irgendwie immer gleich und doch immer irgendwie anders. die vorbereitungen auf ein hauskonzert ähneln sich, die aufregung ist stets ansprechend hoch, doch die jeweils aktuellen gäste verlangen ein stets neu zu justierendes augenmaß. unsere musiker traten aus verschiedenen himmelsrichtungen an, wir fingen sie ein, die einen erst als der andere bereits seinen soundcheck absolviert hatte. da trudelten auch schon die neugierigen ein, die sich zuvorderst an speis und trank gütlich tun mussten, bevor es an die akustischen genüsse ging. ein annehmbares vorgehen, wie es schien: schmatzend von der küche in die wohnstube wechselnd, hinüber an einen ort, der ein wenig weltläufigkeit atmet, wenigstens für diesen moment, einen augenblick, als würden dampfschiffe durch unsere mitte fauchen, da die phantasie sprünge macht. erwartungsvollen gesichtern wurden namen gegeben.
the spaghetti wings aus hamburg stürzen ohne große vorrede in den abend. ihre musik hat eine leichtigkeit, der niemand entrinnen kann. federnde beats, etwas perkussives anbei (zum beispiel mit einer rassel die saiten zu beschlagen), dazu die stramm gespannten gitarren, von denen man sich flink auch einen bass leihen kann und ab in die jeweilige nummer. entlehnt vom ganz frischen album "random hurray" legen karsten und daniel ein kleinod nach dem anderen dem aufmerksamen publikum auf. verwegene melodien drehen schleifen, bleiben wie kaugummi im ohr haften, um sich nach einem schlenker davon zu schleichen. da hebt aber längst ein solo an und dank der ablenkung hat man hier vergessen, was man dort in folge schon lange nicht mehr vermisst.
die spaghettis, wie wir das duo verwegen nennen, blitzen längst mit den nächsten neuigkeiten auf, in den augen ein leuchten, wenn sie sich an den munter arrangierten songs abarbeiten. das ist pop, durchaus auf eine artifizielle art, versponnen genug, um nicht als süffig zu gelten, liquide genug, um nicht zu verstören. die orgel, aus den siebzigern gerettet und in hölzernes kleid gewandet, jammert, die harmoniegesänge bebildern, ein grundierendes raunzen auf der sechssaitigen. "iron lake" greift mit würzigem rhythmus, ansteckenden harmonien und einem mehr als memorablen refrain und"alarm" macht eben solchen, ein mehr als formidabler hit, der den beiden protagonisten da ins netz gegangen ist. was auf platte gelingt, hat live noch einen ticken mehr charme. denn da vertreten zwei ausgesprochen sympathische jungs das tonale lametta. irgendwann war plötzlich schluss, da wollte man aber im selben rhythmus weiteratmen und bat um etwas mehr ("liftboy"!) und wurde nicht enttäuscht. was nun bleibt ist die erinnerung an eine geerdete truppe, die gerne mal nach den sternen greift.
vielleicht müsste man den begriff loopwunder erfinden. er beschriebe den geglückten moment, da sich alle auf schleife gedrehten spuren endlich vereinen, inklusive der weiterhin live dargebotenen instrumentellen wie etwa auch gesanglichen akrobatik. das kunststück ist ein kunststück ist ein kunststück. die passgenauigkeit muss enorm hoch sein, jegliche abweichung fordert tribut. great dynamo geht dieses risiko immer wieder neu ein. sein dargebotenes set speist sich aus eben jenem risiko und natrürlich dem wagnis es ständig neu einzugehen. denn kein stück wird wiederholt, es wird immer wieder neu erfunden. wer den düsseldorfer musiker seit jahren verfolgt hat, wird feststellen, dass sich neben der technischen neuerung in der darbietung seiner songs auch verändert hat, dass die komplexität zugenommen hat. aus der tiefe einer konstruierten songsstruktur pult nun der hörer eine melodiöse weissagung, während der akteur sich zwischen den geräten aufreibt, hier schraubt, dort die pedale bewegt, hier justiert, dort manipuliert. inter- und intramaschinelle aktion, die zweifelsohne erstaunliches zutage fördert.
great dynamo stand am abschluss eines langen tages und legte eine mehr als einstündige performance hin, von der man in der befragten runde vor allem die songs erinnerte, die in ihrer anlage leichter gestrickt waren. das ungeübte ohr brauchte wohl zeit, um sich auf die kunstvolle performance einzustellen. mein persönliches highlight" giant words", das sich etwas leichter mit dem basslastigen und dem etwas zu lauten klangbild tat, greift am lässigen beat mit einer reifen gitarrenspur und abgehangenem gesang. doch bereits der einstieg mit dem zwei-track-medley aus "13 false arrangements" und "late night motorways" stimmt. die harmonien gehen zwingend ins ohr, die drückenden beats fundamentieren, die über die backingsounds gespielte gitarre bzw. die belebenden keyboardklänge akzentuieren. "in disarray" beschenkt mit melodie und unter die achseln greifendem rhythmus, eigentlich hätte hier die versammelte mannschaft den dancefloor entern müssen. "sad corduroy" ist eh ein killer und "my self esteem" wird zum lieblingstrack des gastgebers erhoben. es folgt ein the microphones cover, das in seiner umsetzung erinnerungen belebt, aber durchaus einen eigenen "schneid" zulässt. loopwunder folgt auf loopwunder, straightere vorgetragene tracks mischen sich darunter. der tag geht in die letzte halbe stunde, als great dynamo noch einen oben drauf gibt. "turn around and fight back" kann wohl jeder nachvollziehen, mit "giant words" verabschiedet sich der musiker von seinem laut beifall klatschenden publikum.
13 false arrangements / late night motorways / in disarray / sad corduroy / my self esteem / i felt my size / repeated strokes / in a mirror / the same height / turn around and fight back / giant words
die nacht zog schließlich durch die sich langsam leerende hütte. was nachebbte waren viele lieder, kluge gedanken und die gewissheit um ein bißchen mehr an schöner erfahrung.
(alle fotos wurden von marius schuller geschossen, tausend dank dafür!)
Hört sich nach einem rundum gelungenen Abend an!
AntwortenLöschenDas Biker-Programm im Zenith konnte da wohl nicht mithalten an selbigem Abend...
Viele Grüße,
Gerhard
das will ich meinen! ;-)
AntwortenLöschenhab deinen artikel gelesen. lemmy glänzt
wohl nur noch in interviews...