zumindest auf der bühne zeigt sich eine fast konzertante atmosphäre, im sinne eines kammerspiel gleichen auftritts. das übersichtliche instrumentarium, die in reihe postierten musiker, das letztlich auch limitierte aufspiel. was der qualität selbstverständlich keinen abbruch tat, nur der spielarten war an diesem abend kein breites bett geboten. im saal, dem wunderbaren heimathafen im berliner bezirk neukölln, tummelte sich eine neugierige, ein wenig aufgeregte menge, scheinbar mehr einem klassischen auftritt von yo la tengo zugetan, denn einer reduzierten version. die vorurteile konnten aber schnell verworfen werden, das publikum erwies sich nicht nur als fachkundig, sondern auch als enorm aufmerksam. so beantwortete es die leisetreterische darbietung mit aufmerksamkeit, die sich zu vollkommener stille erhob, wenn es not tat.
von rechts nach links stand man ira kaplan gegenüber, der sich einer akustischen gitarre verdingte, daneben georgia hubley hinter einem wie üblich kleinen drumset, es folgten james mcnew am standup bass und dave schramm mit einer e-gitarre bewaffnet. wären nicht auch die mikrofone verkabelt gewesen, man hätte von einer unplugged session sprechen dürfen.
wollte man konstatieren, bevor man überhaupt ausholte, müsste man die handwerkliche meisterschaft in den mittelpunkt rücken, die unwahrscheinliche gelassenheit, sich gegen die stille zu stemmen, wie ein motivierter schreiber gegen das weiße blatt. müsste man hervorheben, wie irre die truppe aufeinander abgestimmt ist, wie herrlich unaufgeregt harmonisch, wie einwandfrei der harmoniegesang gelingt. man müsste jedem einzelnen der vier protagonisten ein bienchen ins heftchen stempeln und danken für dieses blitzeflitze klare, von mißverständnissen bereinigte gitarrespiel, wenn von links in aller fein- und reinheit die melodien von der rötlich schimmernden gitarre perlten, wenn die geronnene zeit eine aufwertung erhielt, wenn der schönheit noch ein wenig mehr von etwas abgerungen wurde, was man zurvor schon für kaum topbar hielt.
allein die anwesenheit von dave schramm, dem ex-yo la tengorian, machte den abend zu einem besonderen moment. seine temporäre rückkehr in den inner circle schloss den großen kreis, der seinen ausgangspunkt vor dreißig jahren fand. man müsste james mcnew danken, der stets neu mit seiner zurückhaltung brillierte, die nicht nur der präsenz seiner kollegen vorschub leistet, sondern oft auch ihn ins abseits stellen mag, wenngleich sein belebtes spiel, und hier am viel schöneren instrument denn des profanen e-basses, so förderlich, so fundamental für den charakter der band ist. stoisch bedient er das klobige holz und entnimmt läufe, die in ihrer leichtigkeit der massiven erscheinung des musikers entgegen stehen. man müsste georgia hubley danken, deren gesang so sauber und klar erklang, dass man sich ihr nah wähnte, ohne ihr nah zu sein. wie sie mit traumwandlerischer sicherheit durch die partituren streifte und nebenher das schlagwerk bediente und dabei pointiert zu werke ging, unablässig, stet, maßvoll, schneebesend zurückhaltung übend. man muss ira kaplan danken, der wohl selten so wenig herr der lage war wie hier, da das prägnanteste instrument von einem anderen bandmitglied gespielt wurde, da er sich auf vermeintlich wesentliches zu konzentrieren hatte und nicht in feedbackorgien, noisegewittern und ähnlichem nur der band fremden irritierendem gewerk abtauchen konnte. der aber am mikrofon sein können bewies, seinen liedern zwischen laut und leise tausendfach nuancen beibrachte, wo aus liebeserklärung antrag, bitte und übereinkunft zugleich wird.
man müsste einer band danken, die sich nicht nur immer wieder selbst erfindet, die ihr können und sein nicht zu markte trägt, sondern die um ihrer selbst willen, aus dem drang zum musizieren heraus, sich darbringt, in aller formalen strenge und doch mit ernsthaftigkeit, der die vorwärtstreibende schärfe schon lange abhanden gekommen ist. hier präsentiert sich professionalität, die gepaart ist mit unablässig aufgerufener und doch so selten gerechtfertigt notierter authentizität.
wer zu einem akustischen abend einlädt, der wird auf seine knaller verzichten müssen. wer auf knaller verzichtet, muss noch lange nicht weichspülen oder knalleffekte missen lassen. bei exzellenten soundverhältnissen gebiert die band aus hoboken einen kargen klangkosmos, in dem die einzelnen elemtene schnell zu einander finden, um bekanntes, neues, wieder zu entdeckendes mit ausdruckskraft, wenn notwendig mit verve darzubieten. hier routiniertes, dort belebend arrangiertes, stets im moment platziertes, als fügten sich selbstverständlichkeiten nach und nach an den rechten ort. so erhielt der abend einen ganz eigenen flow, innerhalb dessen man ein bad aus lieblingsliedern nehmen konnte.
die schlagfertigkeit des frontmanns, das erfrischende lächeln des weiblichen bandmitglieds, die hohe konzentration des "neumitglieds", der innere frieden des bassisten. heimat. irgendwo zwischen den granden "tried so hard", "stockholm syndrome", "big day coming" oder "yellow sarong" über neues covermaterial wie "friday i'm in love", "automatic doom", "i'm so lonesome i could cry", "somebody's in love" und etlichen mehr, vor allem dem aktuellen album "stuff like that there" entnommen, bis hin zu "bottled up" und zum rausschmeisser "you can have it all".
ein segen, um diese band zu wissen.
alle fotos stammen von markus vom konzerttagebuch, tausend dank dafür!
Schöner Bericht, Eike (und tolle Fotos).
AntwortenLöschenSapperlot, das hätte ich auch gerne gesehen/gehört, und dann auch noch mit Dave Schramm, ein Traum.
Hier der Link zur aktuellsten nyctaper-Aufzeichnung eines YLT-Konzerts vom 10. Oktober in Brooklyn:
http://www.nyctaper.com/2015/10/yo-la-tengo-october-10-2015-kings-theatre/
Viele Grüße,
Gerhard
ach ja, ich könnte sie zu jeder tages- und nachtzeit sehen/hören, danke für den link!
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