die nacht zog über das gelände, das kühle bier unterstrich die herbstlichen temperaturen und selbst im toilettenwagen sah man den eigenen hauch des atems als kleines wölkchen vor sich her schweben. es war dringend abhilfe geboten. warm werden nach einer etwas längeren umbaupause war angesagt. konnten uns anajo weiterhelfen? als headliner gebucht, traten sie in der mitte des lineups auf und sorgten für ordentlich bewegung in der crowd. sollten tatsächlich all die jungen leute nur für den augsburger dreier angereist sein? immerhin hat die band fans, die sich ultras nennen und alles dafür tun, dass die konzerte ein gewinn für alle beteiligten sind. wer auf deutschen indierock steht, ist sicher richtig bei anajo. die texte sind ungezwungen, launig, aber niemals zäh oder abgeschmackt. immer fügt sich irgendwo ein lächeln ein, und letztlich sind die lyrics das ergebnis einer betrachtung, eines aufmerksamen blicks auf das leben. insofern war es ein zugewinn, den dreien bei der arbeit zuzuschauen. denn das konzept stimmte und wurde konsequent durchgezogen. mit jugendlichem charme kontaktierte oliver gottwald die umstehenden, breitete empfangsbereit die arme und sang sich durch ein gassenhauer bestücktes set, so dass selbst dem unwissenden alsbald klar werden musste, dass sich hier nicht nur talentierte am bauch der freunde warm rieben, sondern publikum erobert werden sollte. an bass und keyboard unterstützte den frontmann michael schmidt, zudem für zwischenbemerkungen, schräge töne und den mitklatsch- und mitwinkkontakt zum publikum verantwortlich. an den drums der dritte man im boot: ingolf nössner. was gab es zu hören? "ich hol dich hier raus", symptomatisch für anajo, ein flotter rhythmus, dazu die memorable keyboardspur, ein mitsingrefrain. olivers stimme ist fest in vielen lagen und meisterte auch die bedingungen der kühlen nacht. "mein lieber herr gesangsverein", möchte man rufen, doch überliessen wir das singender weise der band. herrliche melodische dreher bietet dieser song über (ent-)täuschungen. mit "monika tanzband" hat die truppe einen wahren hit, der inbrünstig gefordert und schließlich auch gespielt wurde. aber auch "hotelboy" oder der song über die "honigmelone" machten laune. mit "spätsommersonne" brachten die augsburger die atmosphäre prima auf den punkt und mit "jungs weinen nicht" hielten soar the cure auf dem kuahgartn open air einzug, eine gelungene coverversion von "boys don't cry".
meinen persönlichen festivalhöhepunkt erhielt ich aber mit den berlinern von kissogram. sie starteten ihre electropopkür denkbar kühl, aber voller kraft und energie. so etwas hatte bis dato gefehlt. obwohl die vorgänger acts durchaus power ausstrahlten, verhalfen erst kissogram mit geschlagenem pfund für die besondere note. die drums hämmerten steif und exakt, den synthies und keyboards wurden verflixte melodien entlockt und am mikrofon frönte jonas poppe einem anonymen vortrag. dabei fehlte ihm nicht die nähe zum publikum, sondern er hielt lediglich die notwendige distanz zum eigenen werk. dass die jungs schon seit etlichen jahren aktiv sind, spürt man und kann sich im taumel dieser maschinerie herrlich gehen lassen. so tanzten denn die unentwegten, die dagebliebenen, die durchhalter und kämpfer oder vielleicht auch nur die gutbejackten, die nicht oder nicht mehr froren. "the deserter" hoppelte im ratatataa des refrain durch die frivole szenerie, das aktuelle "rubber & meat" greift direkt in den schritt, auf der flucht schwingt das tanzbein, "tonight i'll go out alone" mauserte sich zur spannungsgeladenen ansage. die musik hat wiedererkennungswert, hohläugigen charme und dampf. sebastian dassé zelebriert sein tun an den elektronischen geräten mit der coolnes eines filmstars, die fluppe schräg im mundwinkel. die schießbude wird von joe dilworth bedient, als gelte es an diesem abend noch einige eroberungen mit nach hause zu nehmen. beeilung! für uns wars genug, verpassen sollten wir noch the movements. danke an die organsisatoren des kleinen, schmucken open air. hoffentlich im nächsten jahr wieder bei besseren bedingungen.
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