Montag, Juni 22, 2009

konzert: karl blau, 20.06.09

so verrückt und uneinnehmbar die musik von karl blau ist (hier versucht zu beschreiben), so schwierig ist es, den vorgestrigen abend zu beleuchten. die musikalische darbietung war 1a, die rahmenbedingungen dagegen zweifelhaft. von vorn. ich fand mich sehr, sehr früh im südstadt ein. das moped spulte die kilometer wie am schnürchen, so dass ich kurz nach acht mein erstes radler bestellen konnte. karl war mitten im soundcheck und eine freundliche kraft der kneipe klärte mich darüber auf, dass ein clubabend stattfinden werde, wobei sich dj und künstler in ihren darbietungen abwechseln würden. ungewöhnliche konzeption, dachte ich mir. trank, grübelte und genoss schließlich, karl blau dabei zuzusehen, wie er aus einem bastelset cdrs fertigte. hier ein bildchen zurecht geschnitten, dort einen sticker abgezogen, um ihn auf eine cd zu kleben. abschließend noch einen, um die hülle zu verschließen. nebenher quasselte er mit kind und weib, beide zugetan und sehr relaxt. wie der vater und ehemann eben auch.

der begann dann gegen 22:00 uhr sein abenteuer. zwei stunden später erzählte er mir, dass er sein spiel genossen habe, ganz für sich war. die frage, die ich ihm zuvor gestellt hatte, lautete: "war dies das beschissenste konzert, das du je gespielt hast?". er grinste und war froh, dass auch ich mit humor nahm, was sich in den vorangegangen stunden ereignet hatte. nun, es war wenig besonderes, wenn man davon absieht, dass karl gegen eine stimmenfront ankämpfen musste, wie ich sie noch nie erlebt hatte. das sukzessive ins südstadt strömende clubpublikum nahm den auftritt des unbekannten zwar wahr, aber wenig ernst. gegen den (musikalischen) lärm wurde angekämpft und sich gehör verschafft. die knapp dreißig wirklich interessierten gruppierten sich um den künstler und konnten auf diese fast schon kuschelige weise ein konzert der besonderen art geniessen. karl, allein mit seiner gitarre und einigen effektgeräten, machte das beste aus diesen misslichen umständen.

mit "dragon song" ging es auf straff geführter gitarre, einem alten, mit bunten aufklebern bespickten brett, erwartungsgemäß erfrischend los. alles, was sich an zierart auf scheibe findet (den track gibt es auf "beneath waves"), bastelt sich karl live selbst zurecht. wie das vonstatten geht? er beugt sich zu seinen gerätschaften herab, beatboxt in ein zweites mikro, rhythmisiert danach mit aufgeblasenen backen und schrammelt zur not auch noch einen gitarrenpart hinein. in schleife abgespult ergibt das einen passablen hintergrundsound, über den der furchtbar nette kerl dann seine songs feiert. hin und wieder benötigt es dazu nicht mal eine gitarre, dann schnappt karl sich lieber ein zweites mikrofon, aus dem seine stimme einige oktaven höher erschallt. so ist es ihm möglich, zwiegesänge abzuhalten, ohne dass es einen partner, standortwechsel oder andere sperenzen bräuchte. apropos sperenzen, darauf verzichtet der mann aus dem bundesstaat washington gänzlich. bis auf einige freundliche kommentare und ein aufmunterndes lächeln sowie eine aufgeräumte mitmachrunde liegt seine gesamte konzentration auf seiner musik. "my johnny" folgt als zweiter song, behäbiger beginn, im original bläser ornamentiert, verlässt karl sich live auf seine magerausstattung. ist man erst einmal zum kern des konzepts vorgedrungen, wird man warm mit programm und den pretiosen. erging den umstehenden wohl auch so. sie wurden enthusiastischer, was ihrem beifall zunehmend mehr verve verlieh. "crashing waves" zuckelt leger daher, karl singt inspiriert, beseelt zuweilen. besonders schön in passagen, wenn er die hände (außer den mikros) frei hat und mit den armen, leicht angewinkelt, schlenkern kann. dann sieht man, wie verwachsen und eins er mit seinen liedern ist. dass er davon eine menge hat, beweist er im folgenden. es folgt eines auf das nächste.

"ode to demons" ist so ein stiller funken. die melodie mäandert über einer bewegungsarmen gitarrenspur. manchmal hebt karl im falsett ab und erinnert dann an justin vernon. man möchte die augen schließen, wären nicht all die nebengeräusche, die ein intensives eintauchen unmöglich machen. karl wird es dann auch zu bunt und bittet darum, dass der nebenher über einen beamer laufende (stumm-) film abgeschaltet wird. dass darauf nicht ganz jugendfreie szenen zu sehen waren, ist insofern erwähnenswert, weil diese zusätzlich für ablenkung im ansonsten (angestrengt) aufmerksamen auditorium sorgten. "ode to ocean" ist dann bereits der fünfte song, der vom auf krec erschienenden "beneath waves" album stammt. elegant in der rhythmik, sparsam begleitet vom vertraut klingenden saiteninstrument und verhangen gesungen vom pullover entledigten sänger. es folgen mehr als zwanzig weitere songs. höhepunkt für mich sicher "that's how i got to memphis", diesen zwitter aus seventies nashville country und dem indierock des nordwestens. oder "two becomes one", das lässig vorangetriebene juwel, da karl die stimme hebt: "all the hardships…sail away", irre. oder "mockingbird diet", das so schwungvoll wie elegant daherkommt und sich folgsam durch die elektrische unterbrechen lässt. oder... eine menge anderer. ich poste mal die setlist, wobei ich mich auf vollständigkeit nicht festlegen lasse. karl performte in der zugabe einen song auf zuruf. leider verstand ich den wunsch nicht.
ein verrückter abend, der für mich einen würdigen abschluss in einer mit überhöhter geschwindkeit zurückgelegten rückfahrt erhielt. da war eine menge frust dabei, der über den auspuff schließlich ins freie gelante.
setlist: dragon song / my johnny / crashing waves / ode to demons / ode to oceans / two becomes one / it's the stars / take you for granted / are you done / put me back / poor me / stream / stream of ganders / in the morning / baby baby / heatherwood / mockingbird diet/ memphis / tender kiss / nothing / kevin's song / take you for granted / spring morning / deception pass / dark, magic sea / slow down, joe / call me / in to the nada / megadose
karl blau - two becomes one (live)
karl blau - crashing waves
karl blau - mockingbird diet

3 Kommentare:

Ryka_ hat gesagt…

das Lied das er auf Zuruf spielte müsste "Thorns" gewesen sein, weil er dann ganz irritiert meinte "Songs?" und dann nach nochmaliger Erklärung sagte er grinsend sowas wie "Ah, ok, Thorns! I thought you just asked if I could play songs" :) Aber das war auch ob des hohen Geräuschpegels schwer zu verstehen! Aber es war wirklich gut zu sehen dass er es von der humorvollen Seite sah und gerade durch die beiden Mitmach-Parts zeigte dass er das Publikum noch nicht ganz aufgegeben hatte.

E. hat gesagt…

tausend dank! "thorns" wars, jawohl.

Oliver Peel hat gesagt…

Seltsame Zustände habt ihr da in Bayern! Nein, Spaß bei Seite, leider wird auch in Paris sehr oft laut geschwatzt. Ein ärgerliches Phänomen, dem nur schwer beizukommen ist.

Schade, daß ich den blauen Karl in Paris kürzlich verpasst habe.