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Mittwoch, Juli 21, 2010

the artificial sea - unwritten (2010)

in der einschätzung um das aktuelle album von the artificial sea könnten einer der protagonisten der band und ich nicht weiter auseinander liegen. während kevin c. smith meint, dass "unwritten" organischer, gebundener klänge als der vorgänger , so glaube ich ein artifizielles werk zu vernehmen. ein kunstprodukt, wie aus einer schmiede, da die eisernen ornamente stück für stück über dem amboss geschlagen sein wollen, um schließlich aneinander gereiht ein von schönheit getriebenes ganzes zu ergeben. der so vertraute gesang alinas bildet auf dem 2010er werk des multiinstrumentalisten und der ukrainerin die seelenvolle mitte, er ist unmittelbar, stechend, auf unruhig machende weise ernsthaft und von einer besessenheit erfasst, wie sie die aufweisen, denen man alles zutraut und die zugleich voller weisheit stecken.
bei "kaleidoscope", dem opener des zweiten albums von the artificial sea, sind kevin und ich uns allerdings einig. es ist einer der schönsten songs, die die beiden bisher kreierten. in stilvolles ambiente gestellt, weicht alinas gesang jegliches ornament zu gefügigem beiwerk auf, so dass alles ineinander fliesst und der von gitarre, von sparsam gesetzter perkussion und wenigem mehr benetzte song zu einer kleinen sensation gerät. weniger, weil er auftrumpft, sondern, mehr, weil sein understatement staunend macht. das wenige, und kevin hat es in seinem interview ja angedeutet, macht das mehr auf diesem album. der punktuelle eingriff, das im mittelpunkt belassen von songidee und gesang, die feinfaserige unterstützung, das klare separieren einzelner instrumente bewirkt das luftige, atmende und zugleich geerdete von "unwritten". keine noten, die jauchzend gen himmel locken, kein zuviel an harmonien und anderweitigen glanztaten, opium für den aufmerksamen hörer. alina simone und kevin c. smith haben davon eine menge zu bieten. jedem song auf "unwritten" liegt eine basis zugrunde, die für einen eigenen charakter sorgt und zugleich den bogen spannt, um alle zehn tracks in das gemeinsame boot zu holen. "the gift" wird durch eine in den singsang mit alina eintretende, aufgeweichte, helle gitarrensaite bestimmt und durch eine wie im freien feld positionierte trompete befördert. ein zueinander wenden, ein gegenseitiges abgleichen, weil die eine nicht ohne die anderen kann, weil der zauber verginge, würde sich alina allein im kreis drehen. "hey child" nimmt den tänzelnden takt auf und überzeugt mit einer überspannten gesangsleistung, die zwischen wohl und wehe changiert, "baited breath" ist ein fröstelnder, unaufgeräumter schleicher, "arm's length" mäandert anstandslos über synthiewolken, flottiert von dieser einen transparenten gitarre, ein entweichen ins instrumentale, das umgehend durch "brighter days" gebrochen wird, das stolpernd gerät, dessen elemente, das klavier, das glockenspiel, die sechssaitige und schließlich die singende säge, sich zu einer einheit fügen. schließlich begegnen wir in "glass" einer fragilen komposition, in der sich kevin etwas mehr an spitzfindiges und außergewöhnliches halten kann, in aller kürze, mit "dangerous day" einem filigranen ausflug an bongo, harmonika und gitarre, der allein durch alinas stimme erdung findet und in "sea drive" einen kurzatmigen wie zittrigen auftritt.
dem außergewöhnlichen paar, der in die staaten ausgewanderten ukrainerin alina simone und dem virtuosen klangkünstler kevin c. smith, ist ein irre schönes album gelungen voll verschlagener einfachheit, voll verückter unglaublichkeit, voll staunender kindlichkeit. seine größe macht das waage halten vom zur kunst geratenen zwang und der freizügigkeit des alles machbaren aus. der zugang ist über geräumige bahnen möglich, die sich dem hörer zuhauf offerien.
the artificial sea - dangerous day

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