Samstag, Februar 20, 2010

scout niblett - the calcination of... (2010)

ähnlichkeiten zu vorgängeralben sind schnell ausgemacht. und flott ist der gleichschritt moniert, das gleichmaß angelegt. kritiker käuen wieder. scout nicht. das minimale ist ihr maximales und wem es nicht genügt, der versteht ihre kunst nicht. die ist weniger reduktion um ihrer selbst willen, als das vom fleisch befreite skelett, welches seine stabilität und tauglichkeit zu tage tragen muss. seht her, ich trage die knallen stiefel, das westle überm leib, damit ihr abgelenkt vom rauen sound meiner schwester e-guitar zu träumen aufgerufen seid, von blankgezogener brust und der stimme reinheit, die für wohlig schauer sorgt. meine schauer sind die reifen sprengsel einer totgeburt, das hausgemachte einer mordnatur, die wirren des schizophrenen, das komplott unter gleichen, das dräuen überm abgrund, damit der ins schwitzen gerät, der sich sicher weiß. und so freut man sich, dass der krach staubt, dass das junge ding im zimmer über uns lärm schlägt. so ist gewiss, was wann kommt, weiß, wann anstrengung notwendig ist, wann sich die aufregung legt. denkste! berechenbarkeit ist eine konzeptuelle farce. emotional verständlich, wenn die wut im krachledernen herrscht. die unbändige macht im gegensatz zu kleinkariert. die karos, die hier an jeden freien fleck gepinnt, sind groß und ausgefranst, mit wunden stichen überzogen, halten nichts mehr zusammen. und doch wirkt scout niblett vitaler, erfrischender als je zuvor. heuer hocken großmannssucht und das bekümmertsein um defektes spielgerät einträchtig beieinander. wo es bei anderen zu einer zerreissprobe würde, gelingt der spagat. das animalisch, draufgängerische auftreten neben dem zu zöpfen geflochtenen, wirren blondschopf, in unscheinbares kleid gewandet das schweißgerät bedienen, das diabolische lächeln. das trauma der kindheit. wider das erwachsensein, seiner verdrängungsmechanismen und verdammungsroutinen. die schönheit im gebrochenen, die raren momente des glücks, wenn sich aus der rauen soundschale das harmony thing schält. in welcher beziehung mag scout niblett zu ihren melodien stehen? ketzerische schlüpflinge? notwendiges übel? schößlinge, denen die brust verwehrt wird? wie reines transportmittel wirken sie zuweilen, um die trügerischen notizen auf den weg zu bringen, von trotz getrieben, den das heurige schlagwerk imitiert. von misstrauen gebeutelt, von enttäuschungen geprägt, das profil zur schau getragen. und doch wirkt "the caclination of..." oft gebremst. die mahlströme, die scout niblett aufbaut, zuckeln durch den raum wie gefrässige monsterschlangen, die wissen, dass ihnen das opfer nicht entkommen kann. rockig, bluesig der angang, spröde der gesang hier, zauberhaft unrau dort. auf dem neuen drag city output macht man einige neue lieblingssongs aus. die dramaturgie des werks ist zudem ausgezeichnet, kein nachschleifen notwendig, scouts schweißnähte sind einwandfrei. glatt: ****.
scout niblett - the calcination of scout niblett

1 Kommentar:

teller knete hat gesagt…

Hervorragend! Wenn ein Werk Dich zu solcher Lyrizität inspiriert, kann es ja nur gut sein. Bin gerade am nachhören, nachdem ich das Vinyl endlich erstanden habe.
Ein Wort zu Mrs Nibletts Verhältnis zu ihren Melodien: ich erinnere mich an ein Interview, zu ihrem ersten oder zweiten Album, in welchem Scout sich bestürzt zeigte, dass ihre Lieder oft als harsch, roh und sperrig bezeichnet werden. In ihrem Verständnis seien diese Melodien und Lieder Hits, freundlich winkende Poppreziosen. Bei ihren Liveauftritten, finde ich, kann man dieses Verständnis gut erfahren und nachvollziehen.