dass wir es gestern abend dann doch noch nach obing ins "john's" schafften, war lediglich meiner neugier geschuldet. denn wir hatten weder zeit, noch einen wirklich fahrbereiten untersatz. also schlichen wir übers land und erreichten nach vielen kurven und unzähligen minuten das lauschige nest zwischen hier und irgendwo. schließlich hatten john und rita, die überaus netten wirtsleute, mal wieder stargäste auf ihre kleinkunstbühne gebeten. chris jagger, der alte mucker aus somerset, nebst seinem kongenialen partner charlie hart. zwei haudegen, um nicht zu sagen rampensäue, die in ihrer windschiefen karriere vermutlich schon jederart konzertsaal gesehen haben. da musste ihnen die holzbalken überzogene und mit breiter stiege versehene bühne des im zweiten stock des wirtshauses gelegenen saales wie abrahams schoss vorgekommen sein. nun spricht allerdings chris mehr als einige brocken deutsch und fühlt sich auch sonst überaus heimisch. so nimmt er unverzüglich kontakt mit dem publikum auf, das er bis zu unserem erscheinen bereits eine halbe stunde unterhalten hatte. sein gitarrenspiel ist das eines routinierten und jederzeit lustvoll, mit verve angeschlagen und abgestimmt auf das geniesserische tun charlie harts, der wie ein gockel an seinem keyboard sitzt und vorgibt, es würde sich um einen steinway handeln. das rechte knie hüpft im takt neben ihm auf und ab und sein gesicht grimassiert und unterlegt damit die kühnen salven, die die beiden in die knapp 50 leutchen abfeuern. chris' stimme ist brüchig, zuweilen flüchtig, aber sie hat einen schmelz, der am besten im blues zur geltung kommt. wenn er rocken und rollen muss, stehen mick jaggers bruder leider nur wenige mittel zur verfügung. das macht er aber locker mit spaß und freude an der sache wett. dabei sollte er doch im fernen indien an seinem gesangsorgan gefeilt haben, nebst dem genuss von erstklassigem haschisch. dass sich in seinem leben mehr abgespielt hat als in jenem, das die meisten von uns absolviert haben, zeichnet manche linie in seinem offenen gesicht nach. herrlich, ihm beim musizieren zuzusehen. man kann ihn sich auch gut als schauspieler vorstellen. eine der rollen, die er einnahm, um sich über wasser zu halten. nun tourt er also wieder. fleißig muss er sein, um neues material vorzustellen. so geben es zumindest die promoscheiben vor, die am verkaufsstand auslagen. für einen zehner kann man erstehen, was man sonst umsonst nachgeschmissen bekommt. geschäftsgebahren eines fahrensmannes.
wir lächeln und erfreuen uns an einem repertoire aus spencer davis group cover über "llhasa town" bis zu "honky tonk woman", bei dem chris mich warnt, dass ich mein video, ich hatte lediglich meine kamera, am bühnenrand hockend, gezückt, ja nicht bei youtube reinstellen solle. er fürchtete vermutlich, dass ihm sein bruder auf die schliche komme. oder aber, dass man ihn im unterhemd erwischen würde. seinen hawaiifetzen hatte er da schon längst abgelegt, ließ sich aber zu einer weiteren zugabe überreden. ungeschlagen, wie ihm das publikum aus der hand frisst, fleißig den rhythmus klatscht und ihm sogar auf die bühne zum tanzen folgt. charlie an der fiddel oder am fischerklavier, immer eine nummer, der man sich nicht entziehen kann. mit "grooves & roots" hat der bereits mit clapton, ian dury oder alexis korner zusammenspielende hart ein neues album am start.
chris jagger - llhasa town
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