seiten

Mittwoch, Februar 18, 2015

neue töne (1497): the white birch


im widerschein eines mählichen wandels, der dem geübten auge herausforderung und aufgabe zugleich ist, sprechen diese klänge an wie das glitzern tausender scherben einer zerborstenen fensterscheibe. das kristallene licht ist transparent und in vielfachen nebel getaucht. bevor es aus seiner diffusen anspannung zum blender werden kann, wird es gekreuzt und der blick gekonnt abgefangen. im behenden weichen verliert es sich leichter.

eine violine zittert, als trüge sie die last, das piano sprengt dagegen, so klar, so fest der anschlag. sirenengleich das backgroundleuchten, davor bleiern, wie aus fremden welten zurückgekehrt, ola fløttums stimme. einer erinnerung gleich blass, verfärbt, von bildern besetzt. 

wenn das leben sich türmt, gibt es wenige fragen, die beantwortet werden wollen. die zittrige angst macht laufen und du landest alsbald gekonnt vor deinen eigenen trümmern. trügerisch auch, wenn man sich stellt. wer bleibt, besticht. wer geht, fremdelt. ein abwägen, das nur den trumpfenden geistern nützt. und wenn du nicht gerade ein fahrensmann bist, dann wirst du bleiben und nach für nach zum entdecker einer berstenden welt, die sich neuerlich zusammensetzt und bleibt, was sie vordem war.

geheimnisse sind keine, weil sie sich willentlich verstecken. sie offenbaren sich nur in stiller weise. das erkennen ist nicht gebunden. es ist frei von dünkel und von zwängen. wie das blatt sich wendet. der krug bricht, sobald er den boden berührt. ein moment für tausend kommende.


2006 beendete die norwegische band the white birch ihre zehn jahre währende karriere, nachdem sie vier alben und eine ep veröffentlicht, nachdem sie dem slowcore neue texturen abgerungen hatte. ola fløttum, hans christian almendingen und ulf rogde gingen auseinander, so still, wie sich ihre musik gebahr. wenn sie aber nachtönte! dann nicht nur in den ohren der hörer. auch fløttum konnte nicht lassen. und stellte sich dank dieses ventils seinem dämon. der vielfach keiner war, sondern nur vergangene zeit, nur das leben selbst. nuanciert, mal grell, dann wieder pastellen. mit "the weight of spring" veröffentlicht er eine songsammlung, die weniger zäsur bedeutet, als dass sie zusammen zu fassen sucht, was in den vergangenen neun jahren passiert war.

wie wellen ans ufer stossen die pianoklänge an die gestade der wahrnehmung. silbern ziert sich die umringende ferne. ein flächiges fabulieren aus flächigem drone, gesang und violinensirren. wenig eifrig die stimme, changierend zwischen bass und kopf.

das album, welches der sänger und songschreiber seiner mutter widmete, thematisiert nicht nur ihren tod, es stellt die notwendige frage nach dem danach und lässt konsequent offen, wie solch ein verlust zu buchstabieren ist. es gibt ein darüber hinaus, das sich nicht begreifen lässt. es ist in worten gefangen, die sich nicht binden, zwingen lassen. poesie halt, wie sie ola fløttum an mancher stelle magisch gelingt.

und dann im duett rezitiert, dass einem das herz zerspringt.

glück findet sich. ole-henrik moe (violine, viola, singende säge), pal hausken (drums), moren barrikmo, susanna wallumrod, ingrid olava, ellen dorrit petersen, ingar hunskaar, bob katz sind weniger stütze, denn flottierende begleiter. sie schaffen ein gewerk, das stabil und zugleich bereit ist, unter wechselnden bedingungen die lesart zu wechseln. es kann wispernd lächeln, stoisch blinzeln, entzückt nuscheln, verstohlen liebkosen.

das album, das am 27. februar auf glitterhouse records veröffentlicht wird, muss sich keinen weg bahnen. es benetzt den hörer von anfang mit feenstaub. es birgt den zauber dieser tausendfachen kleinen momente, von denen wir uns tragen lassen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen