mit der kassette dürfen wir am freitagabend eine location betreten,
die in ihrer zweijährigen existenz bereits geschichte schrieb. diese ist
eng verbunden mit der stadt, die ihre musikszene vielleicht ein wenig
zu sehr zu disziplinieren suchte. große acts funktionieren wie wohl
überall, aber die kleinen zöglinge fanden eher selten die passende
heimstatt in der rheinmetropole. am anderen ufer war es oft ein wenig
leichter. doch mit der schnuckeligen kneipe im beschaulichen stadtteil
oberbilk darf der songwriter, der folker, der kleinkunstbarde wieder
eines ortes frönen, der ihm gerechtigkeit widerfahren lässt. zu
verdanken ist dieser umstand einem engagierten wie überaus freundlichen
paar (das kein paar ist), das neben der kundenfreundlichkeit den engen
bezug zur musik geniesst. kein wunder, dass die beiden sich gern der micro pop
week zu verfügung stellten, um einen eigenen abend zu organisieren.
eingeladen wurden hierzu der belgier bart de kroon, der unter dem moniker
homemade empire antritt, sowie der deutsche sebastian witte nebst
schlagzeuger.
die akustischen und wenig ausladenen nummern barts
fanden einen zuspruch, der trotz publikumserfahrung zu staunen führte.
denn die von pausen und von atemzügen dominierte musik stemmt widerhall
ins rund. die energie, die in ihrer sparsamkeit rührte, rekrutierte sich
aus dosiertem saitendrang und temperiertem gesang. dass dem belgischen
songwriter die bindung an seine hörer ungefährdet gelang, lag an
vielerlei dingen. vor allem ist es zunächst sein etwas schüchternes,
zurückgenommes wesen, die freundlichkeit seines lächelns, sein
understatement. daneben glänzt und hebt sich seine kunst hervor. die
gestreichelten noten, die ihre verstärkung in der gesanglichen
darbietung finden. eine zusammenkunft an einer ganz besonderen
wärmequelle. bart formuliert formgenau, dabei sparsam und sichtlich
bewegt. seine songs sind wie die gesten, die mimischen zeichen, die ihn
beschreiben würden. anrührend minimal und zugleich die volle bandbreite
ausfahrend. wer kann das schon. doch der künstler macht kein großes gewesen um seine gaben. als wäre es ihm peinlich, dass seine pretiosen so gut ankommen, lächelt er auf und die glänzenden augen verzücken fast noch mehr. wer stille fangen kann, um mit ihr zu spielen, der kann womöglich noch viel mehr. wem der bursche bis dato kein begriff war, sei er hiermit (wiederholt) ans herz gelegt.
konterkarierend zum vorprogramm trat sebastian witte in der mitte seines
publikums auf, um gleich zu beginn seines konzerts ein zeichen zu
setzen. klatschend, stampfend, ausufernde gestik beisteuernd. auch in der
folge fällt der kölner immer wieder durch enthemmtheit auf. ob im
direkten kontakt mit teilweise unaufmerksamen zuhörern oder zur
überbrückung von statischen momenten, da die gitarre gestimmt oder ein
sensibilitätsschauer bekämpft werden muss. rollende augen, weitläufiger
armschwung, ein in den nacken geworfener schopf, merkmale plötzlicher
wie unbequemer charmanz. ob das verwegene ausbrechen wirklich seiner
musik zuträglich war, musste jeder der anwesenden letztlich für sich
selbst klären. eine agitation, die weit über die zeichensprache,
zuweilen über das normale maß hinausging. doch die musik wurde nicht
zur nebensache. zu akzentuiert sind die tonalen zeichen, die witte
entsendet. eine klare sprache, kaum verklausuliert, alltagserprobt und
dem selben entrungen. beobachtungen, in worte getaucht, in verse gefügt
und mit gewissen musiziert. die diebische freude, von der s. witte hin
und wieder übermannt wird, hat in ihm einen glaubhaften partner. witte
benennt, entzieht sich aber nicht dem moment, sondern verbrüdert sich
mit ihm. so ist glaubhaft, was er zu sagen hat.die zugabe nimmt er
entgegen wie der zum ritter geschlagene das schwert. der gelbe mond an seiner seite hämmert die felle, als gäbe es fürderhin keinen weiteren auftritt für dieses duo.
die gut
gefüllte kassette belebte den abend vor dem geviert. die in den
umliegenden bäumen baumelnden clowns gaben den
beiden konzerten das passende gesicht.
im damen und herren fand am frühnachmittäglichen samstag die messe
'brandnester' statt. ein wirklich passender name für die präsentation kleiner
und kleinster label, die nicht nur die deutsche, sondern
grenzüberschreitend die musiklandschaft beleben. während ca. zehn
label selbst vor ort weilten, gaben sich mindenstens fünfzehn weitere dadurch die ehre, dass
sie material einschickten, an dem sich der besucher der messe gütlich
tun konnte. schnell fanden sich gesprächspartner, gesprächsrunden,
kamen kontakte in vielfacher manier zustande. nicht nur zwischen den ausstellern selbst, sondern auch zwischen besuchern, künstlern, neugierigen. die meisten blieben erst an den ständen hängen, begutachteten die vielfältigen releases, die sich durch individualität und nonkonformität auszeichneten, später kamen die fragen, die antworten, austausch auf augenhöhe. da waren die selbstgefertigten veröffentlichungen von woodland recordings, die künstlerisch hochwertigen produkte von stencil trash records, die musikalisch verfeinerten von bloody hands, die stilvollen von totally wired records, die spannenden von jellyfant und und und. in der hauptstosszeit wurde es eng, zwischendurch entspannter, später ritt man auf kaffeepferden den auftritten des abschlussabends entgegen. davon später mehr.
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