der freitag hatte noch mehr in petto. woven hand und william fitzsimmons standen in den startlöchern. die einen wüst schnaubend, die weit geöffneten nüstern - düsterer ausdruck, der andere lässig in der villa abhockend, als wartete da draußen unkritische masse. dem war nicht so. man kann dem publikum zwar vorsetzen, was man will, aber nicht damit rechnen, dass alles frohgemut durchgewunken wird.
doch woven hand, die kurzzeitig glitterhouse abtrünnigen, sollten zum selbstläufer werden. schnell füllten sich die ersten meter vor der bühne und waren vor allem mit älteren semestern besetzt, die die karriere der band über längere zeit verfolgt haben mochten. viele sangen mit, getanzt wurde ebenfalls, wobei das maß der ausgelassenheit natürlich eingeschränkter natur war angesichts des gebotenen dark folk/americana, für den die truppe um den charismatischen david eugene edwards bekannt ist. woven hand erinnerten an einen muskulösen mustang in gefangenschaft, dessen scheinbar unwillkürliche bewegungen schwer zu packen sind, doch sein auf und ab, sein hin und her hat plan und ist programm. es ist pure befreiungslust und kraftvoller, menschenferner drang. verstiegen, dunkel, abseitig anmutend, gefahrenvoll und mystisch. die ersten songs stammten vom aktuellen album "the threshingfloor" und folgten der dortigen tracklist 1-3. verhangen, dräuend und fixiert auf den sich windenden, grimassierenden, fingerzeige gebenden, barmenden sänger.
er gab das tempo vor, wiegte sich im reigen der mitstreitenden, vom deutlich definierten bass über das forcierte drumming hin zum beiwerk fördernden perkussionisten. die dämmerung nahte. die sonne streifte das licht. schatten in bewegung. der kraftvolle gesang edwards zwang sich durch die reihen. andächtig die umstehenden. jeden song einleitend indianisch anmutender gesang. der frontmann hielt nicht zurück. ein mehrfach gemurmeltes "thank you" nebst folgenden sätzen, die im off vernuschelten. höhepunkte? vielleicht das abschließende, eilende "kicking bird" oder doch "winter shaker" mit all seiner magie? das funkelnde "dirty blue"? es hatte viele aufmerker an diesem abend, das programm schien wie aus einem guss und das konzert verging im fluge.
setlist: sinking hands / the threshingfloor / a holy measure / tin finger / swedish purse / dirty blue / kingdom of ice / raise her hands / his rest / orchard gate / winter shaker / off the cuff / iron feather / kicking bird
wesentlich weniger grimmig dreinschauend war wenige minuten später die truppe um william fitzsimmons. ja, ganz im gegenteil traf man hier auf dauergrinser, vor allem dem banjomann war ein lächeln ins gesicht geschnitzt. dazu die schnieke dame am keyboard und schon durfte der abend voller sehnsuchtsstarker, gefühliger und warmen segen spendender lieder kommen. william fitzsimmons, zunächst nervös, im laufe des sets zu gelassenheit gelangend, sang mit inbrunst und einer verstiegenheit, die alles andere als prätentiös war, vielmehr auf ehrliche weise annehmbar, wie ein gedicht, das einen unvermittelt anspricht.
die sanfte stimme tut dabei natürlich ihr übriges. da musste du ganz genau hinhören, es klingt, als käme er nicht ganz aus seiner haut, als hielte er mit dem, was er nun preiszugeben bereit ist, doch lieber hinter dem berg. doch mit diesen mutigen mitstreitern sollte dies kein problem sein. und wenn das songmaterial so erstklassig tönt, wie es eben ein "you still hurt me" tut, dann schwingt das rund und singt aus voller kehle mit. das räumt auf. und einem fitzsimmons liegt prompt ein deutscher trinkspruch auf den lippen. "prost", ruft er ins begeisterte rund. die sonne, die hinter der bühne verschwand, hatte uns dieser typ aus jacksonville wieder zurückgebracht. ganz fein. das sachte "everything has changed" war ein beginn, wie gemalt, den background wundervoll von der feschen keyboarderin ausgemalt, das banjo flink, das schlagwerk taktsicher. ein abend, eine nacht. hier brauchte es keine bedeutungsschwangere lyrik, die wenigen worte für die verdammt großen gefühle genügten. nachher sah man manche sich in den armen liegen.
Deine Konzertberichte sind die besten, die man im Internet finden kann.
AntwortenLöschendas ist zu viel der ehre, mein lieber.
AntwortenLöschensehr gute beschreibung der atmosphäre eines wh konzerts!!! die setlist kommt mir jedoch etwas kurz vor?
AntwortenLöschen3teiliger Bericht nur für den Freitag? Was kommt da noch alles? Ich nehm' die Woche frei ;-)
AntwortenLöschenWas soll man sagen? Tolle Berichte und Stimmungsbilder, die Du da zu digitalem Papier bringst...
War übrigens nett, Dich dort getroffen zu haben.
William Fitzsimmons - da hatten viele einen schratigen Idiosynkraten oder 2ten Scott Matthew erwartet. Umso überraschender, dass der Auftritt dann trotz großer Gefühle viel Unterhaltungspotenzial zu bieten hatte. Was nicht zuletzt auch der obersympathischen Band zuzuschreiben war. Gefiel mir besser als auf Tonträger...
AntwortenLöschen@isa: zu kurz? die zeitfenster sind auf dem festival schon sehr eng. ich weiß nicht genau, wie lang das konzert ging, schätze 1 1/4 stunden.
AntwortenLöschen@deadly: ganz meinerseits. leider wenig zeit, dazu die erkrankung. war schon etwas gehandicapt. das nächste mal nehmen wir uns mehr zeit.
@cool: ich bin mir nicht sicher, wie gut vorbereitet die meisten kommen. haben die wirklich nur eine ahnung von dem, was auf sie losgelassen wird? gerade fitzsimmons hat sich doch einen namen gemacht. live für mich ebenfalls um einiges besser als auf scheibe.
@E: Meines Eindrucks nach sind die 'Spezialisten' beim OBS wirklich nicht so zahlreich vertreten, wie Du vielleicht vermutest. Nach meinen Gesprächen sind da viele Ort, weil sie halt jedes Jahr da sind, zum Feiern, Bekannte wiedertreffen etc. Jedes Jahr werde ich z.B. mindestens einmal gefragt woher das OBS eig. seinen Namen hat...
AntwortenLöschen@cool: Was meinste denn mit "Spezialisten"? Ich selbst glaube mich einergermaßen auszukennen, aber viele der diesjährigen Bands kannte ich vorher auch nicht. Muss ich ja auch nicht, denn OBS hieß immer auch neue Bands zu entdecken. Und Deine Vermutung bzgl. der Motivation eines nicht unerheblich großen Teils der OBS-Besucher kann ich nur zustimmen: OBS heißt eben auch Feiern, Freunde und Bekannte treffen und einfach die Athmosphäre genießen. Es gibt im Laufe von 14 OBSen ein Haufen Leute, die man nur dort trifft. Aber es werden auch weniger, denn das OBS-Publikum wird von mal zu mal jünger (was ja nicht schlecht ist). Aber wenn ich die ersten - sagen wir - 4 OBSe mit dem 14. vergleiche - da gibt's musikalisch nicht mehr viele Übereinstimmungen. Hat sich heftig gewandelt (wie GH ja auch - man schaue nur in den Katalog oder bedenke den Geschmackswandel des GH-Häuptlings Reinhard H.). So ist der Lauf der Dinge.
AntwortenLöschen@deadly: 'Spezialisten' war eine Replik auf E's Beitrag. Ob das Publikum nicht genau wüsste was es erwartet. Völlig kritiklos von mir gemeint!
AntwortenLöschenDu hast natürlich völlig recht. Auch das OBS ist einem Wandel unterworfen - und das ist gut so! Natürlich gibt es auch viele, die den 'guten alten Zeiten' oder dem einen oder anderen Blue-Rose Act hinterhertrauern oder die Stellung von Security-Personal beunruhigt s. auch das Guestbook auf orangeblossomspecial.de. Vlt. hätte hier die Organisation etwas sensibler neuausrichten können, weiss ich nicht...aber es können natürlich auch nur Künstler gebucht werden, die auf Tour sind.
Vor drei Jahren habe ich auch mal die Zunahme von Flat-Rate-Saufen und Agressivität bemängelt, aber das hat sich wieder relativiert..Das OBS ist immer noch das beste kleine Festival der Welt!
@cool: wo Du Agressivität erwähnst (die beim OBS erwiesenermaßen kein Thema ist). Habe in 14 Jahren nicht einmal was von einer Schlägerei oder Handgemenge gehört bzw. gesehen. Das sagt ja alles. Zur Securitate: ich habe die nur am Einlass bemerkt, und da waren die auch nicht ständig. Die Ausweitung auf die Zeltwiese halte ich auch für Aktionismus. Nur weil ein paar Flachpfeifen gekokelt haben. Ne, muss echt nicht sein. Stimme ich Dir voll zu.
AntwortenLöschen