es ist eine zunächst fremde welt, dieses gesicht. wie es sich durch die lieder arbeitet. bald die ersten schweißperlen auf der stirn tragend. doch zunächst mild grimassierend. die worte aus dem mund friemelnd, geschürzte lippen nach innen ausbalanciert. immer wieder stürzen textbäche daraus hervor. der lichte bart verdeckt die helle haut nicht. das scheinwerferlicht spiegelt sich darin. selten geht krauses spiel durch die miene des schotten. im gegenteil entweicht er, schließt die augen und blendet sich in seine gedankenwelt ein. dass er sie teilt, dafür möchte man nach jedem song neuerlich danken. das berührtsein ist so echt, ist so nahbar, so genau erleb- und fühlbar. bei allem demonstrierten rückzug trägt uns alasdair roberts dennoch seine lieder zu. er reicht sie geradezu dar, nehmt, labt euch. und so begibst du dich zwischen die worte, die töne, zwischen die hundertschaften an melodien, zwischen die zarten harmonien, die spurwechsel vornehmen, dass dir schwindlig wird, zwischen das gesungene und zwischen das, was ausgelassen wurde. und wenn du dich hilflos fühlst, dann zwingt dich der sänger zur aufmerksamkeit, und wenn du unruhig wirst, dann drängt dich der texter zur konzentration. auf ein pointiertes und freundlich-erhabenes gitarrespiel, das sich so fern der wirklichkeit bewegt, weil es einen zauber gebiert, den es eigentlich nicht zu geben scheint. so herzzerreissend aufrichtig, so edel, so still, so mild und doch mit einer kraft, die dich mitzieht. in eine neue welt aus licht und licht und licht. und wenn die gitarre ihre noten abspult, dann singt roberts immer weiter, obwohl er gerade inne hält, obwohl er seit beenden seiner strophe keinen ton von sich gibt. die symbiose von verstärkter akustischer und dem gesangsorgan ist unbestritten vollendet. dieses gleichmaß ist kein geschick, es ist ein glück, ein öder zufall vielleicht, aber ein geschenk für alle, die dem gewahr werden dürfen.
das unter deck, nicht mehr ganz neu unter die konzertveranstalter münchens gegangen, liegt irgendwie zentral und dann doch etwas abseits. das stadtmuseum streift man, das sendlinger tor und austauschbare einkaufspassagen. ein abgedunkeltes kneipengeviert betritt man durch eine große, offene glastür. der empfang ist freundlich und das bier schnell gezapft. was will man mehr? einige zuhörer haben sich eingefunden, die stühle sind in reihen geparkt, die bequemen ledersofas zu großen teilen besetzt. ein plätzchen findet sich, abschätziges umherblicken entfällt, es guckte niemand abschätzig zurück. das publikum begnügt sich mit zurückhaltender kennerschaft und wiegt sich im gleichmaß des american primitivism, der aus den boxen des djs tropft.
alasdair roberts ist fast ein ungeschickter redner, er ist kein entertainer und doch kann er unterhalten. wenn die deutschen brocken hervorstolpern und er über seinen geburtsort witze reisst. wenn er glauben macht, dass es schlechtere kombinationen gibt, als ein kind einer schwäbin und eines schotten zu sein. wenn er sein bierglas mit einem freundlichen "cheers!" erhebt, und man "cheerio!" zurückjauchzen wollte, ihn umarmen und danken. für einen durchaus einträglichen und doch nicht so einfach zu nehmenden folk, für die zuweilen morbiden und doch so verständlichen und lebendigen geschichten, für die eigenen songs, wie für die traditionals, für den einsatz am instrument und am gesang. alasdair roberts wird lebendiger mit jedem neuen liedbeginn, scheint an intensität zu gewinnen, wird ganz zu seinem tun. zwischen die lieder seines aktuellen, selbstbetitelten albums mischte der barde älteres material und auch jenes aus fremder feder wie "the fair flower of northumberland", aber auch ganz frisch erstelltes. abwechslungsreichtum fand sich aber auch in jeder einzelnen note.
Auch in Berlin war es ein einnehmender, ungemein berührender Abend.
AntwortenLöschenHöhepunkt war das zum Abschluss acapella dargebotene The Cruel Mother.
ja, gab es bei uns auch. nebst eines weiteren, ein trinklied? hab diesmal nicht mitgeschrieben.
AntwortenLöschenDa wär ich glaub ich auch gut aufgehoben gewesen.
AntwortenLöschenAber leider gibt es sie, ab und an, die Abende, die man nur mit "Falsche Zeit, falscher Ort" überschreiben kann...
Viele Grüße,
Gerhard