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Samstag, Juni 02, 2018

ryley walker - deafman glance (dead oceans, 2018)


die szenerie ist durchwirkt mit dem odem alter tage. auf abgestandenem wasser, in staubgetrübten gläsern ruhend, legt sich das licht zur nachtruh nieder. etwas gründenes, ein wenig zierart, im vordergrund ein freies gewerk aus gitarrentönen, ein flötenstaunen, gesang. schlicht und doch voller anmut, kunstlied, hippiefreude, americana, ein takoma-signal und am ende anti-folk? 
ein raunen, wenn jazzy die saiten springen, die melodie so leicht wie ein sommerregen. erstaunlich viel natur hier. eine offerte für organisches musizieren. hooks, und belebtes vorwärts. 
trommelschlag, ein weichen und zueinanderfinden. 

selten findet sich dieser tage so freies, ungebundes spiel, ohne sich im experiment zu verlieren. der groove ist kontrolliert, die bedingungen klar, der rock, wenn notwendig, bissig. ryley walker weitet das genre, so es sich eingrenzen ließe, verwirft plausibiliäten und räumt missverständnisse ein. dem hörer obliegt ein systematisches verfolgen des jammens, improvisierens und letztlich kanalisierens.

rhyhtmisch tollkühn, dynamik allerorten, feingliedriges instrumentieren, als durchschnitten silberfarbene fäden ein grobschlächtig hingeworfenes bild, dick aufgespachteltes, das sich bei näherer betrachtung zu einer traumlandschaft entwirft. sentiment ja, melancholie eher nicht, vielmehr befreiung, im gesang findet sich die alte stärke. und so bewundern wir entwicklung, wo es kaum eine zu erwarten gegeben hätte. mit seinem fünften album beweist der amerikaner, dass er längst zu den großen gehört.

hören wir noch einmal hinein: zart lächelnd wie die noten springen, ernsthaft der anschlag, das vibrieren der stimmbänder, der fade beat, der dem raunen der gitarren eine ahnung gibt, endlich ein erstes aufbegehren, das ordnung schafft, dann der schwung, das bewegliche unendlich!

ryley walker schaffte sich gemeinsam mit brian j sulpizio und bill mackay (jeweils e-gitarre), daneben agierten leroy bach (e-gitarre, klavier, keyboard), andrew scott young (kontrabass), matt lux (e-bass), mikel avery (drums), quin kirchner (drums) sowie nate lepine, (saxophone, flöte).
"deafman glance" erschien mitte mai auf dead oceans.

live: 24.07. münchen, milla

Samstag, April 07, 2018

thunderegg - cosmos (bleeding gold, 2018)


das vielschichtige wabern, das kreuzläufige mäandern, das griffige vorwärts - im kollektivgewand ist bewegung. angedockt haben süßholz raspelnder gesang und pfiffige lyrics, die verheißungen zunächst verstecken, erst einmal gilt es ihnen auf den grund zu gehen. wie man überhaupt thunderegg auf den grund gehen sollte. die band aus der bay area ist nicht ohne ihren vorstand will georgantas zu denken. der lockenköpfige bursche betreibt dieses projekt über viele, viele jahre, gern in wechselnden besetzungen, immer wieder auch in solo. so sind etliche tonträger entstanden. mit "cosmos" wird nun erstmals ein full length auf vinyl erscheinen. bleeding gold records unterstützte den vierer, der sich neben georgantas (vocals, electric and acoustic guitars, keyboards) aus alex jimenez (bass), reese douglas (guitar) und andré custodio (drums) zusammensetzt. nicht zu vergessen, wenn wir schon beim namedropping sind, ist alan weatherhead. er zeichnete neben den aufnahmen auch für verschiedenen instrumenteneinsatz verantwortlich. wem der name undeutlich, verschwommen eine ahnung gibt. richtig, er arbeitete schon mit sparklehorse, magnolia electric co., julien baker, cracker und etlichen anderen zusammen.

die welt mit den augen eines anderen sehen, verstehen, dass außerhalb der eigenen sphäre noch andere, neue, spannende gedankenwelten herrschen, beginnen oder enden. nimm die dargereichte hand. ernsthaft groovt die kapelle, das schlagwerken ist hohlwangig und dennoch präsent, die e-gitarre leuchtet und will georgantas gibt in "as if it found someone" den raumerweiterer. der pop hat eine rocknote, die nicht wegzudichten ist. da ist dennoch mehr. die dichte des sounds, sein spaciger angang und die immer wieder perforierende instrumentenschichtung. stilunabhängigkeit und der süffige harmonienaufguss muss man zu den stärken des vierers aus san francisco zählen.


wer thunderegg über die jahre ein wenig verfolgte, wird auf "cosmos" einige überschneidungen zu älteren tonträgern feststellen. unter anderem lassen sich das melodienstarke "i turn automatic" oder das bittersüße "stupid town", aber auch das bereits erwähnte "as if it found someone" auf dem 2012er compact disc release "not what I meant" finden, allerdings in deutlich differenten versionen. in 2018 ist deutlich mehr lametta.
diese tage sind aggressiv, im wandel, vielleicht befinden wir uns auf dem weg in ein neues zeitalter. hören wir thunderegg, finden wir nicht nur ablenkung, sondern auch eine idee davon, wie wir zukunft neu definieren können.
"cosmos" erscheint im mai, das vinyl kommt im gatefold cover, behält alle texte parat und ist überhaupt ein schmuckstück, das wir wärmstens empfehlen. kaufen könnt Ihr hier.

Freitag, März 30, 2018

zu gehör getragen (210)



thom and the wolves - the gold in everything (solaris empire, 2017)
> bewahrenswerte ansätze, wohlfeile koalitionen, vieles richtig gemacht, um den sprung von der straße ins studio dokumentiert zu bekommen, jedoch auch nach allen seiten offen, um radikaler zu sein, 2,5-3/5

dirtmusic - bu bir ruya (glitterbeat, 2018)
> chris eckman und hugo race (inkl. murat ertel) als wellenbrecher, zwischen hypnotischem ethobeat und radikalem politischen statement, ernsthafter wird dies aktuell kaum irgendwo betrieben, selten aufgesetzt, zumeist gekonnt beflissentlich, 3,5-4/5

julien baker - turn out the lights (matador, 2017)
> da wo das debüt spröde und direkt war, glänzt der neuling im licht einer frei atmenden produktion, macht aber auch weniger her, vielleicht weil ich es so will, vielleicht aber weil manches nur noch gewöhnlich klingt, 3/5

sarah louise - deeper woods (thrill jockey, 2018)
> zwischen appalachian folk tradition und dem mut die 12-string in experimentelle, psychedelische momente zu transferieren entwirft die künstler einen anziehenden sound, aus welchem ihre helle gesangsstimme heraussticht, 4/5

Samstag, März 24, 2018

hicks!: the noise figures / buck curran / cath & phil tyler


mehr als empfehlung bleibt an dieser stelle nicht.
zunächst das frenetische fuzzrockduo aus athen, das nach mehr als zwei jahren endlich ihr drittes full length an den start bringen. "telepath", der zehntracker, erschien am 02. märz auf inner ear, euphorisierend: the noise figures.


ebenfalls aktuell ist das neue album vom nach italien ausgewanderten amerikaner, der neben seiner eigenen musik auch immer wieder auf suche nach perlen aus der vergangenheit geht, das label obsolete recordings sei Euch deshalb sehr ans herz gelegt, hier nun aber der hinweis auf das folkoristische soloalbum "morning haikus, afternoon ragas" der einen hälfte von arborea: buck curran:


abschließend der hinweis auf das dritte album dieses fantastischen duos, mit "the ox and the ax" erscheint ein grandioser folkneuling am 30, märz auf thread recordings: cath and phil tyler:

Sonntag, März 04, 2018

hicks!: sound in silence


seit einigen jahren verfolgen wiur das rührige tun des kleinen labels aus athen in griechenland. die handgefertigten releases zeichnen sich nicht nur dem design nach durch präzision und hingabe aus, auch die ausgewählten künstler erlangen den status für diese company einspielen zu dürfen erst nach einem entsprechenden ausleseverfahren. mit yndi halda gibt es aktuell beispielsweise eine band zu bestaunen, die auf ihr 2016er album eine ep namens "a sun-coloured shaker" packte, um sie bei sound in silence zu veröffentlichen. die mehr als elf minuten hängen wir hier mit an, eine tolle mischung aus instrumental- und postrockfahrten.
nicht weniger spannend ist das debütalbum des zwillingsbruderpaars aus andrew und michael tasselmyer aus philadelphia, die man auch unter den vorzeichen hotel neon oder the sound of rescue kennen könnte. mit ihrem selbstbetitelten erstling gelingt ihnen eine wunderbare, ambient orientierte musikalische reise: gray acres.
die kleinode gibt es in geringer auflage, verpackt in wohlfeilen cases.

Samstag, März 03, 2018

hicks!: pj harvey and harry escott

eine berührende tiefe, die fortan gefangen halten soll. das thema, die bindung, die klarheit und einfachheit. was es mit mir macht? war es so voraussehbar? bezweckt gar? "an acre of land" von pj harvey and harry escott, zum gleichnamigen film.

Freitag, Februar 16, 2018

hicks!: aul


starker release auf red brick chapel, ende des vergangenen jahres erschien "uto", das exzerpt eines jahreslangen zusammentuns des dreiers aus roland wäspe (guitar), martina berther (bass) und mario hänni (drums), verspult, intuitiv, kreativ, ideenausbund: aul:

Donnerstag, Februar 15, 2018

hicks!: kemialliset ystävät


lieblingsband mit neuem material, auf dem u.a. tätig waren: jan anderzén, francesco cavaliere, petra poutanen, antti tolvi. "ramses kutoo", so heißt es, wird nicht auf dem baldigst erscheinenden neuen album enthalten sein. na denn: kemialliset ystävät.

Mittwoch, Februar 14, 2018

hicks!: grdns


schön verspult, doch aufregend aufgewühlt, kommt uns da die erste single des psychpop dreiers grdns, das mit "night dance" auf dem leedser label dance to the radio beheimatet ist, der 13. februar war veröffentlichungstermin:

Dienstag, Februar 13, 2018

konzert: jaye bartell, 09.02.18


die lieder sind von einer direktheit, dass es einem den atem stoppen mag. sie sind klar und tief, dass man sich verlieren kann, ohne orientierungslos dahin zu vegetieren. jaye bartell präsentierte sie pointiert und mit einer miene, die sich im rücken seines publikums einen ankerplatz zu suchen schien. zwischen den nummern kehrte er wieder zurück, blickte offen um sich und nahm gar kontakt auf. anfangs noch etwas verbittert, da das auditorium nur schwach besetzt war, später deutlich entspannter, nachdem er feststellen konnte, dass die aufmerksamkeit enorm hoch war. gemeinsam mit seiner charmanten begleitung laura loriga gelang ihm so ein mehr als ansprechender konzertabend. wir verfingen uns in seinen gedanken, er in dieser wunderlichen, licht gearteten location, wir ineinander, weil man sich genau darauf einigen kann. so schlittert das erwärmende "give erin a compliment (so kind)" zwischen uns, da laura den angel olsen part übernimmt und man sich flott aufgerufen fühlt mitzusingen.

vielleicht war es das vorerst (für mich) in der bergschmiede. es gibt nichts zu beschönigen. die künstler, die wir einladen, haben eine anziehungskraft, die sich aus anderem speist als aus einem hohen mainstreamfaktor, vielleicht liegt der konzertort zu weit außerhalb der unstrittigen münchner szenerie, vielleicht haben wir das falsche bier am start. die vorbereitung solcher events kostet zu viel zeit, zu viel kraft, zu viele emotionen, die ich derzeit nicht in der lage zu geben bin. und wenn am ende gerade mal ein drittel des eh schon knappen publikums gewillt ist für den abend zu zahlen (in kleiner münze), dann legt man eben auch hier noch oben drauf.

Montag, Februar 12, 2018

hicks!: caroline says


konfrontiert mit dem staatensong. man kann ihn versetzen. denkt sich caroline sallee, die unter caroline says firmiert und verwendet wenigstens den titel, um dem lynyrd skynryd original etwas engegen zu setzen. sehr gelungen, wie wir finden. am 16. märz erscheint auf western vinyl der zweite longplayer "no ffol like an old fool".

Sonntag, Februar 11, 2018

hicks!: frankie cosmos


yep, die wunderbare great kline mit ihren mann auf dem weg zum neuen album, "vessel" erscheint am 30. märz auf sub pop und macht mit ersten videos bereits ordentlich auf sich aufmerksam, wir insistieren gern: frankie cosmos:


Sonntag, Januar 21, 2018

karl blau - out her space (2017, bella union)


das ist die irre welt. in all ihrer formvollendung. da spulte der bursche mal eben ein coveralbum herunter und jedermann fügte begeistert seinen sermon bei. die deutlich über dem durchschnitt liegende kost stand jedoch zu jenem zeitpunkt nur einem mehr als erklecklichen output vor, den karl blau über all die jahrzehnte seines musikalischen schaffens stets an den mann zu bringen gewillt war.
wer also "introducing karl blau" wahrgenommen hatte, musste noch lange nicht auf "out her space", welches letzten november erschienen war, aufmerksam geworden sein. dabei ist sein aktueller achttracker erneut ein kleinod, wie es im oeuvre des amerikaners einige andere zu entdecken gibt.
weit ab von vermeintlich modernen geschmacksparametern mäandert blau durch einen unerschöpflichen genrekosmos nebst unverhohlenem zugriff auf die erfahrungen etlicher musikerkollegen vor ihm. nicht umsonst, dass der name frank zappa immer wieder vor dem geistigen auge auftaucht. zuweilen vertrackt, spinnert, geriert sich der erguss, stets aber freundlich, zugewandt, mit einer karibischen note, akzentuiert, kunstfertig, mutig.
karl blau konnte für das neue album ausgesprochen großartige musiker gewinnen, darunter phil cook von megafaun oder matthew e. white. gemeinsam scheint man sich ständig der entworfenen finessen zu freuen. ein kollektives erlebnis, das früheren großtaten des aus anacortes stammenden künstlers in nichts nachsteht. beispielgebend sei das euphorische "valley of sadness". es hat so viel pfeffer, dass es das gesamte sortiment der aktuellen top 40 wie nichts wegkloppte. oder das hippe "blue as my name", groovy! 

Samstag, Januar 20, 2018

hicks!: yo la tengo


wer kann, der kann. auf vier tracks aus dem neuen, im märz erscheinenden yo la tengo album zugreifen.

Montag, Januar 15, 2018

trio.diktion - serenade (2017, golden ticket)


dem jazz ein zaumzeug umgelegt, das ihn nicht in den nacken beisst, das nicht einschnürt, das nicht reibt und an dem man nicht so zerren kann, dass es einem den kopf zurückreisst. im gegenteil ist das teil samten und wohldrapiert. eine feierliche komponente wohnt dem hoffierten genre inne. die melodramatischen momente werden gekonnt verinnerlicht und zu eigen gemacht. der große rest ist ein sonniger ablaß, ein feinsinniges kunstwerken. vier junge musiker, die in dresden und leipzig ihr handwerk lern(t)en, finden auf ihrem zweiten gemeinsamen album namens "serenade" zueinander.
während das piano ein vermeintlich klassisches motiv erörtert, zärtelt die posaune wind in die atem holende klarinette. ein gepflegter bass trimmt die runde geschickt in die gemeinsame mitte. was wie ein lustiger ringelreigen anmutet, ist nur der auftakt für ein komplexes aufspiel, für ein abgerungenes exzerpt versierter vorarbeit. spürbar die energie, der aufwand, die nachgerade zu dieser kunst führten.
eine kunst, der man das juvenile moment gönnt, denn es mündet in berauschtheit, in einen stilemix und bebildert dabei eine mutige fahrt durch die tore von pop, kunstlied und jazz. gern verfolgt man die vermeintlich einer operette entstiegene melodie, entspannt über dem konter aus perkussivem und dräuendem bass/saxophon duett. so vielseitig, so organisch. so perfekt, so zwanglos. das trio.diktion  beliebt zwischen improvisation und klarer einvernahme zu changieren, jedem fern und überall zuhause, ohne sich anzuschmeicheln. respekt.
das album erschien mitte des jahres auf golden ticket.