Freitag, Juni 14, 2013

neue töne (1295): paul colilli


gerade das zweite oder dritte mal, dass ich mir "hieroglyphs of the soul" vornehme und schon kann ich mitsummen und mich porentief erinnern. in dieser ausgewachsenen form habe ich das eher selten. doch die elf tracks des zweiten solooutputs von paul colilli gehen ganz unmittelbar ins ohr. immer wieder habe ich dabei die vokabeln "altmeisterlich" oder "routiniert" im kopf, ohne dass ich diesem werk in irgendeiner form entsagen wollte. im gegenteil möchte ich hervorheben, dass hier jemand seine kunst versteht und sie genau auf den punkt bringt. popsongs, die sich einer mäßigen roughness bedienen und stets treulich dem harmoniegedanken folgen. "the alchemical jesus" etwa mit seinem mitsingrefrain hat ohrwurmcharakter. doch die messlatte ist noch viel höher. etwas artrockiges schiesst immer wieder ins getriebe, verzögert, lässt driften und ausschweifen. so fallen auch die musikalischen einflüsse colillis nicht weiter auf, es sind neben den beatles und brian jones' rolling stones, syd barretts pinkl floyd, nico und velvet underground auch procul harum, soft machine, king crimson und einige mehr aus diese ära. kinks, faust, can addieren sich, daneben klassische musik, auch einiges aus den vierziger und fünziger jahren sowie experimentelles.


paul colilli ist aktuell aber zuvorderst aber erst einmal eines: er arbeit als professor für mittelalterliche und literatur und philosophie der italienischen renaissance und des mittelalters. d.h. er kann sich vornehmlich nachts seiner künstlerischen ambition widmen, wobei, so betont colilli, sich beide fächer gegenseitig befruchten. analogien finden sich beim schreiben von büchern und artikeln bzw. von alben und songtexten. wort- und klangbilder haben ihren ursprung, ihre quelle in einigen der philosophischen und literarischen traditionen. doch die ersten pfründe liegen eindeutig bei der musik begaben. colilli hätte man auch als gründer der proto electropunk band simply saucer kennen können. er war zudem mitglied der neuro angels, später nahm er solo unter dem moniker orpheus in the underground auf. nach einigen jahren pause reaktivierte colilli seine musikalischen aktivitäten und brachte 2011 das album "psycho scared music" heraus. dem folgt nun "hieroglyphs of the soul, für das der releasetermin auf dem 11. juni liegt.
colilli macht musik seit den siebziger jahren und muss auch als zeitzeuge wahr- und ernstgenommen werden. mit simply saucer, so weist er heute noch darauf hin, sei ihm / der band seinerzeit etwas revolutionäres gelungen. mit eigenen worten aus einem interview, das er im letzten jahr gegeben hat: "as i recall, now we are talking about 1973, we had totally deconstructed the traditional song and instrumental structures to the point where we were producing an uncompromising and savage form of industrial ambient sound. the saucer were decades ahead of their time. or, put in a different way, the saucer were musicological heretics, something of which i am very proud to this very day."
mit seiner musik versucht colilli immer wieder, den hörer in eine art trance zu versetzen. das bis dato noch nie gehörte soll narkotisierend wirken und den betreffenden in einen anderen zustand der bewußtheit transportieren. ob das gelingen mag, werdet Ihr selbst überprüfen. via bandcamp könnt Ihr vorab testen und im nachgang auch gern den tonträger kaufen. ich bin begeistert vom harmonienreichtum, der finesse der arrangements und auch von colillis gesang, der in gewisser trocken und zugleich etwas verschmitzt daherkommt. oft werde ich an elvis costello erinnert, der gern auch verwegenes setzt, ohne dass er den pfad der eingängigkeit allzu weit verlassen müsste. tip!


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