte ich erwartet? nichts wirklich konkretes, aber doch im mindesten klassischen pop, eher noch anorak- pop, feine melodien, handclaps usw.
um hier zum eigentlich zurückzukehren – nämlich der beschreibung des inhalts - ist es an der zeit zu erklären, in welchem maße ich enttäuscht wurde. wenn es denn enttäuschung war? die ahnung, die sich nicht bestätigte, vielleicht auch der wunsch, der sich nicht erfüllte, muss noch nicht gram bedeuten. überrascht war ich.

was mich in der mathematik am wenigsten interessiert hat, waren die zwischenschritte. ich wusste um den unmittelbaren zusammenhang zwischen aufgabenstellung und ergebnis. das genügte. wie oft war ich über die unterschiedlichen herangehensweisen verwundert, die schließlich doch zum selben schluß führten. wie oft wurde ich getadelt, dass ich mich auf verschlungeneren pfaden bewegte, mich der unbestreitbaren logik (des lehrers) entzog, um einsam meine runden zu drehen. wie oft hatte ich die zwischenrechnung nicht präsentabel auf einem extrablatt oder an den rand gekliert?

wie entsteht musik, welches sind die zwischenschritte, die letztlich einen song ergeben? wie übt sich das, wie geriert es sich? wie bewegt sich das tier? wie geradlinig, wie störrisch? die castanets präsentieren mögliche formen des werdens musikalischer endergebnisse. sie lassen den hörer teilhaben an prozessen. sie offenbaren statt der aufgabenstellung und dem dazugehörigen ergebnis lediglich das blatt, auf dem sie ihre zwischenschritte berechneten. es ist jedoch nicht als solches überzeichnet, sondern wäre durchaus auch denkbar als eine art transkription, in der sich im wie das woher und wohin spiegelt.

ist das 0:31-minütig oder das 0:34-minütig lange stück ein song, eine idee, ein wunsch, ein versuch, ein fragment? wie verhält es sich mit einem lied, das über drei minuten lang ist und in dem aufs intensivste probiert wird, ein instrument wie eine quietschende tür klingen zu lassen? ist der angeblich perfekte song nur eine überzeichnung seiner entstehung, eine täuschung des hörers? wird ihm nicht gerade das eigentliche, das mark vorenthalten? hatte der mathematik dozent nicht also doch recht? ohne darstellung der zwischenschritte bleibt auch das ergebnis wertlos, die kenntnis von der metamorphose ist unabdingbar.

also titel als teile des ganzen und was möglicherweise als fertig, rund, geeint erscheint (die zwei scheiben sind davon nicht frei, eingängiges, vertrautes bereit zu halten), ist dennoch auch nur ein element, das notwendig ist zur erschließung des gesamtbildes.

zu meiner überraschung gesellte sich also keine enttäuschung, sondern vielmehr das erinnern und die bejahung für die teilhabe. für die teilhabe am lebendigen, das nicht gezügelt, nicht geformt und gepresst sein kann, weil es sonst nicht mehr lebendig wäre.
habt Ihr auch schon mal in Euren zwischenschritten den tintenkiller eingesetzt? was quasi die überhöhung des berechnenden wäre. die castanets bestimmt nicht, und dessen ungeachtet gewinnen die fließenden, berauschenden, die beeindruckenden momente die oberhand.

während „cathedrals“ noch weicher, fassbarer wirkt, ist „first light´s freeze“ weniger leicht zu greifen. immer wieder entzieht sich das werk, ziert sich fast, als böte es das intime nur zögerlich. werden ist eine form unbeschreiblicher intimität. nehmen wir sie als solche wahr, blicken wir in die tiefe, in die unmittelbarkeit des seins. hört die castanets.

cathedral ****
first light´s freeze ****


2 Kommentare:

Gudrun hat gesagt…

Großartig wenn etwas bleibt und sei es auch "nur" 10 Jahre... Hab gerade einen geplanten Besuch in München auf Januar verschoben - vielleicht dann ja auch ein persönliches Gut so - weiter bitte!

E. hat gesagt…

danke, gudrun!
und rühr dich bitte, wenn du in münchen bist!