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Sonntag, April 22, 2012

neue töne (1129): dreamend

immer in solider schieflage. so wie dich die dame von der bar aus angrinst. ein bild, dem man nur selten wiederstehen kann. der leicht geneigte kopf offeriert interesse. hält aber auch die wilden geister in zaum. wer ließe sich gehen in aller öffentlichkeit. mit dem neuen album von dreamend verhält es sich in gewisser weise ähnlich. es arbeitet mit wohlklängen, gleißenden soundbildern, flächigen texturen, mit salbungsvollem gesang, einem keckernden banjo, mit kling und klong und tritt dennoch von zeit zu zeit dem eigenen klang ins kreuz. etwas drone, ein spinnerter ambienter einschub und schon kippt die formvollende note. schlotternder folk, bibbernder blues, entsprunger singer/songwriter, in der lebensschule geschliffen, in den heimischen wänden versucht in form zu bringen.

by tara giancaspro

mit "and the tears washed me, wave after cowardly wave” gilt es den zweiten teil von ryan graveface vorzustellen, der auf das 2010er "so i ate myself, bite by bite" (unser beitrag) folgte (im februar dieses jahres auf graveface records). während sich der erste part mit der psyche und den untaten eines serienkillers beschäftigte, widmet sich der darauf folgende nun mit dem blutrausch und dem tod. über das vorliegende album muss man aber etwas mehr wissen. im leben des mannes hinter dreamend hat sich doch einiges getan. zunächst zog er um, verlor während einer flut allmöglichen persönlichen kram, zog in einen rechtsstreit, eröffnete einen plattenladen und verlor schließlich noch einen lieben menschen. beim umzug von chicago nach savannah ging zudem einiges zu bruch, was er der umzugsfirma mit auf den weg gegeben hatte. das cello zerbrach in zwei hälften, "[...] my banjo was butchered, my expensive bell set was somehow obliterated, my organ’s insides were ripped to shreds, my main vocal mic was broken, not to mention all the damage they did to my non-musical possessions.", schreibt er weiter. dass ihm hernach nicht klar war, wie er weitermachen sollte, dürfte deutlich geworden sein. fast sein gesamte instrumentarium war im eimer und er war gezwungen neue wege zu gehen. "i recorded only using things mangled in the move. i felt that would parallel the storyline quite nicely. the result is a great deal of out of tune, broken and raw emotional sounds." martialisch klingt es, wenn er behauptet, "you can hear these instruments dying with each note". auf dem boden oder dem tisch brachte er den beat zustande und gibt an, dass er wohl das eine oder andere mal daneben gelegen wäre. zurückblickend war es eine schwere, aber letztlich doch auch irgendwie schöne zeit.
"and the tears washed me, wave after cowardly wave” ist ein den umständen geschuldetes etwas schwachbrüstiges werk, weil ihm manchmal der druck, das abgerundete soundbild fehlt. dabei ist es aber erstaunlich abwechslungsreich, voller sprühender ideen und herrlich instinktiver arrangements. ryan setzt eine tolle harmonie nach der anderen in das kurven- und finessenreiche terrain und entlässt den hörer leicht angeschicktert aus seiner düster kombinierten welt. ein ereignis.

dreamend - the face on the tintype by dreamend

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