Montag, Januar 05, 2009

in fester hand (16): swell

wie sehen meine/deine lieblingsplatten aus? warum mag ich/warum magst du sie so sehr? warum geb ich/warum gibst du sie nicht mehr her? in fester hand. weil ich/weil du sie hochheben, hochleben lassen möchte/möchtest. weil ich/weil du sie nicht mehr hergebe/hergibst. in fester hand. in loser reihenfolge stellen freunde und bekannte hier ihre liebsten alben vor, in fester hand und mit ein paar worten. und geben preis, an und ab. ich füge meine mit ein.

heute: spiral-stairs aus euskirchen (vol. 1, vol. 2):


Swell - 41
(American Recordings, 1994)

Bands geraten manchmal in Vergessenheit. Swell aus San Franscisco gehören zu diesen Bands.
Jahrelang habe ich ihre Musik, seinerzeit Neo-Folk genannt, nicht mehr gehört, bis vor kurzem eine Konzertankündigung - “ach, die gibt es noch und die spielen in der Stadt” - die Dinge veränderte.
„41“, das dritte Album der Band in der damaligen Besetzung David Freel (Gesang, Gitarre), Sean Kirkpatrick (Drums) und Monte Vallier (Bass) war 1994 eines meiner Lieblinge. Wie und unter welchen Umständen ich Swell entdeckt habe, ich weiß es nicht mehr. Erinnern kann ich mich noch vage an ein Konzert im Gleis 22 und an einen Swell Support vor den Lemonheads in Essen. Mehr ist nicht, mehr war nicht, und so verkümmerten die Swell Songs Jahr um Jahr im Regal und wurden vergessen, bis ich vor drei Wochen die alten CDs wieder hervorgekramt, entstaubt und in den CD- Abspieler gelegt habe.
Und da war es wieder, „41“, dieses Album, das mich seinerzeit erst irritierte und dann begeistert hat. Irritiert wegen der vielen Zwischentöne (Straßenlärm, Telefonklingeln, Schlüsselgeklimper) und dem 15 Minuten Gequatsche am Ende. Begeistert wegen Songs wie “Song seven”, “Is this important?”, “Forget about Jesus”.
Das Album beginnt unmusikalisch. Man hört, wie jemand auf dem Gehweg nach einem Schlüssel kramt, die Stahltür aufschließt, in ein Gebäude geht, Treppenstufen aus Holz hinaufsteigt und sich einem Raum nähert, aus dem eine Akustikgitarre tönt. Dieses eindringliche Gitarrenspiel, quasi in einer Endlosschleife vorgetragen, ist der brillante Übergang zum ersten Song des Albums: „Is this important?“ Nach wenigen Momenten setzt David Freels Stimme ein. Tief, traurig, dunkel und ähnlich markant dominant wie Mark Lanegan’s Organ. Sekunden später das scheppernde Swell-Schlagzeug. Es klingt trashig und lässt die Stücke sehr abgehalftert und kaputt erscheinen.
Swell sind nicht weich und rund wie eine Vorabendserie. Sie sind die harte Wirklichkeit, Swell Musik symbolisiert das wahre Leben.
Dabei ist die Mischung aus Akustikgitarre, E-Gitarre und Bass und rauem Schlagzeug typisch. Der Sound definiert sich dabei irgendwo zwischen Grant Lee Buffalo und Joy Division.
„Song Seven“ und „Kinda stoned“, die Lieder Nr. 2 und 3, schließen sich nahtlos an. Mittlerweile wird das Swell-Schema deutlich. Ein ruhiger Beginn mit der Akustikgitarre, dann setzen nacheinander Gesang, Schlagzeug und E-Gitarre ein. Der Song hat nun seine volle Ausbreitung erhalten. Zum Finale hin verschwinden alle Instrumente wieder und die Akustikgitarre lässt das Stück auslaufen.
Bevor „Don’t give“ startet, hört man ein Telefon klingeln, dass anschließend im aufkommenden Gitarrenspiel untergeht. Wie oft hat mich dieses Geräusch in Richtung Flur horchen lassen. Mehrmals bin ich diesem Sample auf den Leim gegangen. „Ahh, wer ruft denn gerade jetzt an?! Ach ne, ist ja auf der CD.“. „Don’t give“ wurde – vielleicht auch deshalb – nie mein Lieblingslied. Das waren „Song Seven“, Smile my friend” und „Forget about Jesus“. Die besten Stücke, die Swell je gemacht haben.
Das Album endet, wie es begann. Im non-Musik Track „Down the stairs out the door“ hört man, wie jemand den Musikraum verlässt, die Treppen hinuntergeht, die Schlüssel hervorholt, die Haustür des Hauses 41 Turk Street aufsperrt, sie hinter sich zuzieht und auf der Straße verschwindet.
Ein runder, sinniger Abschluss, der dem Hörer mitteilt, “es ist Feierabend, Zeit, zurück zu gehen in die Welt.” Bitte alle das Swell Refugium verlassen.
„Lyrics“, heißt der letzte Track von „41“. Und richtig, es ist kein Musikstück. Hier werden einfach von einer in der U-Bahn sitzenden Person alle Songtexte vorgelesen. Das Internet mutmaßt, diese Person sei David Freels Zahnarzt.
“41″ ist Musik zur Winterzeit ohne Sentimentalitäten.

4 Kommentare:

Oliver Peel hat gesagt…

Swell! Großartig! Habe ich erst 2008 kennen-und liebengelernt und auf unserer Konzertseite auch euphorisch darüber berichtet.

Super Vorstellung! Man sollte viel mehr über den Mann reden und schreiben!

Frank Struwe hat gesagt…

dem ist nichts hinzuzufügen

E. hat gesagt…

ich muss mich an '41' wagen. kenne nur das aktuelle werk.

Frank Struwe hat gesagt…

ja, unbedingt. und wenn dir das gefällt, empfehl' ich gleich noch ne portion idaho (http://www.idahomusic.com).