so gänzlich neue planeten oder gar frische sonnensysteme entdeckt man im mittleren lebensalter kaum mehr. dafür sind die von schleiern behangenen augen zu fixiert, die immobilität zu ausgeprägt, die persönliche strebsamkeit gehemmt. da musst du dich schon enorm strecken, um allein auf deinen beobachtungsposten zu kommen. und wenn der einige tage verwaist geblieben ist, trauerst du den verpassten momenten kaum mehr nach. die zeit verstreicht, das moos trocknet zu müden klumpen und alles bleibt auch ohne dich in bewegung. wenn einer aber an dich herantritt, kurzerhand kleinsthölzer zwischen deine lider steckt und deinen blick auf neues lenkt, da regt sich was, da regt sich doch noch etwas. mit einem schwung des ausgestreckten armes wird die schreibfläche leer geräumt, der atlas aufgeschlagen und mit dem finger gen schweden gereist. stockholm, mälarstrand, hammarby und schließlich nach riddarholmen, einer insel mitten in der hauptstadt, dort suchen wir den bezirk södermalm auf und entdecken das viertel sofo. hier haust, kampiert, flaniert und existiert die vitalste musikszene unserer nördlichen künstlerkonkurrenz. namen? the concretes. friska viljor. peter bjorn & john. shout out louds. mando diao. usw. humus für die großen ernten. fügte man an, wenn man sich auch noch über die wesenheit des nordmannes gedanken machen wollte. wollen wir nicht. wir hören lieber gleich bei nervous nellie rein, die hier genauso zuhause sind, wie sie am bunten treiben partizipieren und teil dieses beneidenswerten kommunelebens sind. ihr drittes album hört auf den erstaunlichen ausruf „why dawn is called mourning“ und erschien am 19.03.10 auf hazelwood vinyl plastics. wem bisher die existenz dieser zwei brüderpaare, macht am ende vier leutchen (anm. die redaktion), entgangen war, braucht sich nicht zu schämen. denn aufholen kann man allemal. „don’t think feel“ und „ego and the id“ hießen die vorgänger in 2006 bzw. 2008. pop, und da werden echt die großen melodien angestrebt, folk, wie er sich akustisch und feinziseliert gibt und die ängstliche note des weltfremden schweden, festgemacht am fehlenden ausscheren, dem verkopften gesang und natürlich am bandnamen, bilden die ingredienzien dieses longplayers. in beispielen und nur als angebot gedacht:
01) final day: die entdeckung von neuland beginnt genau so, leichte pianospuren, gezogen auf satter erde, die sich wie butter spaltet, gitarren, die den weg säumen, des sängers organ, in begrüßung verharrend, sämiger chor, und doch: "our final day", aber es geht ja weiter... "every night",
02) ol’ seminole: großer pop, stampfend der beat, elegisch der refrain, flottierend die bridge, es knallt aber nie wie bei den großen, das geheimnis dieser schweden ist das understatement, selbst nach dem gurren müssen sie nicht wie die tauben steil in den himmel starten, sehr sympathisch,
03) long as can be: sanft schippert die hölzern instrumentierte kogge, rau nur der gesang, wie er flächig über die planken zieht und sich gelegentlich erhebt, doch die winde spielen mit und böllen sich in den steifen, weißen segeln auf, volle fahrt voraus!,
04) bee hive: zu so einem beginn spornt man seine stiefel und verlässt den einen teil dieser welt, um den anderen zu erobern, alles zurücklassen unter dem gleißenden licht dieser hellen gitarre und dem ermunternden gesang, kann funktionieren, etwas holperig der weg, im stolpern sind ja fall und wieder aufstehen inbegriffen,
05) some time: walzt versonnen unter den fittichen eines trägen saiteninstruments, eine schläfrig pumpende orgel begleitet, "i'm not falling to pieces just yet, give me some time, i don't have all the pieces just yet, give me some time", im refrain mutigeres anklopfen, löbliches mutmachen,
06) road song: sehnsuchtsschwanger schleicht der song heran, seziert die einzelnen elemente seines grundstocks, im schütteren twang die gitarre, zögernd die drums, aufbegehren mit "but i miss you so, on the open road", klar!,
07) meet me in the stars: könnte klage gellender gen himmel gestossen werden?, henriks stimme überschlägt sich an den manifesten,
08) smile of your own: galopp!, straff gehalten in allen momenten: die zügel, sehr erfrischend,
09) much to young: ende der siebziger, anfang der achtziger, als man den rock zu tode ritt und sich an blümeranten arrangements versuchte, da wäre auch dieser track zuhause, zur ehrenrettung: feine perkussion, exzellente klaviernote, gute absicht,
10) be asleep: ein stille delle im hochpolierten glanz der vielfachen harmonien, wohltuend,
11) west is the best: das gut sechs minuten lange stück, ans ende des album platziert, hoffiert noch einmal ausdrücklich des sängers stimme, seltener erhielt sie mehr platz zur entfaltung als hier, bis zum seligmachenden "huhuuu!".
kein neues sonnensystem entdeckt. aber einen kleinen planeten, von dem aus auch diese band startete. und im gepäck haben sie ein mehr als solides und vor allem ungekünsteltes, unverstelltes popalbum, das sich die notation auf stilvermengungen nicht nehmen lässt. so gelingt die anlehnung an americana, folk und ihre spielarten, der extrakt: flowerpop. fest im blick immer: eine tragfähige melodie, gekleidet in ein durchlässiges arrangement. daumen hoch.
nervous nellie - long as can be01) final day: die entdeckung von neuland beginnt genau so, leichte pianospuren, gezogen auf satter erde, die sich wie butter spaltet, gitarren, die den weg säumen, des sängers organ, in begrüßung verharrend, sämiger chor, und doch: "our final day", aber es geht ja weiter... "every night",
02) ol’ seminole: großer pop, stampfend der beat, elegisch der refrain, flottierend die bridge, es knallt aber nie wie bei den großen, das geheimnis dieser schweden ist das understatement, selbst nach dem gurren müssen sie nicht wie die tauben steil in den himmel starten, sehr sympathisch,
03) long as can be: sanft schippert die hölzern instrumentierte kogge, rau nur der gesang, wie er flächig über die planken zieht und sich gelegentlich erhebt, doch die winde spielen mit und böllen sich in den steifen, weißen segeln auf, volle fahrt voraus!,
04) bee hive: zu so einem beginn spornt man seine stiefel und verlässt den einen teil dieser welt, um den anderen zu erobern, alles zurücklassen unter dem gleißenden licht dieser hellen gitarre und dem ermunternden gesang, kann funktionieren, etwas holperig der weg, im stolpern sind ja fall und wieder aufstehen inbegriffen,
05) some time: walzt versonnen unter den fittichen eines trägen saiteninstruments, eine schläfrig pumpende orgel begleitet, "i'm not falling to pieces just yet, give me some time, i don't have all the pieces just yet, give me some time", im refrain mutigeres anklopfen, löbliches mutmachen,
06) road song: sehnsuchtsschwanger schleicht der song heran, seziert die einzelnen elemente seines grundstocks, im schütteren twang die gitarre, zögernd die drums, aufbegehren mit "but i miss you so, on the open road", klar!,
07) meet me in the stars: könnte klage gellender gen himmel gestossen werden?, henriks stimme überschlägt sich an den manifesten,
08) smile of your own: galopp!, straff gehalten in allen momenten: die zügel, sehr erfrischend,
09) much to young: ende der siebziger, anfang der achtziger, als man den rock zu tode ritt und sich an blümeranten arrangements versuchte, da wäre auch dieser track zuhause, zur ehrenrettung: feine perkussion, exzellente klaviernote, gute absicht,
10) be asleep: ein stille delle im hochpolierten glanz der vielfachen harmonien, wohltuend,
11) west is the best: das gut sechs minuten lange stück, ans ende des album platziert, hoffiert noch einmal ausdrücklich des sängers stimme, seltener erhielt sie mehr platz zur entfaltung als hier, bis zum seligmachenden "huhuuu!".
kein neues sonnensystem entdeckt. aber einen kleinen planeten, von dem aus auch diese band startete. und im gepäck haben sie ein mehr als solides und vor allem ungekünsteltes, unverstelltes popalbum, das sich die notation auf stilvermengungen nicht nehmen lässt. so gelingt die anlehnung an americana, folk und ihre spielarten, der extrakt: flowerpop. fest im blick immer: eine tragfähige melodie, gekleidet in ein durchlässiges arrangement. daumen hoch.
25.03.10 Berlin (DE) Astra (w/shout out louds)
26.03.10 Dresden (DE) Reihallen (w/shout out louds)
27.03.10 Munich (DE) Backstage (w/shout out louds)
28.03.10 Zurich (CH) Mascotte (w/shout out louds)
29.03.10 Frankfurt (DE) Mousonturm (w/shout out louds)
30.03.10 Cologne (DE) Live Music Hall (w/shout out louds)
01.04.10 Salzburg (A) Rockhouse (w/shout out louds)
02.04.10 Leipzig (DE) Ilses Erika
3 Kommentare:
LK Deutsch? Vertiefung: "Die Verwendung poetischer Phrasen und Metapher in Musik-Rezensionen" oder so ähnlich? Mann, da haste aber mächtig ausgeholt. Fein zu lesen. Macht einem die Musik schon sympathisch, ohne sie überhaupt gehört zu haben. Die spielen übrigens am Montag in Frankfurt, muss ich da jetzt hin? Tags darauf die Magnetic Fields. Hmmm. Schwere Entscheidung (beides geht aus familiär-taktischen Gründen wohl nicht)...
beide lohnen, denke ich. die fields habe ich bereits gesehen und es war ein segen. nervous nellie sind live sicher klasse.
Höre gerade "Don't Think Feel". Great stuff. Die neue Scheibe gibbet leider noch nicht auf eMusic. Entweder ich hole sie mir aufm Konzert oder bei A'zon. Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass sich das lohnt. Dem Spital sei Dank!
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