Montag, April 07, 2014

neue töne (1373): micro pop week düsseldorf 2014


auf sechs tage angelegt ist die micro pop week zu düsseldorf 2014. was als dauerveranstaltung geplant sein will, muss sich im ersten jahr aber zunächst bewiesen haben. veranstalter, locations, promoter, für die außerordentliche aufgabe haben sich in der rührigen stadt mit aufstiegsambitionen einige menschen gefunden, die, zu großen teilen im ehrenamt, versuchen die musikszene breiter, origineller und nicht zuletzt antikommerzieller aufzustellen. denn über allem weht das banner einer unabhängigen, von bewegten menschen getragenen musikindustrie, die sich abseits der großen konzerne sieht. sehen muss, denn die sie umgebenden strukturen sind alles andere als ausgesucht. sie fordern stets die alternative, den kompromiss und nicht zuletzt abenteurertum und mut, enthusisamus und eigenes geld. so wie das von h. schmidt, einem der veranstalter, der am ende des von ihm organisierten abends draufzahlen wird müssen. er habe damit gerechntet, meint er im nachinein. und ist dennoch überglücklich angesicht eines gut besuchten konzertabends in einem flingener hinterhof. sechs tage also im zeichen des do it yourself mottos, unter dem letztlich auch der beweis auftaucht, das vieles, das fast alles möglich ist, auch wenn man sich abseits der ausgetretenen pfade einer musikwelt bewegt, die sich nur noch selbst zu begatten scheint. befruchtung findet woanders statt. düsseldorf hat dies bewiesen. im nächsten jahr wird wieder mit dieser stadt und ihren rührigen menschen zu rechnen sein. vielleicht gibt es dann bereits nachahmer.


der donnerstag abend trat in besagtem hinterhof zutage. ins dunkel versetzt leuchtete das präparierte rund. bis dahin waren bereits drei erfolgreiche micro pop week veranstaltungen vergangenheit, denen wir leider nicht beiwohnen konnten. doch das restprogramm stand von nun an auf unserer agenda. den anfang machte am vom d.i.y network organisierten event die hamburgerin tellavision, sozusagen als vorhut der ebenfalls vom bloody hands ltd. label stammenden folgebands.
die loopabenteurerin, die immer ein wenig zerstreutheit umweht, greift am ende jedoch immer zur rechten zeit an die regler, die schieber, die knöpfchen, in die saite oder singt an der richtigen stelle ins mikrofon. gekonnt nennt man das, vor allem wenn sich wie bei tellavision soundkonstrukte ergeben, die sowohl grooven als auch konzentration einfordern. dem zueinanderfügen von live erstellten wiederholungstätern, so laufen bspw. gitarrenakkorde, stimmmodulationen oder auch perkussive elemente in dauerschleife, folgt eine beredte performance aus kontrolle und zigfacher belebung. experimentell im konzeptionellen sinne, klassisch, weil tellavision auch nach songstrukturen sucht und somit stets die kommunikation mit ihrem publikum aufrecht zu erhalten weiß. im glanze des hinterhoflichts arbeitete sich die junge hamburgerin sacht an die gehörbasen ihrer zuhörer und nach für nach auch an einen stammplatz in deren erinnerung. dort verhaftet sind wohl allem die kunstfertigen ensembles aus geschichtetem tonalem gewerk, die nicht ans überdauern denken, sondern dem moment geschuldet sind. wer sich einmal an dieser loopgeschichte versucht hat, wird problemlos anerkennen, dass hier eine meisterin ihres fachs zugegen war. viel besser hätte der einstand für diese laue aprilnacht nicht sein können.





mit twisk findet sich ein labelpartner, der die gekonnt ausgeklügelte expression weiterführt. nur geriert sich das duo dandyhafter, entlehnter, jedoch nicht weniger distanziert und in kühler hoffnung auf den publikumserfolg verschlagen. denn die musik brennt sich nicht sofort auf die haut. sie scheint wie müder sonnenstrahl durch wolkenbehang und beweist nach andauernder bemusterung ein erstes hautglänzen. bis zum sonnenbrand ist ein weg. doch wer sich an diesem abend zu bett gelegt hatte, wird ein leichtes kribbeln verspürt haben. aus dem subcutanen memorandum schälen sich harmoniefetzen, melodienschlieren, die wie die schmerzen der grässlichen roten blatternflecken einer ausgewachsenen erythema solare nachhängen. bass und e-gitarre im steten wechsel zwischen den protagonisten, ebenso frei wird der gesangspart gewechselt, die schnittmenge ist stets die selbe, ein hochqualitativer, sehr eigenständiger sound, der sich durch entrücktheit, gezügelte persönliche verzücktheit genauso auszeichnet, wie durch den beweis, dass am festhalten von harmonischer übereinkunft nicht zu rütteln ist. martina lenzin und lennart thiem definieren abgehangenheit in einer mobilen variante. allem statischen wohnt einer bewegtheit inne, die sich an den persönlichkeiten in ihrer konzentriertheit und zurückgenommenheit schubbert. der beat qualifiziert sich, indem er einer quelle entlockt wird, die nicht besser zur micro pop week passen könnte: einem walkman. moderne und alternative, hand in hand. das aktuelle album der beiden heißt "two" und ging als kassette über den ladentisch.





lada sehen sich durch die tellavision dame ergänzt und finden in der tastenbedienerin und sängerin eine sinn- wie stilvolle ergänzung. während die beiden bandkollegen sich dem adhocen gewerbe verschrieben haben, sendet die junge dame die kontemplativen formeln ins gewerk. gitarre, elektronische verschlüsselung sowie das umtriebige, oft geradezu gerissene drumming verhelfen dem postrock zu einer zwar genreimmanenten verschlagenheit, bebildern aber in diesem fall originär und mehr als unterhaltsam. die felledrescherei ist eben nicht nur eine solche, sondern mit profil und aussparungen für entlegenes, wiederkehrendes. dem dreier gelingt eine fahle textur, die sich auf die kollernde hauptkomponente legt und wiedererkennungswert bedeutet. verstrickungen, die nicht fallstricke sind, sondern als kieselsteine taugen, um den rückweg zu markieren. die band wird mit zunehmender begeisterung aufgenommen und verschafft dem scheidenden tag zu einem highlight. die ausufernden stücke werden vom publikum aufmerksam verfolgt und mit zum teil tosendem beifall beantwortet. dass im nachgang ein paar scheiben den besitzer wechseln, ist ein weiteres untrügliches zeichen für den zumindest temporären erfolg der band in dieser stadt, an diesem abend.

Keine Kommentare: