bei großveranstaltungen neige ich nicht zur krittelei. zu viele
unwägbarkeiten, zu viele unwahrscheinlichkeiten, zu viele zufälle, die
ein gut organisiertes event durcheinander geraten lassen können. die
basis ist entscheidend, die grundlage, das fundament, auf dem man die
gerüste seines engagements aufbaut. und die sind wohlgelitten, wenn man
an die kumpanei der innen.außen.raum mannschaft denkt. junge münchner, die im
ehrenamt aufzugehen scheinen, planen, führen durch und werten aus. in
aller selbständigkeit und selbstverständlichkeit und vor allem in einer
art und weise, die gewese und bohei außen vorlässt. sehr sympathisch,
geerdet und dennoch mit viel, viel anspruch. der setzt sich bekanntlich
durch, beharrlichkeit, die zum ziele führt. mit der vierten ausgabe des innen:welt festivals erfährt man nicht zuletzt etwas von der hingabe zum
projekt, der liebe zur musik, der glaubhaftigkeit des unternehmens und
vor allem der geübten hand der organisatoren. es war eine rundum
gelungene veranstaltung, die da am samstag, dem 11. januar 2014, durch
die flure des kafe kult in oberföhring rauschte. neben den erstklassigen
acts fielen vor allem die interessierten und begeisterungsfähigen
zuschauer auf. offenbar hatte sich auch hier die spreu vom weizen
getrennt. das musste man in vorjahren schon anders erleben. weniger
eventhopper als affinicados des außergewöhnlichen musikalischen
ausdrucks fanden nun zugang zum früh ausverkauften festival. auch ein
erfolg. ein großer.
wenn ich einen verbesserungsvorschlag unterbreiten müsste, bäte ich um eine zweite bar. die tüchtigen mitarbeiter hinter
dem einen tresen gaben ihr bestes, waren zuweilen aber mit dem ansturm
überfordert. meine trockenzeiten wusste ich aber bestens in
unterhaltungen oder besonderer aufmerksamkeit den künstlern gegenüber zu
erschlagen. mein kopf dankte es mir spätestens am nächsten morgen. so hat das beklagte eine auch sein gutes gehabt.
ein wenig hatten wir vom früh begonnenen
programm verpasst, so stiegen wir mit cat stash aus regensburg ein. das
duo spielte im kleineren veranstaltungsraum, dem cafe, auf. eine besetzung aus gitarre/gesang und schlagzeugarbeit. jenes war kein
trommelschmeicheln, kein bezirzen oder besonnenes beschlagen, kein
finessieren oder perkussieren. hier wurde getrieben, angeheizt, zur not
vorwärts gepeitscht. stets auf der höhe, um die richtungswechsel
mitzutragen oder einzuleiten. melanie an den drums wirkte dabei hinter
ihrer kleinen trommelgarde weniger wie ein drummingungeheuer als eine
schlagzeuglady, die aber allen hoffnungsträgern schnell den garaus
machte, indem sie betonte, dass knutschen heute nicht mehr möglich wäre,
und sprach zudem die empfehlung aus, man möge doch das von ihr mit
herpes verseuchte mikro nach dem auftritt verbrennen. sicher ist sicher.
humor am rande einer vorstellung, die nicht weniger ungeschlacht sein
könnte. da tat sich andreas hervor, der sänger und gitarrist, der seinen
liedern zunder gab, sie mit einem ordentlichen drive versorgte und sie
mit einer angekickten stimme versah, die manchmal ganz zart und leise
tönte, oder die er anderenorts wieder, mit verve versehen, über die schwierigen noten lockte. die paarung an sich stellt nichts ungewöhnliches dar, aber die verquickung von folk- mit rockelementen hat ein besonderes. als tönten die pole, leicht verrückt, in pulsierender nähe. eine verständigung auf augenhöhe, die man hier mit leidenschaft versehen gerne sah. lieblingssong: "among you mammals".
talking to turtles auftritt wurde zu einem ganz besonderen highlight.
vielleicht weil die erwartungen beider seiten nicht so hoch waren. hier
das publikum, das mit einem neuen headliner zurecht kommen musste,
nachdem sehr kurzfristig eine absage zu verdauen war. dort die band, die
erst zwei tage zuvor von ihrer einladung erfuhr. claudia und florian
mutmaßten zudem eingeschränkte begeisterungsfähigkeit beim münchner
auditorium, nicht von ungefähr. so mancher künstler konnte in der
bajuwarischen hauptstadt davon berichten, gegen eine stumme mauer aus
mauen gesichtern und trägen leibern aufgelaufen zu sein. doch diesmal
war alles anders. nicht nur dass sich die anwesenden zu den oft leisen
liedern selbst still verhielten, auch den nachfolgend gebenden apllaus
ließen sie gewaltig branden. so fanden sich die beiden protagonisten
flink in ihre neue münchner rolle ein. nämlich abzuheben, sich gehen zu
lassen, den wunderbaren songs freien lauf zu gewähren. hier wird die
gitarre angeschlagen, dort das tastenwerk bewegt, hier wird angesungen,
dort fortgetragen. hier erzählt, dort gesummt. miniaturen, die von
pausen getragen, alltägliches bebildern und zu etwas besonderem machen.
in der interaktion der künstler besticht die vertrautheit, die mehr und
mehr zu zugewandtheit wird. das terrain ist erobert, das publikum
eingenommen. jetzt darf es auch vitaler werden, geschrammelt, geklopft
und gebalkt. denn leisetreter sind die beiden nun wirklich nicht. auch
wenn es scheinbar auf jede note, jeden ton ankommt. ausformuliertes, in
der bedachtheit zum kleinod gezüchtet. harmonien, die wie eine wärmende
hand unter den pullover kriechen. wärme macht sich breit. die einen
entkleiden sich, die anderen öffnen die herzen. was sie in 2014
fabrizieren wollen, davon haben talking to turtles noch nichts verraten, was
in der vergangenheit bereits gelang, daran durften alle teilnehmenden im
wahrsten sinne teilhaben. bis zum abschließenden "beam me up scotty",
welches man zumindest in teilen gemeinsam sang.
die
erst seit kurzem gemeinsam aufspielende berliner band zelf stellte dagegen ihr
licht immer wieder zu sehr unter den scheffel. denn das vortrefflich
aufeinander eingestimmte quartett brachte alles mit, was der abend
brauchte. in dicken schichten ausgelegte power, die nicht nur blind nach
vorne stobte, sondern die bei den zügeln gepackt, die beherrscht wurde.
was sich postrockig gerierte, erwies sich als leidenschaftliche und
wohl austarierte musikalie. neben einer sich schwer zu beherrschenden
rhyhtmusfraktion aus bass und schießbude glänzten der gitarrist mit
glitzerblitzen und eine sängerin (lisa von billerbeck), die bei aller zur schau gestellten
schüchternheit ins mikro arbeitete wie eine routinierte. die melange aus
diesen versatzstücken ergab ein allen erschütterungen trotzendes
gerüst, durch das feine linien gezogen wurden, auf denen memorable
melodien tanzten. vorgetragen mit einer mutigen 90iger attitüde und dem
charme des hauptstädtischen untergrundes. dazu passten ganz natürlich jene missgeschicke, die sich gern zur nervosität gesellen. erst zerhieb es den stuhl des schlagzeugers, so dass er während des konzerts beurlaubt und durch einen neuen ersetzt werden musste. dann konnte der leadgitarre kein störungsfreier ton mehr entrinnen, weil ein anschluss sponn. abschließend wollte die gemeinschaft die band gern zu einer zugabe einladen. der vierer konnte dem leider nicht nachkommen, weil alle lieder gespielt waren. eigentlich ein sehr schöner zustand. des auftritts wird man sich auch so gern erinnern. die sich drehende welt, innerhalb der stillstand geübt wird, das hat was. echt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen