manchmal braucht es eben ein bißchen. mit sea wolf wollte man nicht so schnell warm werden. etwas zögerlicher applaus zollte dem tribut. doch mit andauerndem auftritt legte sich die vielleicht gegenseitige reserviertheit. schließlich gab es musik mit intention, mit intensität, mit freude an der kunst zur songgestaltung. im wahrsten sinne des wortes wurden lieder geschaffen. mit geringen mitteln, einer harmonien bereitenden gitarre, einer dem rhythmus anbedungenen gitarre (scott leahy) und einem e-pinao (lisa fendelander), das die soundsüße enthielt. lebendigkeit erreichte die musik aber erst durch den von zweifeln bereinigten gesang von alex brown church. ohne feierlickeit, ohne überzogenheit, ohne karitative strenge beherrschte er die nummern. sein wacher blick schweifte dabei immer wieder durch die reihen, als böte er sich an, als würde er es schwer bedauern, wenn man hier, zu diesem zeitpunkt nicht zusammenfinden würde. und es gelang ja schließlich auch.
die sparsamen, aber akzentuierten lieder zogen einen faden mit sich, der sich von hand zu hand legte und alsbald ein tross bildete, an dem sich die zuschauer festhalten konnten. nun kamen sie mit, nun war man eins, nun waren anfängliche verlegenheit und distanz längst vergessen. keine versprechen, aber ein gemeinsames jetzt. mit melodien, die wach sind und bleiben können. man hatte das gefühl, als zögen sich die drei personen auf der bühne immer weiter zurück, als böten sie den songs immer mehr platz, so dass der zuhörer durch nichts abgelenkt werden könnte. während bei anderen das eigene gebahren platz benötigt, stellten sich hier drei musiker ganz in den dienst ihrer zu liedern geformten noten. wunderbar.
die zitate der großen hängen in der luft. blind willie mctell, woody guthrie, vom einen blues, der die runde macht, ist die rede, und man glaubt dem jungen kerl mit dem fransigen haar. nicht weil er das alter, nicht weil er das maß mitbringt. aber weil er authentisch ist. weil er sich in die welt begibt, die vor ihm andere beschrieben, beschritten haben, weil er ihr erbe mit bedacht aufnimmt und nach seinem gutdünken gestaltet, ohne gefahr zu laufen weder epigone noch weichzeichner zu sein. im gegenteil ist die fast schon unbeherrschte livevariante des programms von kill it kid ein wohliger aufreger. was ungestüm und herzhaft klingt, hat eine tiefe weisheit, eine klare ausgerichtetheit und einen plan. die gitarre schwingt sich auf zum jüngsten gericht, wird dank bottleneck zum jubilieren gebracht und fährt über die stabilen saiten zurück in orpheus heiße stube. dort wird das schweißtuch kurz ausgewrungen, um anzusetzen, wo man gerade erst aufgehört hatte.
unterhaltsam ist die show, die sonne verliert sich gerade hinter den weserbergen, gleißend ist es auf der bühne genug. hinter der schießbude von marc jones bricht der schweiß aus, die coolness des bassers dom kozubik gereicht nicht, um das eigene spiel einzudämmen, die partnerin in crime stephanie jean hämmert der orgel einige ordentliche narreteien aus dem plastikleib und dem frontmann chris turpin steht dieses leben ins gesicht gezeichnet. wie er sich den mumm abringt, um schleuderweise saftige tonfolgen abzufetzen, ist eine helle freude. dem uk sollte um den blues nicht bange werden, hier gibt es emsige erben. auch wenn nicht alles gelingt, so ist doch auch gerade diese tatsache dieser spielart immanent. oder nicht? das leise spiel, zu zweit singen die beiden hauptakteure zur quäkenden gitarre nummern, entzweit. aber was musikalisch nicht ganz ohne befund bleibt, das wird durch das optische wett gemacht, wie der mann hinter uns ganz sicher weiß.
musik spricht uns ja nicht nur in intellektueller hinsicht an, sie bedient durchaus auch die niederen instinkte. wenn man dem sänger von the slow show folgte, der mit einer bassbewährten stimme antrat, die den tiefen tönen einen namen gab, war sicher der eine oder vor allem die andere in mark und bein getroffen. die wirkung war vollkommen, als zöge ein sturm durch ein haus mit geöffneten fenstern und türen. dazu beschrieb sich eine musik, der das elegische wie das dynamische liegt, die sich befähigt sieht, dem schmalbrüstigen burschen in der front einen halt zu bieten, damit er sich nicht in der introspektive verliert. wie zum beschwören hält er die hände über den lauf der gitarre oder streckt einzelne finger gen himmel. kurze abgehackte halbsätze fallen ins rund, manchmal klingen sie wie nicht zu ende gesungen. später, als der energiegeladenere teil des programms folgt, werden die vokalen anteile auch etwas intensiver, weil andauernder, so dass sich die stimme entfalten und ihre hohe sensibilität freisetzen kann.
jetzt kann man sich in der musik deutlich besser wiederfinden und entledigt sich des gefühls, dass die nummern zuvorderst den sänger bedienen. aber nein, er ist nur um kontrolle bemüht, zeigt sich dem publikum zugewandt und ist erfreut ob der begeisterten rückmeldungen. das erste set ist recht kurz, umso ausgiebiger wird die zugabe zelebriert. noch einmal wird fahrt aufgenommen, eingestiegen in eine ganz eigene popfolkloristische welt, der ein feinsinniges e-piano, eine trompete und eine pulsierende rhythmusfraktion zur seite sehen. die deutlichsten akzente aber kommen von einer vorn links postierten e-gitarre, die so feine linien zeichnet, oft stolz dagegen hält oder gar eigene kreise zieht, dass man ganz genau hinhören muss. ein feierlicher abschluss, fürwahr, noch einmal reflektieren zu können, noch einmal in sich gehen, noch einmal über den gedanken stolpern, dass schon wieder schluss sein muss. the slow show haben das hiesige publikum erobert, wie sie es bereits auf ihrer ausgedehnten tour getan haben. sie beherrschen die leisen töne, dann genügt es, wenn zwei gitarren aufblitzen und ein gesang, der frau und mann bewegt, anschlägt, sie können aber auch sehr gut im kollektiv, wenn die ausgesuchten elemente greifen und sich auftun herzen zu erobern.
abschließend noch einmal ein herzlicher dank an die veranstalter für ein rundes programm und eine über jeden zweifel erhabene organisation!
in sternen etwa so:
the wood brothers ****1/2
she keeps bees ****1/2
sea wolf ****
baby in vain ***1/2-****
east cameron folkcore ***1/2-****
easy october ***1/2-****
rocky votolato ***1/2-****
cub and wolf ***1/2-****
money for rope ***1/2
kill it kid ***1/2
leoniden ***1/2
gisbert zu knyphausen ***1/2
the dead south ***1/2
the slow show ***1/2
husky ***1/2
sivert hoyem ***1/2
musée mécanique ***1/2
little hurricane ***1/2
the great bertholinis ***-***1/2
annenmaykantereit *** - ***1/2
2 Kommentare:
Feine Berichte und schöne Fotos.
Danke + viele Grüße,
Gerhard
danke!
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