Donnerstag, Mai 28, 2015

konzert: orange blossom special festival 19, teil 5


mit dem auftritt von sivert høyem schloss sich in der nacht des zweiten festivaltages der kreis hin zu früheren obs- tagen. der ehemalige madrugada frontmann setzte aber nicht nur einfach eine geschichte fort, schlägt nicht nur kapital aus einst empfangenen meriten, sondern weiß auch unter eigenem namen zu gefallen. an seiner seite ein gitarrist, der in seinem heimatland eine künstlerikone, in hiesigen gefilden aber eher noch ein unbekannter ist, cato salsa, am rechten flügel an orgel und e-piano ein weiterer mitstreiter, so stellen sie dem abend, stellen sie der nacht einige fragen. aber vor allem gelingt ihnen ein melancholischer, ein elegischer, geradezu feierlich abschluss dieses tages. høyem mittlerweile gewohnt ohne haar, dafür stilvoll gekleidet, setzt seine akustische gitarre in szene, sich mit ihr, und doch ist es eher die introspektive, die hier zum ausdruck kommt. dabei bearbeitet er die wohlgeformte harmonie, die eine, auf der herumreitet, die er trimmt, wie es bewusster, wie es schöner für diesen moment nicht sein könnte. dominierend aber eine stimme, die sich warm und nachdrücklich in die herzgegend schmiegt, den beredten muskel umfängt und auf leichten wogen wiegt. die nacht greift mit leisen tatzen nach uns und im gartengeviert breitet sich sehnsüchtige stille aus. (aber hat er uns tatsächlich mit springsteen in die betten geschickt?)


auch der dritte und letzte festivaltag verlangt nach einigen rückblicken. die freude war groß und ernst gemeint, dass sich zu so früher stunde ein areal füllte, welches man auch weniger voll wähnen konnte. ein surprise act ist eben nur ein surprise act. oder ist wie im vorliegenden fall ein außerordentlicher überraschungsgast. nicht nur dass zu knyphausen ein alter obs-bekannter ist, er ist mittlerweile deutschland weit ein oft und gern gesehener gast. seine auftritte sind in aller regelmäßigkeit ausverkauft, umjubelt und stets positiv reflektiert. was seine gründe hat. er scharrt musiker um sich, die nicht nur handwerklich versiert sind. sie können gisberts liedern die sporen geben, sie können weise untermalen, sie können differenzieren.


und da sind natürlich diese lieder selbst. die mitgesungen werden können. nicht nur weil sie schmissige zeilen enthalten, sondern weil sie eine stille weisheit in sich tragen. eine weisheit, von der man ahnt, dass man sie selbst besitzt und doch nicht über die lippen bekommt. weil man die worte nicht kennt. gisbert zu knyphausen kennt sie aber und teilt sie mit. und diesmal tut er es konzentriert, ganz an sich und seine aussagen gebunden. eine einheit, der nur schwer beizukommen wäre. ein viel- und zurecht umjubelter auftritt.


dass der auftritt der heißsporne von leoniden 20 minuten zu früh endete, störte im auditorium nicht wirklich jemanden. und zwar nicht, weil das konzert so schlecht war, nein, weil es in seiner kürze durch kalkulierte würze bestach. fünf jungspunde, die wirklich gar nichts anbrennen ließen, die von der ersten minute an krachposten, dass es eine helle freude war. einen gewöhnungsmoment später war man teil des programms, weil man sich angestachelt fühlte von der ungefesselten energie. dort das herzhafte drumming, schweißtreibend, roh, unbändig, hier die fulminanten klöppeleien, elektrosperenzchen und letztlich das spiel des springinsfelds an der gitarre. der behopste nicht nur die bühne oder enterte die bühnenbox, er katapultierte sich auch auf die treppe zum balkon, hüpfte schließlich auch auf diesen, hielt kopfwärts an der nahestehenden wand inne und kehrte wie aufgezogen zurück.


immer wieder klopfte er mit seinem instrument die balken der bühne auf standfestigkeit ab, warf das ihm zugedachte mikro um, und fand glücklicherweise in person von veranstalter und produktionsmanager helfende hände, die ihm das hilfsmittel immer wieder zusammenbauten und zur verfügung stellten. doch der kerl band eben nicht nur personal, sondern auch aufmerksamkeit. ein großes hallo ließ sich in den gesichtern der zuseher abzeichnen. das war zu früher stunde ein ordentliches ausrufezeichen. noiserock mit anleihen zu elektro, lichten rapeinlagen und vor allem schauerlich erfreulichem rock sorgte für zuckungen und jubelrufe. im nachhinein hieß es, es hätten eh nicht mehr songs zur verfügung gestanden, um ein längeres programm zu bieten. es hätte aber auch eine blutende nase oder eine aufgeplatzte lippe pate stehen können, um eine begründung für die kurze nummer abzugeben. denn dass diese veranstaltung ohne verletzungen über die bühne ging, ist wahrlich erstaunlich. abschließend nicht zu vernachlässigen ist der sänger. sein gesang war sehr energisch, aber gekonnt inszeniert und fesselte die vielfachen elemente und gab den songs der band einen konzeptionellen grundgedanken. da er auch ein loser geselle war, hier einen platz einnahm, dort einen anderen, fand sein gitarrist einen freund in der ungezügelten lasterhaftigkeit. schön übrigens anzusehen, dass es eine ordnende hand auf der bühne gab. wenn Ihr sie sehen könnt, achtet darauf, spannend.

man möge dem rezensenten verzeihen, dass er nicht allem habhaft wurde, was in diesen drei tagen angeboten war. unsere kultur setzt auch andere zeichen und so zwang mich das geschundene leder vor den fernseher einer fußballkneipe, um dem treiben des kiezclubs zu folgen, um der strittigen hoffnung standzuhalten, dass wir uns in der liga halten, die wenigstens auch im neuen jahr ein wenig aufregung verheißt. sea and air, die eine unheimlich lange aufbauarbeit zelebrierten, die ihnen hoffentlich erfolgt brachte, und charity children, gingen leider durch die lappen. andere aber werden berichten. ach ja, der support hat genutzt, die stunden vor dem tv trugen einen lohn in sich.


einen heiligenschein über diesen auftritt bitte. auch wenn die blendende sonne über allem thronte,so verdient die show des amerikanischen dreiers the wood brothers ein besonderes ausrufezeichen. die eindringlichkeit, die harmonientreue bei gleichzeitiger professionalität und einem unheimlichen charme zog an. mussten auch erst einige nummern über die wiese ziehen, waren alsbald alle gefesselt. frenetischer applaus zeugte von einem begeisterten publikum. das reagierte nicht nur auf launige ansagen, sondern vielmehr auf eine musik, die sich aus tradition speist, die aber die wachheit besitzt, um dem gestern ein schnippchen zu schlagen. ein frontmann, der die gitarre beherrscht wie kein zweiter, der stile umreisst und von spielarten weiß, von denen vorher keine wusste. der rocken kann und folken darf, der den bues mit und ohne flaschenhals beherrscht, der jaulen lässt und jaulen kann und mit den hunden ausgang übt.


an seiner seite ein alter fahrensmann am bass, der längst bewährt unter anderen köpfen diente und hier den stolz des standup instruments zurückholt, wenn er denn je verloren gegangen war. weder tollkühn, noch schlaftabletten, dafür angemessen pikant, das schlagzeugspiel des dritten kompagnons, das sich einfügt wie der nackte fuss in warmen strandsand. kompakt der sound, aus dem heraus aber jede note sticht wie hafer im stroh, so dass man beständig gefesselt, gebunden war an diese großartigen songs. wer die chance erhalten sollte, the wood brothers in naher oder ferner zukunft sehen zu können, ist aufgefordert sie nicht zu verpassen. grandios!

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