Dienstag, Januar 20, 2009

konzert: rose kemp, 19.01.09

mit ufomammut aus italien und den engländern von atavist hatte rose kemp lehrer in allen fragen des doom metal. zweifelsohne haben die herrschaften der aus dem folk entstammenden jungen dame alles beigebracht, was sie für diese spielart des metals braucht. schwer krachende, verzögerte einschläge auf den drums, ein rhythmusbetonter, brachialer bass und eine agile frontfrau, die stimmlich alles geben muss, um gegen die dumpfe berserkerfraktion anzustehen. wenn einem allerdings beim intro und dem nachfolgenden "dirt glow" der saft abgedreht wird und man unverstärkt gegen die beiden harten jungs antreten muss, helfen auch einer rose kemp keine nachhilfestunden bei gestandenen metallern und auch nicht eine überragende, strapazierfähige und in vielen tonlagen beheimatete stimme. dann hilft es nur, unter der düsteren kapuze böse hervorzulugen, um dem toningenieur böse zufunkelnd beine zu machen. der drehte das mikro auf und zu allem bombast, der sich den knapp vierzig zusehern im orangehouse zu münchen entgegenwarf, kam roses wenig anmutender, vielmehr aggressiver gesang.

wer sich unvorbereitet in dieses konzert begab, und es schien einige davon zu geben, manches gesicht drückte dies unzweifelhaft aus, wurde mehr als überrascht. aus der jungen folklady ist eine metalqueen erstanden, eine wandlung, wie sie in märchen nur in der ersten hälfte einer geschichte erzählt wird. bald wendet sich das blatt zum guten. doch rose kemp scheint konsequent ihren weg zu gehen. mit "glance" das folkalbum, mit "a hand full of hurricanes" eine rockigere variante und schließlich mit dem aktuellen "unholy majesty" die hinwendung zu noch schwererem gerät.
doch nun noch einmal auf anfang zurückgespult. eine vorband gab es an diesem abend auch, die später zurecht von rose kemp gelobt wurde. mawkish aus germering traten an: ritchi an der gitarre und aktiv mit gesang, dani an den drums und tamara am bass und mit gelegentlichen gesangseinlagen.

geboten wurden ausufernde kompositionen, die bestimmt waren durch ein klug eingesetztes schlagzeug, das stakkati genauso entsandte wie trommelfeuer und exakte perkussionspassagen, einen, um es vorsichtig auszudrücken, befriedeten bass, der hin und wieder melodische akzente setzte (die dazugehörige spielerin schien unbeteiligt, teilnahmslos und hätte sie nicht hin und wieder gesungen gar abwesend) und eine vortrefflich harmonien und sounds perlende gitarre. der groß aufgeschossene ritchie spielte von song zu song munterer, mutiger und verlor sich zuweilen in den abstrakten landschaften seiner musik. zwischenzeitlich brüllte er kraftvoll, aber wenig ausdauernd ins mikrofon und unterstrich deutlichst seinen willen, aus dem strom aller postrock willigen auszuscheren. würde es der band gelingen, die guten ideen zu bündeln und die klanglandschaft etwas zu straffen (eingespielte samples wirkten aufgesetzt und dem zeitgeist geschuldet) und außerdem gegensätzliche parts zu harmonisieren, blieben sie trotz verbesserter hörbarkeit originell und eigen. da bin ich doch gespannt, was aus der truppe noch wird. an dieser stelle ein "glück auf!".
in einer kurzen umbaupause wurde das drumkit von mawkish abgebaut nebst überflüssiger mikrofone. drummer james king und basser joe garcia enterten schließlich die bühne, im schlepptau die in einen schwarz schimmernden umhang mit kapuze gewandete rose kemp. an ihrer stirn blinkte ein emblem, das weniger blendete, denn eine verkleidung vollendete, die dem metier ehre machte. die eingangsprobleme wurden beschrieben und nach deren behebung und dem beenden von "dirt glow" kam der doom zug düster in fahrt. "black medik" und "nanny's world" machten klar, dass sich hier nichts zum guten wenden würde. "tell me there are things / that will never change, climb inside my brain and glue it all in place again". rose wütete, giftete und stieß die worte aus, als wollte sie feuer entfachen.

sie wuchtete die gitarre wie ein überdimensionales schwert und warf das offene, lange haar einer furie gleich im taumel ihres manischen auftritts. beängstigend war es zuweilen, ihre spitzen schreie entgegenzunehmen, da sie weit aufgerissenen mundes dem publikum gegenüber stand. ihre augen warfen speere und wer nicht einen schritt zurückwich, ward allein auf weitem feld und sah sich einer mischung aus hexe und klageweib gegenüber, die nur in seltenen momenten einem schamanen gleich in einen trance artigen zustand verfiel. dann formte sie die worte unter wilder grimassierung. doch rose tauchte lediglich ein: "bitter and sweet", der song, der auf scheibe so feinfühlig eingang findet, rollte live unvermittelt los. der bass, gefordert vom über den steg greifenden garcia und mit einem breiten equipment an effektgeräten getunt, griff nach dem herzmuskel, das dumpfe schlagwerk schüttelte das letzte quentchen leben aus dir und die gitarre schnitt sich tief ins mark, um ganz sicher zu gehen, dass hier der letzte atemzug getätigt wurde. rose hob darüber an und feierte ein düsteres fest. mit "saturday night" ging es elegisch weiter, da eine helle melodie erklang und die begleitende rhythmusfraktion nur zögerlich einstieg. doch die welle rollte heran und fand ihren höhepunkt in der vielfachen wiederholung: "because we're all lairy and lost and this is such a pointless cost, because we're all lairy and this is such a necessay lust" und der zurückschlagenden brandung aus bass und drums. wahnsinn! der folgende break brachte notwendige entspannung. rose wurde von ihren begleitern verlassen und gestaltete den folgenden programmteil allein. geboten wurden zur wohfeil gestimmten und am verstärker zerrenden e-gitarre "nature's hymn", "flawless" und "dark corners". was ihr hier gelang, war nicht nur versöhnlich, sondern zeugnis ihres herausragenden könnens. die stimme majestätisch, die gitarrenperformance gekonnt untermalend, zögerlich berauschend und perfekt am gesang ausgerichtet. "ergriffen sein" drückt nur mangelhaft meinen zustand aus, in dem ich mich vor allem bei "flawless" befand. spärlich eingeleitet, einige akkorde, die auf dem album ein klavier anschlägt, dazu das helle, kristallene organ kemps. ein moment, den man anhalten mochte. insbesondere bei diesem dreher in der zweiten zeile, da rose zu überschlagen droht. doch sie bewerkstelligte auch dies souverän. spätestens da war ich dieser grimmig dreinschauenden frau verfallen, spätestens da begann ich etwas von der seele rose kemps zu spüren, die zugekleistert schien von der willkür und überbordenden agitation ihres wutspeienden spiels.
zu dritt ging es mit "wholeness sounds" weiter, einem versöhnlichen einstieg zwar, aber baldigst auch die derzeitige passion unterstreichend: aggressiv der griff an die hörmuscheln der bewegten zuhörer, da der gitarre blitze aufstobten und sich im funkenflug mit dem donner und der düsternis des begleitenden instrumentariums verbanden. "milky white" ließ die bereits weichen gebeine schlottern, rose gierte und erschauderte mit weihevollem gesang, abwechselnd mit dem geknüppel an der schießbude. "vacancies" wurde zelebriert in aller ausufernden brachialität, die dem song innewohnt. unheilvoll, mystisch und selbstbewußt. wie das abschließende "the unholy", welches sich schier unendlich hinzog. eine zugabe wurde verweigert. rose betonte mehrfach, wie müde und fertig die band nach dieser tournee wäre. aber was hätte auch noch kommen sollen? womit hätte man diesen auftritt besser beenden können? noch eine stunde später bebte mein körper von der wucht der musik. noch heute spinnt mein geist die verwebungen zu ende, die rose mir lose übergab.

2 Kommentare:

Oliver Peel hat gesagt…

Sehr lebendiger und plakativer Bericht, bravo!

Besteht die Möglichkeit einer Zweitveröffentlichung auf dem Konzerttagebuch?

E. hat gesagt…

natürlich.