Mittwoch, April 30, 2008

konzert: alela diane, mariee sioux, 29.04.08

teil 2

es ist gegen 22:00 uhr, die lautstärke, erzeugt durch mannigfaltiges gespräch, nimmt wieder zu, gläser klirren, pilsflaschen werden von kronkorken befreit, ich entledige mich meiner jacke. es wird warm.

da hatte man also die labelmates gemeinsam auf große reise geschickt. mariee sioux und alela diane, beide veröffentlichen auf grass roots records, der in ihrer heimatstadt nevada city ansässigen company, absolvieren vier stationen in deutschland, nachdem sie aus schottland kamen und später mit brighton und seinem festival ihre rückkehr auf die britische insel feiern. mariee sioux machte in 2007 mit ihrem debutalbum "faces in the rocks" all jene auf sich aufmerksam, die das universelle und zugleich magische in der musik aufspüren (wollen), während alela diane 2006 mit "the pirate's gospel" ein lang gehütetes geheimnis freigibt.

unaufmerksam werdend, dem langen arbeitstag tribut zollend, hätte ich fast verpasst, wie mariee sioux auf die bühne schleicht, um am boden nestelnd betriebsamkeit vorzuschützen (ich konnte nicht genau sehen, was sie dort tat.). sie erhebt und zeigt sich. des freundlichen, feingezeichneten gesichts wird man gewahr und der reinheit, dem anmut dieser kleinen person. die leicht aufgeworfenen lippen erzeugen ein lächeln und begrüßen alsbald die lose verteilten menschen, die sich umgehend, wie von einem gummiband gezogen, zu einer dichten traube versammeln. vor uns steht ein wesen wie von einem anderen stern. gewandet in einen gardinenstoff, ein rock in beige und ein dunkelbraunes shirt, über das in weiß eine art westover gezogen wurde, sandalen an den füßen. alles unterstreicht die zartheit dieser person. mariee stellt sich vor und beginnt ihr kurzes set. es enthält nur vier lieder, die aber ihren zauber, den sie schon auf sioux' album entfalten, live ebenso ungestört entströmen lassen. schuld daran ist die weiche und farbige stimme mariees, die koloraturen erzeugt und sich weitet, dem narrativen charakter ihrer lieder erliegt und sich in höhen schwingt, wo sie sicher und gekonnt die absturznahen wege bezwingt. manchmal spürt man ein zittern, als blicke sie hinab und als sei sie erschrocken angesichts der tiefe. aber sie ist in ihren geschichten zuhause, und es gelingt ihr, die zuhörer zu fesseln. gebannt sieht ihr das rund auf die lippen und ist entzückt von ihrem variablen, außergewöhnlichen fingerpicking. ausdrucksstark der gesang und ornamentierend und zugleich eine art parallelerzählung aufnehmend das gitarrenspiel. besonders schön gerät mariee sioux "two tongues at one time". ich versinke und es ist ein fallen ohne halt. über minuten zieht sich dieser zustand der kontemplation und konzentration. ohne hall, ohne die schon vertrauten flötenklänge, jedoch angesicht zu angesicht wird die konfrontation mit mariee sioux zu einem sublimen erlebnis. "friendboats" erklingt und vergeht, die junge dame verlässt unter schwerem applaus die bühne.

der personalwechsel vollzieht sich innerhalb weniger minuten. und nun steht alela diane vor uns. sie wird gemessen an ihrer vorgängerin. und größer könnten die gegensätze nicht sein. hier die strenge im profil, dort die weichen, runden züge. hier die fast schon rittmeisterliche kleidung mit bluse, jeans und schaftstiefeln, dort die hippieske leichtigkeit. hier das zögerliche, verstohlene lächeln, dort die herzlichkeit und unvoreingenommenheit. doch alela diane macht aus ihrem herzen keine mördergrube. mit hinweis auf ihren nachnamen 'menig' verdeutlicht sie ihre zugewandtheit deutschland gegenüber und freut sich über die auftrittsmöglichkeiten. gleichzeitig bezeugt sie ihre sehnsucht nach hause, da sie bereits seit geraumer zeit toure. außerdem hatte sich am vortag der vater vom tourtross verabschiedet, seine schneidigen gitarrenriffs würde sie vermissen. vermutlich auch seinen beistand. doch den hatte sie nicht nötig. ihr lächeln ergriff die umstehenden und nahm sie für sich ein. ihr "thank you!" war herzlich und ehrlich. ihr beginn mit "pieces of string" mehr als gelungen. ihr geschliffenes spiel auf der schon viele jahre alten gitarre, die zwischendurch immer wieder getrimmt, sprich gestimmt werden musste (wofür sie ein am boden liegendes, elektronisches stimmgerät benutzte, welches die korrekt justierte saite mit einem grünen lämpchen begrüßte), unterstreicht ihren vortrag wie sich ein fein geschwungenes, arabeskes blatt in eine duftende blüte fügt. die kräftige, reife stimme, das ernste, im vortrag verharrende gesicht. der wandel in den zügen, wenn sie ein lied beendet und sich lächelnd artig beim publikum bedankt. mit "dig grass" gibt sie ein noch junges lied zum besten, das wie alle anderen der sängerin zur ehre gereicht. mariee sioux betritt nun wieder die bühne und begleitet mit zweitstimme ihre kollegin. so intonieren sie "tired feet" und "tatted lace". die wohligen schauer, das erzwungene atmen, das aufstellen der härchen auf dem unterarm, lauter verweise auf einen in den bann gezogenen zuhörer. es erging den umstehen nicht anders. der beifall war brandend, pfiffe und rufe, erhellte gesichter. mit "the cuckoo" greift alela auf vergangenes zurück und gemeinsam mit mariee singt sie dieses traditional inbrünstig, bewegt. "to be still", "white as diamonds" und "the rifle" lassen kaum wünsche übrig. "dass "the pirate's gospel" nicht gespielt wird, hätte man ahnen können. zu sehr hebt es sich vom restlichen songmaterial ab, zu sehr bedarf es zusätzlicher instrumentaler untermalung. "oh my mama", diese liebevolle hommage: "oh my mama, she gave me these feathered breaths, oh my mama, she told me use your voice, my little bird", beschloss das set alelas. nun stand sie wieder allein auf der bühne und lächelte breit angesichts enthusiastischer fans. die konnten sie nach verbeugung und abgang auch wieder bewegen zurückzukehren. "lady divine" erklang und noch einmal wurde es still und nur die gitarre und das bewegliche organ alela dianes bestimmten das für und wehe dieses moments.

ein paar worte, blicke, lächeln. die herzlichkeit dieser beiden jungen frauen nehmen wir mit in die nacht, in den nächsten tag und vermutlich wird das wissen um sie uns einige zeit länger wie auf flügeln tragen. danke.

mariee sioux - two tongues at one time
mariee sioux - wizard flurry home
alela diane - rifle
alela diane - pieces of string

2 Kommentare:

Oliver Peel hat gesagt…

Glänzend wird hier die Mimik von Alela beschrieben, der Wechesl von dem streng wirkenden Gesichtsausdruck zu dem herzlichen und ansteckenden Lächeln in den Pausen. Bei meinem Fotoset kann man das wundebar nachvollziehen.Auch äußerst gelungen ist das Erörtern der unterschiedlichen Charaktere der jungen Damen. Was mich allerdings in Paris verblüfft hat: Mariee ist einige Zentimeter größer als Alela. Das ist mir erst später am Merchandising Stand aufgefallen, als die beiden nebeneinander standen. Auch Du nahmst wohl an, daß Marie die kleinere war, zumindest folgere ich das aus Deiner Beschreibung. Schade, daß Alela's Vater nicht dabei war, der hat in Paris für Schwung gesorgt. Dann war wohl auch Matt Bauer, der Mann am Banjo, nicht anwesend?

Wie auch immer, ich vermute, daß Du einen herrlichen Abend hattest.

Deine Berichte zu lesen, ist eine Wonne, ein Genuß! Selten findet man im Internet etwas dieser Güteklasse! Weiter so!

E. hat gesagt…

ach, danke, oliver...

deinen bericht muss ich gleich noch mal nachlesen. die erinnerung ist trübe. matt bauer und alelas vater hätte ich gern gesehen. ein etwas dichterer sound, so wie man ihn von scheibe kennt, ist sicher nicht ohne reiz.
matt bauer hat übrigens jüngst bei hinah (.com) seine spuren hinterlassen.