neben dem ungewöhnlichen foto fällt am cover von "unlearned" vor allem die farbgebung auf. das außerordentliche (royal-) blau mit beängstigender strahlkraft und tiefe wurde auf wunsch scott matthews gewählt. und wer sich ein wenig mit den gestaltungs- und vor allem auch finanzierungsaspekten in bezug auf farbgebung und covergestaltung auskennt weiß, dass diese art der extravaganz nicht ohne folgen bleibt. doch nicht nur hier, auch das polarisierende an der musik scott matthews ist unstrittig. das ausgelebte emotionale tiefschürfen ist nicht jedermanns sache. ein greinen, ein weinen, ein schluchzen, ausbrüche, gefühlstaumelei, seit jeher bestandteil des ausdrucks des new yorkers, treffen auch das geübte ohr oft genug unvermittelt. die konsequenz, mit der der barde seinem sentiment nachjagt, es gar umhegt und pflegt, ist es, die des kritikers grundabwehrhaltung umreisst.
die ersten orgeltöne wabern geheimnisvoll in den raum, ohne ihn zu füllen. erst scotts stimme drängt in die breite, obwohl sie sich zahmer selten gebahr. gitarrentupfer ornamentieren den auftaktsong und begleiten den barden mit australischen wurzeln bei seiner bee gees performance. die englische band hatte "to love somebody" einst als zweite single ihres debütalbums veröffentlicht und erreichte 1967, vielleicht eine annäherung an die liebe scotts zu diesem song, ausgerechnet in der heimat matthews die höchste chartposition (6). seine version ist angemessen verhalten, voller stolz getragen und mit wahrer inbrunst ausgeführt. kein süssliches aufblähen, kein sentimentales abtauchen. die worte, fast gehaucht, strömen in das karge klangbild wie nebel auf die bühne und fassen die atmosphäre beidhändig. etwas religiöses macht sich breit, als lese gleich ein pastor die messe. es lassen sich leicht 40 'offizielle' coverversionen dieser gibb komposition finden. kaum eine wird den scottschen standard erreichen.
ein schleier überzieht die gesichter des sängers. die bereits verhangene miene erhält ein neuerliches geheimnisplaid. dass sich matthew mit coversongs herumschlägt, obwohl er selbst zu songwriterischen klangtaten in der lage ist, seine mittlerweile zu ordentlicher größe gewachsene discography beweist es nicht nur quantitativ, ist vielleicht vor allem der tatsache geschuldet, dass fremde lieder mehr schutz bieten. dass sie weniger zum sich häuten, zur kompletten nacktheit einladen. doch sind sie zuvorderst vor allem begleiter im laufe des lebens matthews, langjährig akustische gefährten, die sich nun wie ganz eigenes liedgut anfühlen. jeder interpretation wohnt genau dieser geist inne.
sicher eine besondere herausforderung war "i wanna dance with somebody", aus dem munde whitney houstons chartstürmer, in vielen ländern nummer eins platziert. geschrieben von george merrill und shannon rubicam (boy meets girl), überwiegt bei scott matthew magische eindringlichkeit, abseits konstruierten arrangements. vornehmlich auf piano setzend, markiert die ukulele matthewsches terrain. nicht zuletzt der im gefühl verfangene gesang glüht als markierungszeichen über den noten. kein vibrieren, keine haltungsschwäche, scott versinkt im stück und taucht aus ihm wieder auf, um sich die botschaft zu eigen zu machen. im refrain wird der song zur hymne, selbst für die zahlreichen verächter dieser popnummer.
eher gegenteilig werden die reaktionen auf die interpretation von "darklands" sein. die kultisch verehrte truppe the jesus & mary chain brachte den track 1987 als dritte single des gleichnamigen albums heraus und scheint bis heute über jeden zweifel erhaben. dass scott matthew auf "unlearned" gerade dieses lied so handzahm und mit der ihm eigenen brüchigkeit vorträgt, werden eingefleischte fans alles andere als vernachlässigbar finden. dabei entfernt er sich nicht so weit vom original, hält den melodiefaden und auch die dynamik, die diesem lied innewohnt. sie zeigt sich nur subtiler, nachgiebiger und kommt zuvorderst im refrain zum tragen.
wer scott in den letzten live erlebte, hat einige der songs von "unlearned" bereits hören dürfen. nicht zuletzt "harvest moon" von neil young zählt dabei zu den favorisierten in der auswahl matthews. so zwingend wie ihm das lied aber auf tonträger gelingt, hat man es noch nie vernehmen dürfen. die eingangszeilen in aller unbeweglichen stille, katapultiert sich matthew nachgerade in die berühmten zeilen. etwas beschwingtes macht sich breit, das klavier klimpert, die mundharmonika flottiert. wesentlich bedeckter und doch nicht weniger gelungen geriert sich "love will tear us apart". der joy division song ist ein stetes zögern, ein blasser tonaler abdruck im raum, der von pianotupfern getragen, von einem weichen bass umspielt wird.
radiohead, john denver, rod stewart, um weitere namen zu nennen, deren lieder sich matthew angenommen hat. vielmehr, die er zu atmen in der lage war, denen er seinen ganz eigenen odem eingehaucht hat. insgesamt 14 tracks, die sich nahtlos in das oeuvre matthews einfügen lassen. denn er blieb sich treu.
scott matthew "unlearned" erschien am 28. juni auf glitterhouse records.
wem's gefällt.... hab den kameraden vor ein paar jahren am theatron gesehen, mir war es zu ätherisch. wie hat der reinhard von glitterhouse mal so schön über 'mercy of maria' von midnight choir geschrieben: "das will ich auf meiner beerdigung gespielt kriegen, dann weinen wenigstens ein paar leute". man kann zu diesem zwecke auch scott matthew heranziehen...
AntwortenLöschengrüße,
gerhard
ja, verstehe schon, dass man matthew auch anders begegnen kann.
AntwortenLöschenmich hatte er von anfang an. das war vor einigen jahren auf einem bavarian open...