seiten

Dienstag, Januar 06, 2009

konzert: 10 jahre candy club, 05.01.09

vor einigen tagen hatten wir darauf hingewiesen, nun ists schon vorbei...
die diskrepanz des musikalischen angebots am gestrigen abend konnte größer nicht sein und manifestierte sich, als scott matthew im muffatcafe die letzten töne seiner zugabe anschlug. die bearbeitung von "silent nights" wurde ergänzt durch einen saftigen beat, der sich aus der muffathalle herüber stemmte. scott nahm dies mit einem humorigen auflachen wahr, wie er überhaupt außergewöhnlich gut aufgelegt schien. auch eine diskrepanz des abends. vieles zeigte sich anders, als es erwartet werden durfte.
wer auf queer setzt, bekommt quasi alles. alle geschlechter, in allen kombinationen. alle irrtümer, alle vorurteile obendrauf. entspannter als gestern abend aber können menschen kaum miteinander umgehen. und wenn man nicht wüsste, dass man sich in einer derart bunten gesellschaft befindet, man käme gar nicht auf derartige gedanken. dort, wo grenzen verschwimmen und sich lager auflösen, beginnt integration und akzeptanz. dem candy club sei dank, wird münchen an manchen orten solcherart hehrem vorsatz gerecht.
gefeiert sollte werden, ausufernd, ausgelassen, in drei location. mit neun bands und zehn dj kollektiven. hopping war angesagt und so drängelten wir uns zunächst ins muffatcafe, um der etwas müden darbietung von beisspony aus münchen zu folgen. drei mehr oder weniger unscheinbare mädels versuchten sich an experimentellem pop und blieben auf höhe 'verspielten wasauchimmers' hängen. das war alles sehr harmlos und wurde keinem vergleich mit free kitten, coco rosie oder einer hanne hukkelberg gerecht, die in ähnlicher weise, jedoch weitaus fesselnder zu arbeiten wissen. kreisen auf einem weinglas oder das mechanische zerreissen von papier machen noch kein verqueres vergnügen. dem pony, sorry, der musste sein, fehlte der biss. dass die ansätze aber gut sind, zeigt zumindest ihr myspace auftritt. setlist: intro / million sweetness / mathilda / ärzte / paper ships / evil xerox / dumping song / devil song / hermann songs / gossip / jealousy / oh boy

auf die mädels folgte dann oben bereits erwähnter scott matthew. lächelnd trat er an, fast ausgelassen spaß machend, sich immer wieder seinem sidepart, einem gitarristen zuwendend, verliebt offenbar, über beide ohren, wie es später schien, als man beide knutschend bei stereo total beobachten konnte. schön, den waidwunden knaben so aufgeräumt gesehen zu haben. seine darbietung war wieder einmal einzigartig. mit seinem falsett, seiner tröpfchenweise angeschlagenen ukulele und dem gen himmel gerichteten blick erweicht und erreicht er wohl fast jedes herz. ob "little bird" oder "in the end", immer wieder reisst matthew an den leinen, die uns so lose mit dem windigen leben verbinden, immer wieder führt er vor, wie nah wir am abgrund stehen. er ist ein meister des geronnenen glücks, der lebhaften verzweiflung und des gestockten atems. ich könnte ihm ewig zuhören. mit seinem (neuen) kompagnon gelang dazu ein stimmiges, weil wenig ausholendes, dafür untermalendes klangfundament, auf dem sich der new yorker im leiden suhlen konnte. die große tiefe, da er in einen tranceartigen zustand fällt, gelang ihm nicht. zuzuschreiben ist dies wohl seiner neuen liebe. ob die ihm wirklich gut tut?
unmittelbar auf ein konzert bzw. zwischen den auftritten der liveacts regierten die djs und deren weibliche pendants, von denen es an diesem abend eine menge gab. allerdings erwarb sich keiner von ihnen meine persönliche anerkennung, wenngleich sie die crowd zum ausgelassenen tanzen brachten. mir sind die steifen rhythmen zuwider, die stimmen zu grell und im beispiel von eve massacre der mix im bastard pop getauften style nicht gelungen genug. aber he, ich bin mit ende 30 ein alter sack im vergleich zu einem großteil der anwesenden.
der zeitplan verrutschte zusehends, da manchem künstler eine zugabe zugesprochen wurde und wir sputeten uns, um den eigentlichen grund unseres festivalbesuches keine sekunde zu verpassen: the ballet.

die erinnerung trügte, die beiden jungs und das verbliebene mädel (brooks takahashi fehlte) sahen in echt noch jünger und unbedarfter aus. auch auf der bühne bewegten sie sich fast unbeholfen und fremd. doch ihrem enthusiasmus und der liebe zu ihrer musik tat dies keinen abbruch. schon die ersten töne von "personal" würdigten sie als große könner des indiepop. lieblicher und zugleich so ernsthaft geht es kaum. den song habe ich hunderte male gehört und nun stand ich denen leibhaftig gegenüber, die ihn aus der hüfte geschossen hatte. herrlich! greg goldberg an seiner gitarre, immer ein verschmitztes lächeln auf den lippen, hielt die bande weniger auf trap denn zu verzögerungen hin. er nuckelte gern an seinem bier, unterhielt sich mit den kollegen, machte willenlose ansagen und schien irgendwie rundherum vergnügt. ich auch. craig willse befeuerte die unternehmung mit computergesteuerer rhythmik und keyboardklängen, während marina miranda den bass unauffällig bediente. beide versorgten den bandleader mit ausgiebigem rücklächeln. so stand man einer etwas selbstreferentiellen truppe gegenüber, die jedoch mit erstklassigem liedgut ausgleich schuf. "corduroy" und "dangerouse" folgten bevor das als cover angekündigte "medusa" folgte. "i hate the war", "the face of everything" und "cheating on your boyfriend" liessen keine wünsche offen. das ampere war gut gefüllt und das publikum bereitwillig. doch der funken sprang nicht über. erst als "in my head " erklang, kam merklich bewegung in die umstehenden und zum teil tanzenden. dieser song schien eine gewisse bekanntheit zu haben und wurde kräftig mitbesungen. wenn man kleine helden sieht, neigt man zur übertreibung und will die schwächen nicht sehen. doch the ballet klangen nur zum teil nach dem schönen pop, den sie auf tonträger zu zelebrieren wissen. etwas fehlte. nachdem ich heute noch einmal in "mattachine!" hineingehörte hatte, wurde ich des makels gewahr. die violine. das verbindende, sehnige streichen fehlte. so übernahm der electroclashartige rhythmus aus der box die führung und dominierte das soundbild. natürlich blieben die melodien und das feine organ gregs, aber der zauber war zerstoben. im gespräch erklärte der sänger versöhnlich, dass das neue album bald fertig sei. außerdem betonte er, dass es widerum ein selfrelease werde, was absicht und wille der band ist. "great expectations" gab es als zu- oder dreingabe, ein track, den man bereits kannte und der als appetizer für das kommende werk dient. sehr schön, etwas ruhiger und dennoch farbig und voller glanz. ich wünsche mir die band wieder zu viert und voller pop und voller melodie. sympathisch sind sie sowieso.
dass wir später noch kurz stereo total sahen - und mehr oder weniger reiss aus nahmen vor einer trashigen veranstaltung, die wohl nur eingeweihte verstehen, wenn françoise cactus trötet und brezel göring in die saiten oder tasten schlägt - wird mancher verstehen und andere nicht.

genauso wie die tatsache, dass electro in der szene, die eigentlich keine ist, furchtbar angesagt ist. dass daneben aber bands wie the ballet und ein scott matthew wunderbar funktionieren. dass ich geplättet war, als ich gegen 3 uhr ins bett hupfte. dass ich meinen lieben begeleitern danken möchte. und den machern des festivals. und the ballet.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen