Samstag, Mai 24, 2008

konzert: dinosaur jr., 23.05.08

wo passiert bewegung? es muss nicht immer die sichtbare sequenz sein, die wirkung hinterlässt. so steht man denn etwas ungläubig einem stoisch dreinblickenden joseph donald mascis jr. gegenüber und fragt sich, wo all die emotionsgeschwängerten töne herkommen. es kann nicht mit rechten dingen zugehen, sollte wirklich der unter j. mascis bekannte frontmann der berühmt berüchtigen dinosaur jr. daran beteiligt sein. denn mit völlig ausdrucksloser miene vollführt er seine gitarrenläufe und läßt das gerät, das ihm lässig über die schultern hängt, singen. er ist der zeremonienmeister einer alt gedienten und zugleich überaus agilen dreimanngemeinschaft, die das zuhauf angegraute publikum in zunächst zögerliche, später ausgereifte ekstase zu versetzen weiß. murph und lou barlow, zurückgekehrt in den bannkreis des weißhaarig behangenen chefs, beleben neben dem straffen rhythmusgerüst auch die harmonische komponente des musikalischen konzepts dieser band, die ihre höhen und tiefen nie zu verbergen wusste. mit der reunion in 2005 und dem aktuellen album "beyond" wird mascis und co. kein geldsegen behelligen, aber dafür bekommen sie eine mittelgroße muffathalle an einem freitag abend fast vollständig befüllt.
und es werden keine gefangenen gemacht. mascis, eingehüllt in einen halbkreis aus marshallboxen, die ihm den abend auf eine für jeden unkundigen unheimliche weise versüssen, singt, als wäre seine anwesenheit nicht gefragt, ein pressen, ein nuscheln, kaum hörbare unterschiede zwischen den einzelnen worten, sätzen, liedern. und doch kennt die crowd jeden fetzen und singt, da die band stillstand übt gelassen mit. wer bei dieser veranstaltung kein eingeweihter ist, wird sich nicht nur über die gestalt mascis' wundern, sondern über die brachialgewalt einer musik, die wie aus einem entfernten jahrtausend, angestaubt und auf sympathische art konventionell, herüberweht, nein -stürmt! lou barlow, der mit seinem immer noch auf milchbubi- modus eingestellten gesicht, gegenüber seinem paten geradezu euphorisch wirkt, wenn er mit offen kreisendem arm seinen bass bedient, als sei es ein weniger virtuos denn strafend zu handhabendes instrument. die wucht dieses geräts lenkt ab von murphs dynamischen und punktgenauen schlagzeugspiels. ein wunder, was der kerl aus den kleinen, grünfunkelnden drums herausholt. und doch bleiben beiden nur sideparts an diesem und vermutlich allen anderen abenden, die sie mit mascis die bühne teilen. seine ausgewachsenen, schreienden, fein ausgearbeiteten soli beherrschen die szenerie und werden vom publikum mit oberkörperkreisen in den hinteren reihen und wildem moshpit in vorderster front gefeiert. so stehen sich kultfigur und auditorium auf denkbar konträrste weise gegenüber. hier der stoiker, dort die wilde brandung. und die liebe ist dennoch gleichsam groß und wird von seiten der band mit songs des aktuellen albums, aber auch mit einigen gassenhauern beantwortet, von seiten der fans mit applaus, pfiffen und allerlei weiteren bekundungen unumwundener zuneigung und dankbarkeit. wer glaubt, dass ich übertreibe, suche bei nächster gelegenheit ein konzert von dinosaur jr. auf! dass an diesem abend zwei vorbands am start waren, ist eine marginalie dieses berichts. denn die band aus amherst strahlte und in ihrem glanz versengt sich jeder noch so gut gemeinte auftritt. über mondo fumatore möchte ich den mantel des schweigens hängen, denn sie waren ausgesprochen schlecht, langweilig und neben memorablem material mangelte es auch an bühnenpräsenz und leider nicht an schlechten witzen. die waren vermutlich der nevosität geschuldet. eine deutliche steigerung gegenüber den deutschen waren awesome colour aus den staaten, deren mixtur aus garage, metal und psychedelischem rock 'n roll mehr als unterhaltsam war. ihr letztes album erschien auf ecstatic peace, allemal ein grund aufmerksam zu bleiben, was das treiben der drei jungspunde (dame an der schießbude!) betrifft.
einziger minuspunkt des abends, vernachlässigen wir das treiben von mondo fumatore, war die fehlende zweite zugabe des hauptacts. aber angesichts einer langen tournee muss man verstehen, dass die alten säcke energien sparen müssen.

dinosaur jr. - been there all time

3 Kommentare:

Oliver Peel hat gesagt…

Sensationell gut geschriebener Konzertbericht. Eine Wonne das zu lesen! Ja, der Mascis ist schon 'ne coole Sau, was? Ein genuscheltes "Thanks" ist immer das höchste der Gefühle zwischen den Songs.

Aber dafür labert Lou Barlow ja immer viel. Hat er irgend einen guten Spruch gebracht?

Und es gab kein The Cure-Cover, ja?

Dürften wir diesen super Bericht für unsere Seite haben? Dann hätten wir endlich mal was auf höchstem Niveau!

E. hat gesagt…

die setlist entspricht der realität. mr. mascis sagte "thank you!" und "goodbye!". das wars. lou grinste und ich wollte ihm die milch vom mund wischen.

die frage nach den mitbenutzungsmöglichkeiten beantworte ich wie stets positiv. allerdings ist in den letzten monaten mehrfach der wunsch an mich herangetragen worden, nur nie umgesetzt worden (besser: fragezeichen).

Oliver Peel hat gesagt…

Asche über mein Haupt! Das stimmt schon mit der fehlenden Umsetzung, hatte allerdings nie mit der hohen Qualität Deiner Artikel zu tun, sondern mit meiner Schlafmützigkeit und Ablenkung durch eigene Berichte.

Ich bitte um Entschuldigung.