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Mittwoch, Mai 30, 2012

konzert: orange blossom special 16, teil 4

wenns mittags schon heiß war, dann war der frühe nachmittag glühend. es zog sich bis in die abendstunden des samstags, dass man kontinuierlich auf der suche nach schatten war. oft gab es löchrige stellen im publikumsverbund, dort, wo die strahlen mit voller wucht auf die erde trafen. mit voller wucht hatte uns auch scott matthew getroffen. nun sollte andrea schroeder folgen.

die hochgewachsene, in dunkles blau gewandete sängerin versammelte vier burschen um sich, die nicht weniger mienenspiel vermissen ließen als ihre frontfrau. doch die in düsterer theatralik vorgetragenen songs vertrugen diese steife atmosphäre. die konzentration lag voll und ganz auf den romantischen, verhaltenen, mit schwerlastigen elementen durchzogenen darkfolkliedern. zurückhaltendes schlagwerk, gründener bass und eine filigrane akustische gitarre genügten für den an nick cave und co. gemahnenden vortrag. bindend der einsatz einer shrutibox, erhellend der getragene gesang von andrea schroeder. tempoforcierungen gab es kaum, elegisch zog sich das programm. die entstehenden längen waren den bedingungen nicht angemessen. das tageshell, der schweiß unter der sonne und das gefühl, eine gute zeit zu haben, standen dieser band entgegen. doch goutieren konnte man die anstrengungen der vier durchaus, denn kunstvoll breitete sich eine stimmung der benommenheit, fast schon beklommenheit aus. dräuend und unheil verheißend. insbesondere die gitarrenlines zogen sich wie rachegefühl im clinch durch den markigen sound. ein ausbruch hier und da hätte nicht nur aufgelockert, sondern auch die aufmerksamkeit geschürt. denn songs wie "blackbird" oder "blackberry wine" bleiben gern im ohr verhangen, sie haben eine qualität, die sich erst im nachhall offeriert. ja, und auch frau schroeder hätte man sich etwas munterer in der publikumsinteraktion gewünscht, sie wirkte etwas steif und angespannt. insgesamt jedoch eine horizonterweiterung.
setlist: dark nightingales / wrap me in your arms / wild oceans end / winter days / death is waiting / blackbird / blackberry wine / ghost ship / bebop blues / my skin is like fire / good times end / paint it blue / the spider

andrea schroeder – blackberry wine

reden wir von gnadenlosem fuzzrock, aufgetischt von alternden haudegen, die ihre motorradclub kutten ins nordrheinwestfälische hinterland ausführen und allen ernstes nach gestandenen bikern im auditorium suchen. erzählen wir von jungs, die mit ihrem alter hinterm berg halten, die in die kamera posen, als gäbe es in den nächsten hundert jahren hierzu keine gelegenheit mehr, die kokketieren und jungspundallüren gassi führen und dabei einen charme versprühen, der über die vielen jahre hinweg keine patina angesetzt hat. the fuzztones kommen zwar aus einer anderen zeit, sind jedoch vielleicht mehr im hier und jetzt als manch eine ihrer nachfolgekapellen. die drei männer und ihr weiblicher sidepart rockten auf teufel komm raus. die lustig anzusehenden gitarren, holzschnitzarbeiten?, mähten durch das wallende feld aus hammondorgelwogen und den knüppeldicken schießbudenhalmen, abgeschossen von einem wild grinsenden kerl, der wie sein frontmann verwegen anzuschauen war, der dem alter zu trotzen suchte und sich dabei in der figur eines alternden wrestlingkämpfers gefangen sah.

die schillernde messe überrollte die überrascht dreinblickende masse und sorgte für ordentlich bewegung in ihr. ein wirklich erster höhepunkt an einem an höhepunkten reichen tag. wer vor dem konzert ordentlich whiskey- cola kippt und dabei aussieht, als wäre er gerade aus der koje gekippt, um dann später wie frisch aus dem ei gepellt auf die bühne zu latschen, dem zoll ich respekt, wie man es für einen fahrensmann eben tut. die performance der vier war bestechend. jede note saß, so treibend sie auch vorgetragen wurde. dazu sah die truppe auch noch schnieke aus. die seidenhemdchen unter den westen der gitarrenträger, lead (+vocals): rudi protrudi und rhythm: lenny svilar, aufeinander abgestimmt, das hochbehackte mädel lana loveland mit einer dem genre angepassten frisur sowie einem drummer, rob louwers, der der roheit verfallen nur ein wenig leder trug. das war purer rock 'n' roll mit einem schlenker fuzz!
setlist: blues theme / bad news / in heat / highway 69 / i never knew / cheyenne / get naked / romilar / ward / witch / heathen set / cinderella / she's wicked / strych 9 / me tarzan, you jane / caught you

die letzte begegnung mit israel nash gripka war auf einem münchner hauskonzert. ein intimer rahmen, der sich fast schon akustisch gab. auf dem obs zeigte sich der amerikaner in voller kampfstärke. was man auch von seinem leibesumfang sagen musste. der eh schon kräftige bursche hatte noch einmal ordentlich zugelegt. seinem auftritt tat dies keinen abbruch, im gegenteil haute der sympathische kerl sofort in die breite kerbe. er sang anfangs derart aus allen rohren, dass innerhalb kürzester zeit der schädel zu glühen anfing. das rot schwand glücklicherweise nach und nach. sein americana ist ein ungeschliffener diamant, der rock treibt ihn ein ums andere mal auf saftige wiesen, sei es dank eines solos, dank eines gesanglichen kraftaktes oder weil die band testosteron strotzend agiert. zumeist aber wird ein ton angelegt, der der melodie vorschub leistet, den harmonien untergrund bereitet, der dem ausgezeichneten songwriting eine spur aufzeigt.

"fool's gold" kommt da einem hymnus gleich, "sunset regret" einem gemütlichen schleicher, der seine stärken in form einer weissagung, eines feinen gitarrensolos, in der farbe geschnittenen korns ausspielt. "goodbye ghost" wird zum breitwandigen etwas, das sich schwerfällig geriert und erst im refrain erlöst wird. "baltimore" macht den abgesang und gripka brüllt sich die seele aus dem leib. sein raues und erstaunlich breit gefärbtes organ weht über den glitterhouse garten hinweg. "four winds" ist sämig und die band spielte mehr als formidabel auf. trotz der jugendlichkeit manches protagonisten gelang ein rundes soundbild, dem man schöne bilder abtrotzen konnte, typische, weite, sehnsuchtschwangere bilder. nicht zuletzt, weil gripka mit zunehmendem alter immer besser, schneller auf den punkt kommt, weil seine melodien memorabler sind, weil seine erstaunlichkeit kanalisiert wird, ohne unnötige reibungsverluste. nennen wir es identität, die sich über die jahre herausgeschält hat. wenn man ihm etwas nicht vorwerfen kann, dann ist es, irgendwo abgekupfert zu haben. der typ ist ganz eigen und deshalb gerade recht fürs obs.

im nächsten teil dann einige worte zu u.a. immanu el, erland & the carnival...

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