Mittwoch, Mai 27, 2015

konzert: orange blossom special festival 19, teil 3


musée mécanique sorgten für einen einvernehmlichen abschluss des ersten festivaltags. die portlander band um die beiden songwriter micah rabwin und sean ogilvie entfachte einen ganz eigenen zauber. ihr einlullender folk korrespondierte hervorragend mit dem lumineszierenden licht der vielfachen beleuchtungskörper. etwas diffus und in uneindeutigkeit beständig, in der schwebe haltend und gleichmut erzeugend. nach all der aufregung der letzten bands war dies ein perfekter downer. die synthies trugen verantwortung für den soundbogen, das e-piano für den harmoniesegen, die akustische gitarre für akzente und das dynamische schlagzeugspiel brachte eine wohltuende belebung mit ein. rabwin und ogilvie wechselten sich am mikrofon regelmäßig ab und sorgten für unterschiedliche stimmliche klangfarben.


hier etwas lichter, dort etwas geerdeter. beiden ist gemein, dass sie sich tauglich zeigen für eine musik, die so sacht und sorgsam gestaltet ist, so einvernehmlich und bedacht vorgetragen wird. hier brauchte es keine waghalsigen gemüter, es genügt der sparsame angang, der sich an das formschöne setzen von note für note bindet. wenn die ausgestalteten songs dann allerdings an größe zunehmen, anschwellen, anheben, wenn die refrains in hymnischer form gestalt annehmen, dann, ja dann können auch die gesangsorgane ausgefahren werden, volumen zeigen. die performance des vierers wurde so zu einer demonstration einer spielart, die noch lange nicht ausgedient hat. bereits totgesagt, weitet sie die stilgrenze ein ums andere mal. musée mécanique haben dies erst jüngst mit ihrem album "from shores of sleep" bewiesen, von dem ein großteil der dargebotenen lieder stammte. formschönheit gepaart mit akkuratesse.


am ersten tag tummelte sich alice phoebe lou zweimal auf der minibühne. wir haben sie leider verpasst, können uns aber sehr gut vorstellen, dass sie sich viele freunde gemacht haben wird. an anderer stelle wird man sicher auch von ihr lesen können.


weiter geht es mit dem zweiten tag, der bereits um halb zwölf zu beginnen gewillt war.
als ich vor vielen jahren im interview nach aussagen gierte, stand doch nie im raum, dass man sich in weiter ferne mal von angesicht zu angesicht gegenüber stehen würde. dem damals aktuellen musikgeschehen entfremdet, sollten sich die bühnen noch zieren, jessica und co. zu empfangen. doch die jahre gingen ins land, der blues wurde gebundener, die anstellung im rock publikumsfreundlicher, die booker wacher, die label beschäftigter mit she keeps bees. dominiert von einer sängerin, die mehrerer gangarten mächtig ist, entfaltet sich musik weniger in den raum, als direkt im hörer. wie wind durch die nasenlöcher saugt man den reifen geruch in tönen ein, dass im inneren eines jede aufnahmebereiten eine entpuppung stattfindet. musik breitet sich aus und umarmt die organe, verbündet sich mit dem kapillarsystem und hat längst die bereiche überwunden, die einen schutzpanzer bildeten, um ungerührt, unberührt zu bleiben.


jessica larrabee kickt ass die distanz in windeseile. sie hält einfach ein plauderstündchen, macht witze, ziert sich ein wenig, kokettiert. ist es warm genug, um sich auszuziehen? warum kann sie die pedalseinstellungen nicht sehen, die sonne blendet zu sehr. endlich sind die fotografen weg. ständig habe sie angst, dass man die unreinheiten in ihrem gesicht entdecken könnte, man sollte auf photoshop setzen. auf tour sei die persönliche sauberkeit sowieso zweirangig. und so weiter. plötzlich setzt sie wieder auf musik und zwingt sich in ein knochentrockenes konzept aus pointiertem schlagwerk dank ihres partners andy laplant, aus einigen akzentuierten pianotupfern (ein neues, junges, weibliches bandmitglied bedient das instrument) und aus griffiger gitarrenschule, von der hand jessica larrabees höchstselbst.


dem voran steht aber ein gesang, der so eindringlich wie alsbald berauschend ist. kaum zu glauben, dass der dreier derart hohe bindungstreue verspricht. zu einfach die konstellation, wähnt man. doch die stumpfen akkorde, die maßgenauen anschläge, die sehnigen harmonien sprechen eine andere sprache. der spielarten viele breitet sich eine musikalische landschaft aus. man bedenke den verhaltenen groove von "breezy", da jessica die worte von den lippen kippten, oder den stampfer von "all or none/dark horse", den die frontfrau zunächst freihändig intoniert, oder "owl", dieses besinnliche strickmuster. jessi, will man rufen, häng diesem, häng jenem ton nach, halt an ihm fest. zu schön, wie sie mit diesem festen, starken organ auf den noten nagte. wunderbar!


husky waren die zweite band an diesem tag. die truppe konstituiert sich rund um die köpfe husky gawenda und gideo preiss, die an ihrer seite jules pascoe (bass) und aaron light (drums) wissen. sie spielten einen gemäßigten folk, stilistisch in einer rockformation aufgehend, einwandfrei. der bass fleißig, präsent und zuweilen stiffelig, das drumming behend, dabei pointiert und farben und durchaus treibend, wenn sích die gedeckten hymnen der australier erheben wollten.


die orgel jauchzte dann, des sängers stimme brach aus und empfing dafür ihren segen. doch kontrolliert blieb es allemal, zu sehr ist das ensemble auf perfektion getrimmt, ohne dass es schaden nehmen würde. im kollektiv bleibt man dicht beieinander und fährt die melodien gemeinsam ein, bringt sie in ein unstrittiges muster, eine fibel, aus der jeder lesen kann, die aber nicht jeder erstellen könnte. etwas unverfänglich sei die musikalie, meinte man, doch die schönheit, die klarheit, die reinheit dieses ausdrucks ringt respekt ab. der gesang ist frei, etwas zurückhaltend, das piano bebildert, transparent und aufgeräumt, und jammert, wenn es jammern muss, mit den anderen im chor. handclaps, rasseln und andere diverse perkussionsinstrumente werden hervorgeholt, wenn es verlangt wird, und das publikum erhält eine einladung zum mittun. die wurde gern angenommen. es war ein vermeintlich unscheinbares konzert, doch mit größe und mit selten angetroffener ausgewogenheit. auch das hat seinen reiz.


doch was wenig später baby in vain abzogen, rüttelte die gemeinde ordentlich auf. zumal man wohl damit nicht gerecht hatte. der dreier aus dänemark zog eine show der besonderen art vom leder. lola hammerich, andrea thuesen und benedicte pierleoni, so die hauptakteure, brachen die dämme mit einer fiebrig überbordenden mischung aus stonerrock, grunge bis hin zu sattem metal. derart dreckig und höllisch brisant hatte man eine mädelsdreierbande lange nicht erlebt. die gitarren wurden aufgerissen und in feinster manier aufgeschraubt, die riffs fetzten ins auditorium wie salven einer scutrakete. dazu gesellte sich ein gesang, der einem trunkenen kerl gut gestanden hätte, aber den verzerrten gesichtszügen einer jungen dänin entstammte. bis man sich ein wenig auf die konzeptionellen gegebenheiten eingestellt hatte, drosch bereits der dritte song aus den brüllgitarren mit feister unterstützung einer schießbude, von der her es krachte, blecherte und lärmte, dass es eine schau war.


wenn einmal innegehalten wurde, dann war es ein kurzes durchschnaufen, die drumsticks hölzerten auf, die gitarren gniedelten sich in eine temporäre trance, um alsbald mit etwaigen vorahnungen aufzuräumen. hier eine giftige, dort eine garstige, nicht unähnlich den gesangsstimmen der beiden damen da in der front. während auf der einen gitarre bassläufe befeuert wurden, sendete die andere melodiefetzen. im kreischen schien sich eine art erholung zu verstecken. ein wahnsinn! wer allerdings meinte, derart ungeschlachte musik käme beim publikum nicht an, der hatte sich geschnitten. baby in vain wurden mit begeisterung aufgenommen!

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