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Donnerstag, April 18, 2013

neue töne (1270): clemens denk


bevor wir uns auf irgendein release stürzen, wollen wir kurz hinter die kulissen des veröffentlichenden labels gucken. mit totally wired records treffen wir auf eine wiener unternehmung, die es nun bereits etwa ein jahr gibt. die idee dahinter bestand zunächst darin, eine plattform zur veröffentlichung eigener bzw. der musik von freunden und bekannten zu haben, mit aller denkbaren unabhängigkeit, die aufgeweckte menschen dieser tage haben wollen/müssen. der stilrichtung nach, die sich in der öffentlichen wahrnehmung unterrepräsentiert zeigte, offerieren die vier labelbetreiber/innen eine ernsthafte liebe zu mark e. smith und schließlich zu labels wie factory, in the red, norton, stones throw... nicht zuletzt zeugt der erste labelsampler, zugleich die erste veröffentlichung von totally wired, von einer raubeinigen, aber durchweg sympathischen herangehensweise. mittlerweile sind sieben tonträger hinzugekommen, die noch heuer um zwei weitere ergänzt werden sollen. neben dem zweiten labelsampler erwartet man ganz aktuell die lp von crystal soda cream, die im laufenden april erscheinen wird. zudem betreiben die labelisten gemeinsam mit einem freund einen kleinen plattenladen mit kaffeehauscharakter, wie sie es beschreiben, den transformer.
damit haben wir gleich mehrere einladungen ausgesprochen, nänlich zur beschäftigung mit dem label, mit seinen ergüssen sowie einem besuch in dem wiener musikaliengeschäft.


zielführend für diese heutige notiz war aber vor allem clemens denk, den wir auf totally wired reocrds gleich zweimal finden. zum einen setzte er mit seinem longplayer "lieder" ein deutliches markenzeichen, nicht nur musikalisch, sondern auch als erste eigenständige veröffentlichung des labels (mai 2012). der 15tracker hat, zumindest in den eingeweihten kreisen, für ordentlich furore gesorgt. und: zum anderen legte denk ende märz eine neue single vor, die sich auf die ältere veröffentlichung beziehend "leider" schimpft. die kurze enthält mit "need a kiss" und "der alte vertreter" zwei neue tracks und erschien im laufenden april.

clemens denk ist, so lässt sich es sich zumindest einigen quellen entnehmen, vor allem bildener künstler, der an der universität für künstlerische und industrielle gestaltung linz von 2003 - 2008 studierte, mehrere ausstellungen bestückte und auf abwegen auch vinylrillen als musiksklave bedient. denks ausdruck ist dabei ein zunächst klarer, der die doppelbödigkeit trefflich zu verstecken weiß. etwas linkisch hier, etwas fordernd anarchistisch dort, treibt es ihn in richtung beliebigkeit. doch der dünne strich verliert sich nie im nichts, sondern wird kontrastierend an anderer stelle zurückgeführt. beschäftigt man sich mit denk, wird man immer wieder von einem objekt zum anderen, von einem lied zum nächsten geführt. ein feiner faden, der sich so spinnen lässt. hätte sich der künstler auch an holz versucht, würden wir es vermutlich mit einer geschlagenen eiche zu tun bekommen, der an einer seite die rinde fehlt, auf der anderen würde die axt bis zum mark hin geführt. ein ins off gerückter gesang, ein stolpernder beat, etwas klavierbeimischung. in ständiger wiederholung treffen simplizitäten den hörer, bis zum erbrechen wird der zorn geübt. auf regeln, auf aufgaben, auf missverständnisse, auf kompromisse. doch die dinge entwickeln sich. nicht an denk vorbei, in seinen reflektionen sind die widerstände kühn, aber nicht ungebrochen. waren ag geige konsequent und laut, so ist denk verhaltener, aber nicht weniger mutig. dem unverständnis reicht er die andere wange hin. punk, kunstlied, dadaismus. pur. roh. ungeschliffen.

erstaunlich, dass clemens nicht auch für das cover seiner single verantwortlich zeichnete. die zum ohr stilisierte auster passte trefflich ins konzept. das banale und das hintergründige. immer nah am unverständnis, immer nah an der abkehr. "need a kiss"  ist ein stoischer rumpler, ein abstrafer und möchte-gerner. der beat blechern, der bass dumpf, eine verwehte orgel, denks sprechgesang. der sound ist dicht, verwoben, (be-) drängend. ein großartiger track. "der alte vertreter" dagegen wird zum synthiefanal, zum eleganten schieber, zur frustrationsnummer, zum couchlümmler, zur zumutung und zum zugewinn. an wunderlicher schleife, steifem beat und geräuschemodulation für hungernde. war "der neue vertreter" (auf "lieder") noch ein mutiger aufgesang einer aussterbenden rasse ("die welt nimmt ihren lauf, doch ohne mich ist sie allein"), so wird dem "alten vertreter" wohl endgültig der garaus gemacht.

denk ist eine echte entdeckung. danke an totally wired. wir bleiben in verbindung.


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