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Dienstag, Juni 09, 2015

konzert: aldous harding, 07.06.15


da braute sich was zusammen! über den himmeln der bayerischen hauptstadt, geradwegs auch über dieser ehemaligen schreinerei, an der marsstraße gelegen und zwar im hinterhof versteckt, doch nahe lärmender nachbarschaft, stand der himmel in dunkel gehüllt, zogen die winde auf, als würde ein sommergewitter feinster provenienz ausgebrütet. und doch wagten die fleißigen konzertveranstalter von hauskonzerte.com den abend mit hanna claynails harding, besser bekannt als aldous harding, ins freie zu verlegen. handgeknüpftes teppichwerk bevölkerte den kargen steinboden, darauf alsbald niedergelassen einige dutzend neugierige, höchstpersönlich eingeladene menschen. die künstlerin selbst hatte sich botmäßig unters volk gemischt und zollte dem abend, zollte antò nio applaus für einen wagnis behafteten auftritt, den der junge, münchner sangeskollege absolvierte.


eine kurze pause später steht uns die neuseeländerin gegenüber. in ein kurzes, mit lustigen pferdchen bedrucktes sommerkleid gewandet, mit frisch gewaschenen, hoch gebundenen haaren, eine junge frau noch, der welt auf eine weise zugetan, wie man sie, wenn man knapp zwanzig jahre voraus ist, nur noch schemenhaft identifizieren kann. da sind diese offenherzigen und gleichzeitig beschlagenen gesten, da ist die vermeintlich schüchterne musikerin, deren ausdruck jedoch prägnant und ausdrucksstark staunen macht. da ist das stibitzen über den saiten ihrer akustischen gitarre, da ist dieser kehlige, selbstvergessene gesang. und da ist man selbst und da sind die eigenen vorstellungen, wie sie zurückgeworfen werden, wie sie zerschellen an der kunst einer charismatischen wie leichtfüssigen frau, die sich und vieles um sich herum nicht ganz so ernst zu nehmen und doch mit vielem im widerstreit zu stehen scheint. alsbald aber hält man nur noch den atem an, zwingt sich den tönen nach, die sich zwischen dem pfeifen der vögel, dem mal wispern und dann wieder rauschen des windes zu verlieren scheinen, die sich messen mit dem partygebrüll der konkurrenzveranstaltung einen hof weiter. druckvoll aber kann es harding auch und sie macht aus ihrem herzen keine mördergrube und verfängt sich in ihren liedern, verläuft sich in ihren phantasiewelten und kehrt erst wieder zurück, wenn die letzte note gefallen ist.


sie beginnt mit "stop your tears", dem ein leichtes meeresrauschen innewohnen zu scheint, ein wenig mondglanz, eine starre, unverrückbare sehnsucht. das picking ist poiniert, zart, sacht. die stimme breitet sich nur langsam, dafür umso eindringlicher aus. ein schatten von koloratur bereits. rau der zeilenbeginn, weich die enden. wo auf ihrem album ein märchenhafter soundreigen einbettet, tut es an diesem abend die natur nicht weniger gelungen. harding weiß um ihr minenspiel, um ihre eigenart, die gitarre zu umklammern, den kopf über den resonanzkörper legend, als spüre sie den tönen nach, als prüfe sie die qualität des vortrag, noch bevor er an die ohren seiner hörer brandet. 
"beast" zeigt sich belebter, flotter, es spielt mit den worten, auch wie es den klang der worte zu biegen weiß. ein neuer dialekt, der sich unter der liquiden melodie breit macht. wir streifen nachfolgend mit "titus groan" mervyn peakes "gormenghast trilogie", vorgetragen mit diesem weichen flattern in der stimme, gebettet in vollmundige, verheißungsvolle, warme harmonien. dass der track ausgerechnet "party" heißt, in welchem es um die trennung von einem lover geht, findet auch harding komisch, wenngleich bald klar wird, dass es hier um das bedauernswerte warten und bangen geht, ob und wann man sich treffen wird oder nicht mehr treffen mag. 
auch "swell does the skull" ist kein albumtrack des im letzten jahr veröffentlichten debütwerks der aus dem kleinen lyttelton stammenden sängerin. erst mit "hunter" zieht sie wieder bekanntes ins blickfeld und weiß zugleich um ihren "hit", wie sie den wunderbaren titel selbst nennt. er geht ihr so frisch von der hand, wie man es erwartet hatte. die einträgliche melodie breitet sich flink aus und fasst das rund, bewegt es gar ein wenig. der lichte gesang verstaubt unter der noch trockenen erde und wird doch same sein. es ist das drama, es ist nichts, was sich aufdrängt im vortrag von aldous. es ist die seelentreue, das verbindliche moment, das anhebt, anrührt. 
ein letztes lied, dann geht sie. geht mit einem lächeln über den lippen. doch das publikum möchte sie noch einmal wiedersehen. sie stöpselt die gitarre ab und ehrt eine ihrer vorbilder. "non, je ne regrette rien" schallt es durch den hof, energisch trägt sie das piaf-lied vor, ihre aussprache ist ausgezeichnet, das lied passt besser zu ihr, als man zunächst glauben wollte.
dass sich harding später nicht zu einer weiteren zugabe hinreissen ließ, begründet sie damit, dass sie genau wisse, dass man in der folge ein ums andere mehr von ihr hören wolle. außerdem wartete bereits eine zigarette auf sie, die ihre tourmanagerin bereits zwischen den fingern bereit hielt.


so musste wir uns mit einem viel zu kurzen, dafür umso intensiveren vortrag begnügen. ein schöner abend, wie er sich dann über münchen verlor, ohne auch von nur einem tropfen nass benetzt worden zu sein. so kann auch ein sonntagsglück aussehen. (danke an meine wundervolle begleitung.)
setlist: stop your tears / beast / titus groan / party / swell does the skull / hunter / the world is looking for you / encore: non, je ne regrette rien

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