Dienstag, Januar 10, 2017

konzert: innen.welt-festival 2017, 07.01.17


vermutlich habe ich einiges grandioses an diesem abend verpasst, denn mit meinem eintreffen stand bereits die dritte band der veranstaltung auf dem plan. aber ich kann wohl dennoch behaupten, dass das programm des diesjährigen innen.welt-festivals das homogenste gewesen sein muss, das bislang auf die bühne gebracht wurde. die qualitätsbrocken, die einem am 07. januar im kafe kult vorgeworfen wurden, mundeten unwahrscheinlich. schon der (mein) einstieg mit the t.s. eliot appreciation society war grandios. hatten wir den tom gerritsen und co. bereits zuvor mehrfach unter beschlag, bewies er nun auch live eindrücklich, dass sein können alsbald in größeren bahnen gedacht werden muss. der kommunikative kerl, der u.a. den publikumsansturm, mal wieder war das festival ausverkauft, mit den spärlichen neun leutchen am abend zuvor in göttingen verglich, genoss ein freundschaftliches entgegenkommen der anwesenden. dafür waren aber vor allem seine einträglichen, harmonienstarken songs verantwortlich. gerade mit einem frischen album im rücken ließen es tom und co. alles andere als gemächlich angehen. kein zieren, kein zögern. und schon breitete sich der zauber dieser folkpopkleinode aus. gerritsen tänzelte dazu auf seinen turnschühchen, spitzen fußes bewältigte er seine nummern fast schon akrobatisch. und immer wieder fuhr ihm ein lächeln durchs gesicht. wie mir, als er endlich "the grand tour" anstimmte, seinen hit, wie er selbst konstatierte. doch da war eine menge. gemeinsam mit einem basser, der die bühne zu zerstampfen drohte, einem wahrhaft versierten drummer und einer keyboarderin, die auch ihre stimme einzusetzen wusste, zelebrierte man song um song aus des holländers feder. für uns ein vortrefflicher, launiger einstieg.


einen wahrhaft überragenden auftritt lieferten dann castus aus brüssel ab. da hatte sich die vorfreude mehr als gelohnt. denn diese erstaunliche truppe zog trotz oder wegen all ihrer besonderheiten die volle aufmerksamkeit des publikums auf sich. da standen vier gitarristen nebst basser und schlagwerker auf der bühne, die eine geradezu sinfonische erlebniswelt darbrachten, die ihresgleichen sucht. ineinander verschachtelt, verwoben, ohne vermeintliche anstrengung immer wieder neue texturen entwerfend, operierten die belgischen mannen am lebenden objekt. von links flinke partituren, von rechts eben solches, von vorn schraffuren und von ein wenig dahinter ein rhythmisierendes beibringen. so dicht gestrickt war die gemengelage, dass man ganz genau hinhören, hinsehen musste, um herauszubekommen, wer von den musikern für welche spur verantwortlich zeichnete, wer die jeweiligen highlights setzte, wer herausstechen durfte. ergänzt wurde diese außergewöhnliche musikalie durch ein paar vokale einsätze, die sich jedoch auf "oohs" und "aahs" beschränkten, die die wenig strenge formalie genauso bebilderten wie etwa einige leuchtobjekte des kerls in der bühnenmitte, der ein mit dioden besetztes t-shirt in gang setzte oder bunte dioden an den weißen turnschuhen entfachte. mittels eines kleinen plastikföns oder eines elektrischen milchschäumers und anderen geräts wurden zudem geräuschemodulationen vorgenommen, die der komplexität der songs vorschub leisteten. es wäre fatal, einen der musiker hervorzuheben, allesamt schienen in einer art künstlerischen anstrengung gebunden zu sein und dennoch gewandt genug, um sich im direkten kontakt auf das gemeinsame spiel zu einigen. 
setlist: orga / ringard / ferari / apero / chateau / halloween / banjo / tallut / incem die / lemmy / bossa




anschließend traten die späti palace boys von mother of the unicorn an. eine denkbar schwere aufgabe nach solch einem erinnerungwürdigen auftritt. doch die jungs um den frontmann joe kelly gefielen mit unaufgeregtheit und coolness, mit frischen songideen zwischen shoegaze und wavepop sowie einer instrumentellen ausgewogenheit wie gewieftheit. dort der junge drummer mit exzellentem spiel, hier der perkussionist mit variablität und kontrapunkten, daneben der organist, der auch bassist sein durfte sowie der frontmann, der seine e-gitarre wie ein koch den suppenlöffel führte, mit bravour und meisterschaft, ohne großes herumgerühre, ohne zu klecksen. dazu kam eine gesangsstimme, die man dem ansonsten nach brummbär aussehenden musiker gar nicht zugetraut hätte, weich und wohlgelegen, gern mal im falsett und stets mit einer dicken portion gefühl. allerdings ohne duselei. das war handfestes musizieren. aus der mitte eines geschulten songwritings heraus, mit liedern, die bestand haben dürften, ergab sich die freude am tun wie von selbst. die berliner fügten sich in den qualitätsreigen wie von sicherer hand kuratiert.

apropos, tausend dank an die veranstalter für die einladung und für dieses ausgezeichnete programm. und ja, eric shoves them in his pockets haben wir auch noch kurz gesehen. allerdings war der ausdruck schwach und der klang spärlich oder umgekehrt. wer weiß, woran es gelegen haben mag. wir machten kehrt, um den hund noch um den block zu führen.

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