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Mittwoch, November 30, 2011

neue töne (1073): pilots at sea

zeit für ein label. diese stimme, androgyn, der zuordnung entzogen. die begleitung im halben moll versunken, mit cellofahrten zwischendrin und einem zögerlichen hookabenteuer. die melodie macht keinen hehl aus der geste, die nach dem hörer schnappt. der casio überwindet die bridge, danach fährt der song fort. hier ist weniger mehr und obwohl selbstproduziert, hat man nie den eindruck von billig oder das irgendetwas fehlte. ihren von gitarre, drums und gitarre dominierten sound wissen sie um samples und andere elektronische einschlüsse zu ergänzen. manchmal klingen pilots at sea auf angenehme weise antiquiert, wie aus dem jahrzehnt genommen, das sich so aufgeregt geriert.
kevin konak startete die unternehmung zum ende der neunziger. blend in pulse nannte sich das damals noch und war in st. etienne beheimatet. seine ersten songs nahm er auf seinem computer auf und stattete diesen zunehmend mit halbwegs vernünftiger software aus. ein teenager im home studio. 2005 ging kevin nach london und verändert auch seine arbeitsweise. er legte von nun an mehr wert auf eindringliche melodien sowie auf die lyrics. das, was einst pilots at sea werden sollte, nahm zunehmen struktur an. weitere fünf jahre später, nahm kevin vlada pejkovic, einen freund und komponisten aus belgrad in sein projekt auf, das sich von einer solonummer zu einem vollwertigen duo weiterentwickelte. die erste ep war die logische konsequenz aus diesem gemeinsamen tun. über mehrere monate hinweg arbeitete man in london bzw. belgrad, hier kevin an den melodien, den gitarren- und vocalparts, dort vlada an den arrangements und den bassläufen, den rhythmen und samples und keyboardparts. die drums schließlich nahm man in lyon auf, das cello im jack in a box studio in london. gemixt und gemastert wurde von mathieu vallet in lyon. zudem fand man in benji davies einen illustratoren, der sich des artworks annahm.
eine runde sache ist am ende die sechs tracks umfassende "pilots at sea" ep, die bereits im sommer das licht der musikwelt erblickte, geworden. sie lebt von einer melancholischen grundstimmung, einem optimistischen tenor. sie schafft alleinstellungsmerkmale dank einer außergewöhnlichen stimme, dank eines ganz eigenen klangbildes, das den jungen künstlern, die nach wie vor auf der suche nach einem label sind, gelang zu entwerfen.
pilots at sea - gravelines

Dienstag, November 29, 2011

eingestreut (344): markus hulthén

verflixt schöne sounds gibt es dieser tage von markus hulthén zu hören. orgelsounds, die zwischen folkmelodie und psychedelicausritt changieren und jederzeit eine melodie parat haben, die unbedingt fesselt. drei songs dieser qualitätsware gibt es bereits zu bestaunen und so kann ich Euch nur auf diese reise ins innere (ja, kitsch) einladen, denn nichts anderes passiert, wenn man sich in den sog des dreiers aus stockholm, der neben dem gleichnamigen bandleader markus hulthén (auch als teil von mackaper bekannt) gustav nygren (bass, sänger und gitarrist bei new rose) und christoffer narin (drumns, auch bei chicken el diablo) beschäftigt. wenn die stockholmer mal einen longplayer loslassen sollten, bin ich auf jeden fall dabei.

visa från svedmyra by markus hulthén

fjäderberget by markus hulthén

detektiven by markus hulthén

eingestreut (343): kayo dot

im september veröffentlichte hydra records den neuen tonträger der avant rockband kayo dot, die ep "stained glass" auf lp, in einer auf 500 stück limitierten version (in der cd- ausgabe bzw. digitalen form stammt der release bereits von ende des letzten jahres). die in brooklyn beheimatete und unter führung des komponisten toby driver operierende truppe verwendet für ihre cinematoscopischen ausflüge ein riesiges arsenal an isntrumenten, die von gitarren, trompeten, saxophonen, klarinette über synthesizer, orgel und piano bis hin zu vibraphon, gongs, ganzen drumsets, hörnern und posaunen reichen. der experimentelle ansatz erwirkt eine szenerie transparenter schönheit, durch die es unwirklich und etwas unheimlich schimmert. erzeugt wird diese atmosphäre mit kristallinen gitarrenchords, metallenen perkussivgewittern und seufzern aus blasinstrumenten sowie einem steten synthiereigen. "stained glass" empfehle ich für die fahlen stunden im leben, einsamkeitsmomente auf dem balkon, wenn die sonne gerade ihre letzte runde macht. das aktuelle linup der band sieht so aus: toby driver: bass guitar, guitar,clarinet, keys, vocals; terran olson: woodwinds and keys; daniel means: woodwinds, guitar, keys, bass guitar und keith abrams: drumset, bass guitar. ergänzend im einsatz sind mia matsumiya: violin, keys, guitar sowie david bodie: drums & percussion, tim byrnes: trumpet, synth, french horn, ron varod: guitar and synth. das fünfte studiowerk, und so schlagen wir den bogen zur aktuellen stunde, sei gerade in der mache, im oktober enterte man das studio.

Montag, November 28, 2011

konzert: on3 festival 2011, 26.11.11, teil 3

mit serenades trafen wir anschließend auf den shout out louds bzw. den laakos mann adam olenius bzw. markus krunegård, die sich drei kollegen zur seite nahmen, um als band agierend neue fans zu erobern. das große manko dieses konzerts muss man an den anfang eines kaum ausführlich werdenden berichts stellen: der sound war eine katastrophe und über die gesamte länge kämpfte die truppe um die beiden charismatischen frontmänner tapfer dagegen an. doch das stete brummen, die schlecht austarierten basstöne und zusätzlich das völlig unstimmige soundbild konterkarierten jegliche bemühungen um soften schönklang. was man zu hören bekam, ließ leider nur erahnen, dass serenades durchaus den nerv des popaffinicados zu treffen in der lage sind, die schwebenden harmonien, die dank gemeinsamen gesangs hymnischen charakter erhielten, die psych infizierten verwebungen, die gekonnten gitarrenakkorde, letztlich die leidenschaft. ein ums andere mal musste man aber die konzentration gegen den vortrag lenken, weil die klangqualität zu arg strapazierte. natürlich waren sich die musiker der situation bewusst und man muss es ihnen hoch anrechnen, dass sie bei der stange blieben (im gegensatz zu teilen den publikums), dass sie vermutlich noch mehr in die waagschale warfen als üblich. der pop, den sie zu zelebrieren suchten, war schmachtend, immer nah am kitsch, hat aber dank erwachsener melodien jeweils rechtzeitig die kurve bekommen. mit einem longplayer wird zu rechnen sein, denn eine menge songs haben sie bereits parat, und das wird sicher ein großartiges vergnügen. leider im gegensatz zu diesem auftritt. auf bald!
setlist: walking home / earthquakes / come home (snow) / criminal heaven / oceans / birds / you make it easy on me / weapons / all the words

serenades - oceans (white sea remix)

serenades - earthquakes

den ersten wechsel bezüglich der studios nahmen wir weit nach mitternacht vor. wir stellten uns auf den elektropop von neon indian ein, der im etwas kleineren studio 2 ab 1:10 uhr erschallen sollte. der späten stunde wurde tribut gezollt. viele müde gesichter sah man, von alkohol gerötete wangen, tief liegende augen. einiges an volk hatte bereits den festivaltempel verlassen, doch die unentwegten, die neugierigen blieben und füllten auch so den konzertraum in gänze. schließlich trat hier nicht irgendwer an, sondern mit der um den kreativen kopf alan palomo versammelten truppe die speerspitze des chillwaves. die bühne war unorthodox eingerichet, eine größere freifläche in der mitte mutete verstörend einsam an. doch recht schnell wurde klar, dass der kleine, unkonventionell gekleidete frontmann platz zum tanzen benötigte. immer wieder zwang es ihn mitsamt seines mikros in diesen bereich, um einstudierte tanzschritte zu vollführen, die ebenso wie seine klamotten an eine längst vergangene ära erinnerten. die musik war alles andere als packend, denn der sound war recht dünn, nie kompakt und dicht genug, um, ähnlich wie auf den alben, nah an den hörer zu rücken, um ihn zu verzaubern. denn das kann die musik von neon indian allemal. eher singularisierten sich die klänge aus den synthies, der zuweilen akkorde produzierenden e-gitarre, den drums und den sample- und loop geräten und allen weiteren maschinchen, an deren knöpfen unentwegt gedreht wurde. eine ahnung vom schlanken schwebesound bekam man aber dennoch, ebenso von der tollen gesangssimme palomos, die leider auch etwas im nebel versank. etwas lauter wäre sie vor allem für das publikum in den ersten reihen präsenter gewesen. insgesamt jedoch ein guter abschluss für das on3 festival 2011.


team me ****
moop mama ****
serenades **
neon indian ***1/2
einen herzlichen dank an das on3 team, die wohlwollenden mitarbeiter, die fleißigen helfer.

konzert: on3 festival 2011, 26.11.11, teil 2

unmittelbar auf die fabelhaften team me sollten moop mama folgen, die im begleitheft zum festival als marching band gehandelt wurden. vorbereitet werden sollte man auf mächtig viele bläser, einen rapper und zwei schlagzeuger. das machte definitiv neugierig. und die bestätigung folgte auf dem fuß. schon der antritt des vielköpfigen ensembles war furios. quer durchs publikum zog die in farblich abgestimmten jogginghosen gekleidete band gen auftrittsort. die bühne erreicht, konnte, nein musste man sich seitens des auditoriums erst einmal orientierung verschaffen.

gänzlich in rot nahm die bläserfraktion fahrt auf, trompeten, posaunen, saxophone und ein susaphon, mein lieber scholli, ein gerät! in gelb die beiden jungen schlagzeuger, die ihr arbeitsgerät umgeschnallt trugen, was ihnen neben der zusätzlichen dynamik auch bewegungsfreiheit verlieh. schließlich in schwarz der emsige rapper keno, der neben den gesangseinlagen auch für die direkte kommunikation mit dem publikum verantwortlich zeichnete. im folgenden ergab sich immer wieder die eine oder andere nette anekdote im wechselseitigen miteinander. dass die ansprachen nicht immer zündeten, lag sicher an dem umstand, dass ein großteil der anwesenden nicht nur nicht mit der band selbst, sondern zudem oft auch mit dem musikalischen genre wenig vertraut war. doch gerade diese hürde überwanden moop mama in bestform und rissen jegliche barrieren in sachen fremdeln ein. die performance war ein glanzstück des festivalabends. hier die choreografisch ausgefeilt aufeinander abgestimmten bläser, die als zuweilen wechselnde einheiten funktionierten und der ganzen chose ein brass feeling der besonderen art verliehen. dort die beiden ausgezeichneten schlagwerker, die man über den grünen klee loben dürfte, wenn der raum gegeben wäre. ihr style war dermaßen unaufgeregt, dass er im krassen gegensatz zu ihrer leistung stand. bei einem zwischenzeitlichen solo, bei dem sie aus dem hintergrund an den bühnenrand gefordert wurden, ließen sie ihre überdurchschnittliche begabung erst richtig vom stapel, à la bonne heure.

im mittelpunkt stand natürlich der wortgeber, der wortschleuderer, der wortexperimentierer (ja, wir haben mitbekommen, dass auch spontan getextete zeilen eingang in den vortrag fanden) keno langbein, nicht zuletzt von creme fresh bekannt. neben dem sprechgesang empfahl er sich für die internationalen flumimeisterschaften, in dem er den raum der bühne springend ausmaß. er traf dabei auf das protzige susaphon, das jeglichen basslaut in dumpf freundlicher art und weise ersetzte, er rempelte hinter die gelben beatboys und erkundete die zu beiden seiten formierten bläsergruppen. gemeinsam heizten sie saftig ein. das soundbild dicht und ausgemustert dank der vielen klangfarben, der präzisen und in allen spielarten beheimateten ryhthmik. erwähnenswert und keineswegs eine randbemerkung sind die lyrics, die sich durchaus gesellschaftskritisch zeigten, ob in bezug auf konsum, gebahren oder all die fallstricke der modernen welt. vieles macht sinn und das zuhören lohnt. danke moop mama für einen in allen belangen vorzüglichen auftritt.
setlist: 83 beats / geh mit uns / könig der stadtmitte / bad boy / nr.6 / geliebte / 25/8 / orientierungssinn / money / shopping / pide

Sonntag, November 27, 2011

konzert: on3 festival 2011, 26.11.11, teil 1

die letzten jahren hatte es gezeigt, ein besuch beim on3 festival in den studios des bayerischen funkhauses sollte kurz vor dem jahresende immer fest im terminplaner verankert sein. wenngleich vor allem die letzten beiden veranstaltungen meine persönlichen präferenzen weniger ansprachen, zog sich doch der überraschungseffekt quer durch die konzerterlebnisse. da konnte man in 2010 born ruffians oder crystal fighters und heuer moop mama oder team me gegen scout niblett, the felice brothers oder cat power halten. die wertigkeit entsteht nicht über den namen, den bekanntsheitsgrad, sondern einzig und allein über die gebotene performance. insofern ist es und war es je ein plus des großartig organisierten festivals, dass es auch den mut zeigt, auf unbekannte größen, darüber hinaus auf den bayerischen nachwuchs zu setzen und so zu fordern und zu fördern.

einer der diesjährigen schwerpunkte lag auf der präsentation des soundtracks der jüngsten ägyptischen revolution, denn mit wust el-balad, deep und neobyrd hatte man drei künstler bzw. bands nach münchen geladen, die mit ihrer musikalischen untermalung keinen geringen anteil an den erfolgreichen bestrebungen ihrer landsleute zum sturz des regimes hatten. dass ich keinen der drei acts gesehen habe, lag weder am mangelnden interesse noch an ausweglosigkeit. mehr am timetable, der sich jährlich als herausforderung darstellt. vorrangiges problem ist dabei der sehr späte zeitpunkt, zu dem man erstmals einen blick auf die studioverteilung der bands und ihre antrittszeiten werfen kann. sich überschneidene programme zwingen zudem, sich für einen auftrittsort zu entscheiden, wenn man, vorausgesetzt, komplette konzerte erleben will.

studio 1 bot unserer meinung das zunächst spannenste, ausgewogenste programm. mit team me begann man hier zudem mit einer frohnaturkapelle, die man gut und gerne auch als headliner in den tiefen der nacht hätte erwarten können. die quirligen norweger machten keinen hehl aus ihrer vornahme, das anwesende publikum aus seiner anfangslethargie zu befreien. die befeuerung von der bühne war eine einzige lustvolle salve aus manischen synthiekonfettistreifen, randvollen beattonnen, gitarrenlicks, die wie geburtstagskanönchen abgeschossen wurden und harmoniegesängen, die einem schreien näher kamen und doch begeisterndes sinnbild für den skranglepop des sechsers aus dem europäischen norden sind.

wenn sängerin synne mal keine schokolade herstellt, versteht sie sich als frontfrau (natürlich neben bandgründer und kopf marius) eines gleichsam bewegungsreichen kollektivs, das der tief in die musik versunkenen kleinen frau in nichts nachsteht. reisst sie den mund auf, um dem song um eine facette zu ergänzen, tun es ihr die kollegen gleich, zieht sie die reissleine, um eine neue explosion zu zünden, haben die jungs bereits ihren willen demonstriert. die masse bewegt sich zu dieser bei allem kraftvollen ausdruck fein ziselierten und abgestimmten popmusik und gibt zurück, was ein gutes publikum an eine ausgezeichnete band zurückgeben kann. das schlagzeug agiert aus dem hintergrund mit einer routinierten festigkeit und wird dabei von einem wenig durchtriebenen, dafür aber stützenden bass begleitet, das rhythmuspaket ist sich seiner rolle in dieser bandkonstellation bewusst. es ist ein fundament, von dem aus die raketen, in vielen kleinen flaschen gezündet, starten dürfen.

hits wie "dear sister" entfalten sich in der addition aus flotter gangart und ohrwurmmelodie, wobei sich live noch der augenschmaus hinzufügen lässt ob der leidenschaft aller beteiligten. die band hat zwar erst eine ep am start, will aber baldigst mit einem longplayer folgen. zugreifen, kann man an dieser stelle nur empfehlen! dass die sechsköpfige truppe auch anders kann, nämlich wesentlich ruhiger, gewogener, beweist sie auf plattformen wie myspace, auf dem on3 festival aber zogen sie ordentlich vom leder. randbemerkung: nach dem konzert waren sie in den weitläufigen hallen des senders begehrter linsenschmaus. ständig war ein kamerateam um das jungvolk herum und begleitete die aufgedrehten spunde bei all ihren spaßigen blödeleien. sehr ausgelassen, sehr spontan und überaus freundlich. ein echter genuss!

team me - dear sister

der zweite und dritte teil unseres berichts wird sich mit dem furiosen auftritt von moop mama, den soundproblemen der schwedischen supergroup serenades und der vorstellung von neon indian beschäftigen, den man bereits auf den neuen, jungen, nächsten tagen terminieren musste. morgen gehts hier weiter.

glotzt nicht so romantisch (266): keep shelly in athens / moscow youth cult / mombi / silicon ballet / rhum for pauline

die "our own dream 12" ep erschien am 08. november auf forest family, in kooperation und im duo nachfolgend einige hinweise auf diese veröffentlichung des griechischen downbeat pop duos: keep shelly in athens:
keep shelly in athens - lazy noon




ein sehr fein gezeichnetes video hat dieses duo aus east midland im gepäck, es begleitet die veröffentlichung ihrer zweiten ep, "iris" erschien am 21. november auf loaf recordings: moscow youth cult:
iris by moscow youth cult



kael smith und matt herron bilden das duo aus denver, das bereits seit sechs jahren gemeinsame sache macht, die letzten drei davon investierten sie in "the wounded beat", ihr debut, welches im april auf dem wunderbaren own records erschienen war und nun weltweite beachtung erfährt: mombi:
mombi - the misunderstanding by fanaticpro



mit "sunglasses" legen sie zwar ein sommervideo vor, jedoch wird die ep "utopia" erst im februar des kommenden jahres erscheinen, klasse fotografiert und irgendwie inspirierend; die band hat zuweilen bei liveauftritten bis zu vierzehn menschen auf der bühne: silicon ballet:



ulkiger name, den sich diese französische band da verpasst hat, am 25. januar bringen sie jedenfalls eine neue ep heraus, "can reach the top" heißt auch der nachfolgende bebilderte track, schau nach auf futur: rhum for pauline:

Samstag, November 26, 2011

eingestreut (342): hidden highways

die kollaboration hätte ich erfunden, wenn es sie nicht bereits gäbe. die wundervolle carol anne mcgowan aus donegal stellte ich im märz vor, ihre ep "songs from the cellar" schlug in der "szene" gewaltig ein. leider arg limitiert wird das auf apollolaan recordings veröffentlichte kleinod nicht allzu viele menschen erreichen können. vertigo smyth befindet sich im gegensatz zu mcgowan schon länger auf out on a limb records, dem hier gleich noch eine zentrale rolle zukommen soll, er veröffentlichte bereits eine 7" sowie seine frühe "the future happiness" ep (2008) auf dem kleinen irischen label. smyths herkunft ist nicht ganz geklärt, cork, belfast, co. clare oder so. weniger rätsel macht er um seine formensprache, um seinen output. er bedient viele instrumente, bezeichnet sich dabei aber noch lange nicht als multiinstrumentalisten. mit genau dieser zurückhaltung und diesem understatement begeistert der musiker seine zuhörer. dass die beiden aufeinandertrafen, ist ein glücksfall, denn smyth stolperte lediglich über carols myspace seite und war sofort gefangen. mit "fox eyes on georgia" zollten sie ihrer bindung ersten tribut, die single erschien im april des letzten jahres auf out on a limb. seit wenigen tagen ist ein neuer track der beiden, nun unter dem gemeinsamen moniker hidden highways, im gespräch, ein cover aus dem film "rio bravo": "my rifle, my pony and me" heißt er und schließt unmittelbar an die schmiegsame leistung von "fox eyes on georgia" an. seit dem letzten jahr arbeiten die beiden nun zusammen, ian mc nulty hat die aufnahmen der beiden überwacht, ich kann mir schon denken, warum das notwendig war, so dass im jahr 2012 fest mit einem album zu rechnen sein darf. great!

hidden highways - my rifle, my pony and me by ooal

vertigo smyth & carol anne mcgowan - fox eyes on georgia by ooal

carol anne mcgowan - of love by apollolaan

neue töne (1072): mattias hellberg

heilige scheisse! lang bin ich nicht mehr so auf eine mundharmonika abgefahren. mattias hellberg setzt sie alles andere als vordergründig ein, dennoch ist sie präsent und teil eines subtil angeschlagenen konzepts zur erforschung der bluesweiten. die breitet der fast vierzigjährige schwede in genügsamer weise vor seiner hörerschaft aus. wer den ollen young im ohr hat, muss allerdings spätestens bei der stimme abstriche machen. nicht in qualitativer hinsicht, versteht sich.
the hellacopters, hederos & hellberg, the solution, zuletzt bei nationalteatern, kanzeon oder the white moose, der stationen viele, die der nach 2004 wieder unter eigener flagge schiffende hellberg bisher absolviert hat. gemeinsam mit mattias areskog nahm hellberg das neue album "high in the lowlands", das in seiner heimat anfang november auf kning disk erschienen war, auf. seltener sah man den allroundmusiker so auf sich zurückgeworfen. aller kargheit und begrenztheit wohnt jedoch eine leidenschaft und intensität bei, die man in dieser form sicher nicht bei the hellacopters fand. der in den schwedischen verhältnissen kundige wird wissen, ob es so etwas wie einen skandinavischen folksong gibt. wäre da nicht die akzentschnittstelle, müsste man hellberg und seine introspektiven lieder samt und sonders nach nordamerika verfrachten.
hellberg hat eine stimme für den großen sender und deshalb überrascht die neue gangart vielleicht umso mehr. keine große produktion, lediglich die beiden musiker für eine woche in einer abgelegenen hütte, am ende ein anstossfreies album. kenny håkansson konstatierte in einer review: "high in the lowlands" is a sinister set of songs tainted in the darker shades of blue since psychedelic junkies like david crosby, skip spence and british acid casualties like syd barret & that bunch." korrekt.

mattias hellberg - oh no

mattias hellberg - blue

Freitag, November 25, 2011

eingestreut (342): sharon van etten

die news des tages schlechthin ist jene vom baldigen auswurf der sharon van etten. mit "epic" im letzten jahr konnte sie zwar meines erachtens nicht an frühe taten heranreichen, blieb aber dennoch fest auf kurs. "serpents", der erste an die öffentlichkeit gelangte track des im februar auf jagjaguwar zu erwartenden longplayers der new yorkerin geht schon besonders ins ohr, rockig, mit einer blendenote und der unverwechslbaren stimme sharons. da geht was, vor allem weil es heißt, es gäbe durchaus noch andere gangarten, langsamere versteht sich, zu vernehmen. aufgenommen wurde im studio von the nationals aaron dessner (hoffentlich hat der keine breitwandsosse daraus gemacht), unterstützt wurde von bryce dessner, zach condon, julianna barwqick, jenn wasner, matt barrick und thomas bartlett, letztere angehörige von wye oak, the walkmen bzw. doveman. illustre truppe, da sollte was gehen.
sharon van etten - serpents (via pitchfork)

ein (p)fund mp3 (371)

mit der "shake-a-baby ep" startet slumberland am 17. januar des kommenden jahres durch, das fünf track werk ist das ergebnis einer viererkombo aus los angeles; warum mike schulman sie auf sein label holte, hört Ihr u.a. hier: neverever:
neverever - wedding day by slumberland records

gleich eine ganze serie hatte man vor ins netz zu stellen, unter der bezeichnung "well, i don't see wy not" erschien 2008 die erste vom ms valerie park distro blog initiierte compilation mit der vorgabe ungesignte bands vorzustellen, die erste von bislang drei zusammenstellungen kann man nun für lau hören und downloaden (klick), während dessen eine menge der hier enthaltenen künstler nun bereits einen vertrag in der tasche hat, schöne entwicklung:
twig palace - wicker frames
nochmaliger hinweis auf fika recordings und deren veröffentlichung "the christmas in haworth ep", für die der weithin bekannte ex-hefner verantwortlich zeichnete, einen weihnachtskalender gibts bei bedarf inklusive: darren hayman:
the christmas wars by darren hayman by christmas in haworth

electropop der sorgsamen und ausgereiften sorte bieten simon villani und kym huynh, unterstützt von speed of sound gehen die seit 2010 agierenden australier nun auch ans tageslicht, hier mit einem brandneuen track (der refrain!): verona:
verona - hero

"no kings" heißt die veröffentlichung auf doomtree records, die vielköpfige und sympathische truppe, die für den november release verantwortlich zeichnet, zelebriert einen pop hop mix, der in seinen randbereichen meinen präferenzen folgt, sich aber innovativ und ohrschmeichelnd zeigt:
doomtree - the grand experiment

eine wiederholung wohl, aber eine neue single und nun auch der titeltrack zur "city of ice" veröffentlichung des musikers benjamin schurr aus philadelphia, die am 22. november auf edible onion erschien, dickes ausrufezeichen:
br’er - city of ice
br’er - you go, we stay here
br’er - sea of doubt
mit "fac. dance" präsentiert strut eine wahrlich essentielle retrospective des dance outputs des factory records benannten labels aus manchester, mehr als zwanzig tracks lassen sich finden, die unter mix und rarities subsumiert werden, ein prominentes beispiel:
a certain ratio - wild party by strut

hier arbeiteten fol chen und monome zusammen, der erste heiße track dieser kollaboration kann angeboten werden, darüber hinaus kommt man nicht ohne den hinweis auf tetrafol aus, "a pyramidal sound manipulation device", ein handliches elektronisches soundspielzeug, das auch zu kaufen gibt, klick:
fol chen - so good

im sommer hatten sie mit "young adult" einen kleinen hit, dass die schweden auch im winter allerliebst gitarren infizierten dreampop anbieten können, beweisen sie mit "never feel sorry for you", die single erscheint inkls. dreier remixe und ist for free: the soft eyes:
the soft eyes - never feel sorry for you

mal wieder frisches von bad panda records, diesmal vom londoner..., wie sagt das label gleich up-and-comer music producer: anon:
anon - bite the hand by bad panda records

"psycho- sinatra- sound" finde ich als inspirative quelle völlig ausreichend, genauso sah es mister wagner und machte sich ans neue album, "mr. m" wird 24. februar auf city slang erscheinen und sie meinen, es wäre glatt einen vergleich mit "nixon" wert:
lambchop - if not i'll just die
mittlerweile alte bekannte auf diesem blog, ihren neuen track "his thunder" stellen sie nun vor, ausgerichtet auf die am 12. dezember erscheinende ep "worry", herausgebracht von dirty hit: little comets:
little comets - worry by dirty hit

touchy mob
25.11. - Frankfurt - IVI w/ Tellavision, Räuberhöhle
26.11. - Köln - Stereo Wonderland w/ Tellavision
01.12. - Rostock - JAZ w/ Tellavision, Vialka
02.12. - Neubrandenburg - Mixtape w/ Tellavision
03.12. - Hildesheim - Haus der Braut w/ Tellavision, ellenschneider
04.12. - Hamburg - Astra Stube w/ Tellavision, Kirrin Island
05.12. - Berlin - HBC w/ Miracle Fortress

Donnerstag, November 24, 2011

neue töne (1071): gentle friendly

mit gentle friendly treffen wir auf ein duo aus london, das sich stark einer cinematographischen struktur zuwendet. die phantastischen anreihungen von rhythmischen und harmonischen versatzstücken ergänzen sich zu einem komplexen verbund. der kann sich im verlaufe eines tracks zu einem hypnotischen oder manischen monolithen erheben und welten füllen. würde man die texturen von david morris und richard manber nach für nach in ihre einzelteile zerlegen, käme man ganz schnell dem geheimnis auf den grund. ein wenig gepitchtes casio, schlagwerk mit verve, ob nun in echt oder aus der dose und gesang, der sich gern als repetitiv erweist. mal monoton in schlaufe, mal, auf silben begrenzt, in stakkati verhangen. die komplexe und faszinierende dichte ihrer arbeiten ist also eher ein trug und dennoch in seiner wirkung unfehlbar. zunächst drängeln sich kleinste musikalische bestandteile auf und, als zöge sie ein magnet an, finden sie sich gebündelt wieder, um dem elektropop eine neue facette einzuverleiben.
mit "ride slow" setzten die beiden ein erstes achtungszeichen. das 2009er debut wurde in der fachpresse viel gelobt, uncut und pitchfork zogen höchstnoten und brillante vergleiche. im oktober dieses jahres erschien "rrrrrrr", eine sieben tracks umfassende ep, die das erstaunliche tun und leisten von gentle friendly in eine neue sphäre beförderte. das verantwortliche label upset the rhythm spricht nicht zu unrecht davon, dass das duo nun seine eigene, ganz persönliche sprache gefunden hat. beats, die keiner läuterung bedürfen, die sich überlappen und für sich genommen kaleidoscope wirkung haben, melodische sequenzen, denen man ohne weiteres auf den leim geht, stammelnde, klöppelnde gewerke, die wie dünne, faserige striche auf der leinwand der notwendigkeit zum ganzen geschuldet sind. ich bin jedenfalls gerade ordentlich angefixt von diesem sound und seinen diversen bildern.

rrrrr by gentlefriendly

speakers by gentlefriendly

kiwi chang cane by gentlefriendly

Mittwoch, November 23, 2011

(exklusiv-) interview: garda

was kann an einem interview schon sonderlich exklusiv sein? der gegenüber? wir hatten es mit kai lehmann von garda zu tun und das ist ein ganz normaler typ, vielleicht etwas freundlicher und aufgeschlossener als viele andere zeitgenossen. ein musiker dazu, ein auf empfindungen programmierter also, der nach dem rechten ausdruck sucht. die umstände des interviews? auch nicht. wir tauschten uns per email aus, was die kommunikation eher erschwerte. der gegenstand des interviews? jawohl! treffer! quasi direkt aus dem studio heraus wurden unsere (investigativen) fragen beantwortet. im mittelpunkt stand alles wissenswerte rund um die zweite platte der sympathischen gruppe aus dresden. dass wir dabei einige ausgesprochen heiße informationen an land zogen, dürfte klar sein, auch, dass wir sie mit Euch teilen. zuvor aber die wichtigsten daten zu garda für all jene, die noch nicht so mit den dresdnern vertraut sind:
kai lehmann (vocals, gitars) und ronny wunderwald (drums, percussions) starten um 2006 als duo. 2007 erscheint die erste, vielgelobte ep "go on! dance! and explode!". mit "die, technique, die!" wird ein jahr später das debutalbum veröffentlicht. längst sind die beiden offen für den projektgedanken, für die beteiligung von befreundeten musikern, für die befruchtung durch aussenstehende. aus garda wird mehr und das blieb bis heute so.


das klienicum: hallo kai, Ihr arbeitet am zweiten album. über die studioarbeit habt Ihr immer mal wieder geschrieben, auf facebook konnte man zuweilen via foto und einiger kurzbeiträge an den aufnahmen teilhaben. wer gehört denn aktuell zur stammband, gab es in der jüngeren vergangenheit nennenswerte veränderungen?
kai: wirklich gravierende veränderungen gab es jetzt an sich nicht. es sind nach wie vor die gleichen personen involviert, wobei es bei den aufnahmen an sich da auch noch zuwachs gab mit z.b. ludwig bauer, der uns bei den bläserarrangements unterstützt. ich denke der größte unterschied, speziell auch für uns ist, dass wir uns jetzt nicht mehr als duo sehen, welches von freunden musikalisch unterstützt wird, sondern dass wir uns mittlerweile als eine 6-köpfige band sehen, die stammbesetzung sich sozusagen offiziell verdreifacht hat. das hat einfach damit zu tun, dass wir als band gemeinsam an allen liedern gearbeitet haben. sicherlich liefern ronny und ich immer noch die grundgerüste, aber in jedem einzelnen song stecken so viele ideen von den anderen (neli, lars, frank, karsten), dass dies einfach die logische konsequenz daraus war. den unterschied kann man glaube ich auch auf dem album dann hören.

das klienicum: gibt es einen (arbeits-) titel für das neue album? wann und wo wird es vermutlich erscheinen?
kai: das album wird "a heart of a pro" heissen. das war zu einem auch schon der arbeitstitel, aber ist für uns nach wie vor mehr als treffend für die platte. erscheinen wird sie nun im april 2012, in europa (speziell g-a-s sowie benelux) über unser guten freunde von k&f records (im vertrieb von broken silence) und wir hoffen, dass sie wie schon der vorgänger wiederum in japan via moorworks erhältlich sein wird. aber das ist erstmal noch zukunftsmusik, zu allererst gilt unsere volle aufmerksamkeit den hiesigen breitengraden.

das klienicum: seit wann arbeitet Ihr an dem album, also inkl. des schreibens der ersten songs, früher musikalischer ideen usw. (d.h. über welchen zeitraum wird sich der gesamte schaffensprozess am ende gezogen haben)?
kai: so richtig einen konkreten zeitpunkt würde ich da jetzt prinzipiell erstmal gar nicht nennen wollen, schon auch aus dem grund, dass wir zwei/drei lieder auf der neuen platte auch schon einige zeit im liveset haben. wenn man jedoch einmal nur von den "richtig" neuen songs ausgeht, hat sich ganze schon über 3 jahre hingezogen. wobei man diesen zeitraum auch noch mal unterteilen könnte. 2009, also fast direkt nach der vö. von "die, technique, die" begannen wir im sommer mit dem schreiben. hierfür fuhren wir als das noch damalige stammduo (ronny und ich) auf eine abgelegene alm, ohne wasser und strom, in die alpen. was an sich, wenn man die quantität der songs sieht, ein erfolg war. jedoch schon kurz nach unserer rückkehr stellten wir fest, dass dies alles in eine richtung geht, die wir uns so für das neue album so gar nicht vorstellen konnten/wollten. die ruhe und abgeschiedenheit da oben spiegelte sich auch in den skizzen wieder, tendierte stark zu unserem debüt. dies wiederum hemmte uns, wir wollten nicht noch einmal die gleich platte bringen, nur mit neuen songs. wir wollten mehr experimentieren, musikalisch grenzen verschieben. und so begannen wir, abgesehen von ein paar skizzen, wieder von vorn, was sich teilweise noch mal bis zum sommer diesen jahres hinzog und wir dann endlich zehn lieder hatten, mit denen wir alle dann zufrieden waren. ein/zwei songs haben wir dann sogar auch erst im studio fertiggestellt.

das klienicum: wie beurteilt Ihr den abstand zwischen den beiden alben? ist er zu groß (das debut "die, technique, die" erschien 2008) oder angemessen? was ist in der zwischenzeit alles passiert?
kai: mh, das ist schwierig einzuschätzen. sicherlich sind knapp 3,5 jahre eine lange zeit, die dazwischen liegt. dass es solange dauert, hätten wir so auch nicht erwartet. vielleicht hat uns diese eigene erwartungshaltung, gleich etwas nachzulegen, auch im endeffekt gehemmt. im nachhinein betrachtet, brauchte das neue album diese zeit. wir mögen alle die neuen lieder sehr, es fühlt sich nach der von uns gewollten weiterentwicklung an. nicht desto trotz war es jedoch auch ein schwerer weg dahin, behaftet mit selbstzweifeln und unzufriedenheit, das gefühl am ort stehen zu bleiben, sich nicht zu bewegen. wir mussten uns auch bandintern gehörig damit auseinandersetzen, was wir so vorher nicht kannten, die gewisse unbeschwertheit fehlte. dazu die fragen, wo soll es hin gehen, wie kommen wir dahin? man kann schon sagen, dass es das gefüge in der band auch auf eine art auf die probe stellte. irgendwann haben wir uns dann einfach eine pause verordnet, um den stillstand offensiv entgegen zu treten. wir wollten uns erst wieder zusammensetzen, wenn eine handvoll grobe skizzen/fundamente der songs so weit fertig waren, dass speziell auch ich wirklich damit zufrieden war. diese pause hat mir dann auch einigen druck von den schultern genommen und so konnten sich die lieder in ruhe und zur zufriedenheit entwickeln.

das klienicum: wie weit seid Ihr denn, bereits mit dem gröbsten fertig? wie ist der aktuelle stand?
kai: wir befinden uns jetzt gerade in der letzten woche der aufnahmen, eine letzte vocalsession und eine session für die bläser fehlen noch. ende november/beginn dezember gehen die stücke nach nürnberg zum mischen, was wie schon auf der letzten platte christian ebert (missouri, the green apple sea, the robocop kraus) übernimmt. und mitte dezember steht dann das mastering an, was für diese platte doug van sloun übernehmen wird, der u.a. auch für bright eyes, azure ray oder auch cursive arbeitet.

das klienicum: wie kam es zum kontakt zu jemanden wie doug van sloun, den ich vor allem, neben den von dir erwähnten, mit julie doiron, magnolia electric co., david dondero oder rose melberg verbinde? was hat ihn besonders überzeugt?
kai: der kontakt mit doug kam relativ "einfach" zu stande. sehr gute freunde von mir, talking to turtles, haben im frühjar diesen jahres ihre platte in den usa aufgenommen und u.a. eben auch diese bei doug mastern lassen. da uns das ergebnis sehr gefällt und wir auch glauben, dass er dem sound der neuen platte am ehesten gerecht werden kann, habe ich ihn kontaktiert und angefragt und scheinbar hat es ihm gefallen, da er sehr rasch positiv in bezug auf eine zusammenarbeit äußerte. wie gesagt, es ging also alles erstaunlich einfach.


das klienicum: welches studio habt Ihr ausgewählt? warum würdet Ihr es anderen musikern empfehlen?
kai: die studioauswahl hat uns auch eine weile beschäftigt. wir haben überlegt, die aufnahmen ausserhalb dresdens zu machen, also raus aus der heimat. jedoch war uns auch schnell klar, dass das zum einen logistisch schwierig durchzuführen sein wird und zum anderen auch emotional ganz einfach nicht gepasst hätte. da blieb für uns halt nur das problem, einen adäquaten ort zu finden, der es zulässt uns weiterzuentwickeln. durch einen glücklichen umstand kamen wir dann mit ludwig bauer, philipp makolies und uwe pasora in kontakt, ihres zeichen alle drei mitglieder von polarkreis 18 in kontakt. und für beide seiten war die idee, die platte in ihrem studio aufzunehmen, von anfang an sympathisch. schon rein von der zwischenmenschlichen seite aus betrachtet, war dies der beste schritt, den wir machen konnten und auch musikalisch konnte uns nichts besseres passieren. die 3 gaben uns genügend raum unsere ideen zu entwickeln, unterstützten uns aber nicht nur rein technisch sondern waren uns auch im kreativen prozess eine große Hilfe, um zu dem ergebnis zu kommen, welches wir suchten. und so können wir auch schon vor der letzten session sagen, dass uns da nix besseres hätte passieren können.

das klienicum: wie verliefen die aufnahmen, seid Ihr grundsätzlich zufrieden oder gab es ernsthafte probleme, unterbrechungen etc.?
kai: wir sind total zufrieden mit den aufnahmen, wir wollten zwar schon im oktober fertig sein, aber die fülle an ideen hat das ganze noch mal verlängert. auch wenn wir froh sind, wenn die platte im kasten ist, so wird uns doch etwas fehlen. es war/ist eine schöne zeit im studio.

das klienicum: wie muss man sich so einen tag (resp. vor-/nachmittag/abend/nacht) im studio vorstellen? seid Ihr als band gemeinsam am start oder jeweils nur einzelne musiker?
kai: die aufnahmen liefen in verschiedenen sessions ab, so dass nicht immer alle musiker im studio anwesend waren, was aber auch nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. von zeit zu zeit haben wir per mail den aktuellen stand umher geschickt und auch uns alle gemeinsam im studio getroffen, um in listening sessions das weitere vorgehen zu diskutieren. ronny und ich haben an vier tagen mit jeweils 10 stunden die basictracks eingespielt und alle anderen haben dann respektive je nach möglichkeiten, die abendstunden oder auch komplette wochenenden genutzt. wichtig war uns, dass niemand aus der band "alleine" im studio ist, sondern haben immer versucht, dass immer jemand mit dabei war. es gab auch tage, an denen auf einmal alle nach und nach im studio eintrafen und wir unerwartet dann doch alle im raum saßen.

das klienicum: habt Ihr gäste ins boot geholt, wenn ja, wer unterstützte Euch durch sein zutun?
kai: wie schon auf der letzten platte sind wieder dabei: markus altmann (bombee, cello) sowie bernd wunderwald und gunther strehlau, beide herren sind gestandene mitglieder des oederaner blasorchesters (erzgebirge) und werden dieses mal durch ludwig bauer (pk18, lestat vermon, woods of birnam) an der trompete unterstützt.

das klienicum: wie finanziert sich das ganze eigentlich? wovon lebt Ihr, während Ihr im studio seid (ein ausholen in sachen scheiß musikindustrie wäre hier treffend. ;))?
kai: im großen und ganzem eigentlich aus dem, was wir auf tour und konzerten zum letzten album einspielen konnten (gagen, gema). somit kann mal also sagen, dass dies ein +/- nullgeschäft ist, das debüt finanziert die aufnahmen zum neuen album. wir leben also nicht von der musik, sondern gehen alle anderen tätigkeiten nach, da ist vom grafiker, über psychologe, handwerker bis zum booker (konzertagentur) und angestellten an der universität alles vertreten. sein geld mit der musik zu verdienen ist zwar sicherlich immer noch als traum in jedem drin, nicht aus finanzieller sondern aus rein kreativer und persönlicher sicht. aber wir sind da auch ganz realistisch, es gehört heutzutage auch schon eine menge glück dazu, dies zu erreichen. aber uns dafür zu verbiegen und charakterliche kompromisse einzugehen, also auf teufel komm raus nach oben zu kommen in dieser branche, das wollen wir auch nicht. wir investieren viel an aufwand und wollen speziell auch mit dem neuen album, den nächsten schritt gehen, jedoch wollen wir uns am ende des tages auch noch im spiegel anschauen können und spass an der sache haben.

das klienicum: wie gehts Euch mit dem ergebnis, wie ist die platte (nach aktuellem stand) geworden? was ist noch zu tun?
kai: wie schon erwähnt, wir befinden uns in den letzten tagen der recordings, gesang und bläser kommen noch. und ich glaube wir können schon hier sagen, dass wir mit dem ergebnis sehr zufrieden sind.

das klienicum: du hattest angedeutet, kai, dass diesmal besonders an der instrumentierung gefeilt wurde, was bedeutete das in der praxis (und wie bitte schön steht es um die texte)?
kai: ganz konkret bedeutet das, weg vom singer/songwriter, hin zum bandsound, stellenweise opulenter, orchestraler und auch in der lautstärke mehr nach vorn, fordernder und direkter. es gibt nach wie vor auch die sehr leisen töne, nur werden die häufiger abgelöst von breiten arrangements. auch steht die akkustikgitarre nicht mehr so sehr im vordergrund, alle anderen instrumente, speziell klavier und die e-git. haben nun einen viel größeren stellenwert, sind mittelpunkt der songs. sie bekommen mehr raum sich zu entfalten. wir haben auch mit verschiedenen sounds und unbewusst auch stilen gearbeitet, die bandbreite ist größer geworden. ich denke, wir konnten dieses mal den livesound mehr auf die platte bringen, sprich der kontrast zwischen sehr leise und den momenten wo es ausbricht, ist extremer, dadurch aber auch facettenreicher. was die texte anbetrifft: die sind auf der neuen platte sehr persönlich, sehr intim und für mich voll mit sehr emotionalen momenten und ich merke schon bei den aufnahmen, dass ich viele sachen davon nicht verarbeitet habe bzw. auch noch gar nicht verstehe. vielleicht sind sie damit eine art selbsttherapie. die texte sind in ihrer sprache drastischer, deutlicher und stellenweise vielleicht auch resignierender, aber erstaunlicherweise finde ich dann doch immer noch etwas hoffnung darin. von einer gewissen ohnmacht gegenüber dingen, die sich innerhalb kürzester zeit, minuten/sekunden verändern können, unerwartet und brutal. sie handeln von liebe und verlust, tod und trauer, vom vermissen und sehnsucht. in den letzten beiden jahren hab ich erfahren müssen, wie eng all diese dinge jeweils zusammenliegen. ich habe menschen verloren, die mir sehr viel bedeutet haben, immer noch bedeuten. eine meiner wichtigsten, engsten personen im leben fehlt mir extrem. das sind alles momente, die prägen. ich könnte eigentlich sagen, dass die letzten jahre sehr schöne zeiten hatten, dass es mir gut ging wie selten, ich war angekommen, sozusagen daheim. doch immer wieder kamen solche rückschläge und diese verluste schweben wie ein dichter nebel über all den positiven sachen. es birgt eine extreme traurigkeit in sich zu wissen, dass man diese menschen/momente/situation in seinem leben hatte, dankbar dafür ist überhaupt solche momente erlebt haben zu dürfen, aber trotzdem weiss, dass diese menschen/momente/situationen wahrscheinlich kaum bzw. teilweise nie wieder kommen werden. das ist eine sache, mit der ich nur schwer umgehen kann und die ich nicht verstehe. die neue platte wird also allein schon rein textlich, ein großer emotionaler brocken werden, von dem ich auch noch nicht weiss, wie ich diesen angehen kann.

das klienicum: danke für deine sehr persönlichen einsichten in bezug auf die texte zur neuen platte. wie gehen deine bandkollegen mit dieser form von intimität um? werden da inhalte auch mal diskutiert oder ist dein seelenleben eh ein offenes geheimnis für sie?
kai: ich kann mit glück behaupten, dass wir innerhalb der band nicht nur musiker sind, die gemeinsam musik machen, sondern uns alle bereits seit über 10 jahren kennen und neben der band dies gleichzeitig der enge freundeskreis ist. von daher weiss der rest der band, schon bevor es texte gibt, wie es um mein innenleben bestellt ist. selbst wenn ich wollte, könnte ich es nicht vor ihnen verbergen. dazu kennen wir uns alle zu genau.

das klienicum: hat sich die band im prozess verändert, wie ist/war der umgang miteinander in der umsetzungsphase der ideen in die praxis?
kai: wie angedeutet, sind wir jetzt sozusagen eine "richtige" band, als die wir ja zuvor stellenweise auch schon fungiert haben. wir hatten stellenweise schon einige kämpfe miteinander auszufechten. wo geht es hin, warum geht es nicht so oder so, usw. da gab es auch schon größere diskussionen und wir mussten uns, glaube ich, als band auch versuchen zu finden, auf den jeweils anderen eingehen, um gemeinsam voranzukommen. wir wussten jedoch bei all diesen sachen immer, auch wenn wir kontrovers über verschiedene sachen geredet haben, dass es immer rein um die musik ging und jeder sie voranbringen wollte. wir sind uns da nie persönliche in die "haare" bekommen. umso schöner ist es jetzt zu sehen, wie begeistert die komplette band ist, was jeder für arbeit da rein gesteckt hat. ich denke, der zusammenhalt innerhalb der band ist durch diesen prozess noch größer geworden, auch wenn der vorher schon großartig war.

das klienicum: wenn du vergleichen müsstest, welchem tier, welcher pflanze, welchem bauwerk käme das album assoziativ am nächsten?
kai: oh schwere frage, als tier vielleicht mit einem gorilla - majestätisch, gejagt, traurig. als pflanze fällt mir da spontan ein edelweiss ein, versteckte schönheit, die man schwerer findet, aber es lohnt danach zu suchen und als bauwerk, wahrscheinlich ein haus an der küste.

das klienicum: gibt es zudem ein referenzwerk in der popgeschichte, bei dem du sagen würdest, so gut, so vergleichbar ist unser neues album, oder in etwa als so großartig würde ich es einschätzen?
kai: das kann ich schwer sagen bzw. würde ich mir vielleicht auch gar nicht anmassen zu vergleichen. ich habe nur das gefühl, auch wenn es natürlich bestimmt anleihen und quervergleiche mit anderen bands gibt, wird das album ziemlich für sich stehen und nur schwer einzuordnen sein und das finde ich am besten daran - man sollte sich auch mit den songs beschäftigen können.

das klienicum: abschließend, wie geht Ihr mit der frage/dem thema um, dass viele alben bereits vor dem release im internet auftauchen? werdet Ihr bzw. die platten- und/oder promofirma besondere vorkehrungen treffen, um dies für Eure neue platte zu vermeiden?
kai: das ist wohl ungefähr so, als würde jemand sein weihnachts-/geburtstagsgeschenk schon eher auspacken, sicher freut er sich auch, aber die großen emotionen sind weg. alles in allem also ziemlich dämlich, das getan zu haben... braucht man nicht. ich gehe mal davon aus, dass unser label da keine großen vorkehrungen treffen wird oder auch braucht. am ende kann man es eh nicht verhindern und sollte dann doch mal eher an die vernunft der leute appellieren, aber das ist auch so ein thema...

das klienicum: vielen dank für deine zeit und die erschöpfenden antworten, kai!

nach diesem ersten einblick in die studioarbeit und dem ausblick aus dem daraus resultierenden ergebnis sind wir hier im klienicum mehr als neugierig auf "a heart of a pro". bis zum april werden wir uns gedulden und uns bspw. mit der feinen scheibe der garda freunde von talking to turtles beschäftigen.
zwei ältere tracks, jeweils vom debut, hänge ich Euch zum anwärmen mit hinten an. viel spaß!

garda - frwd reverse stop

garda - this city is ours

Dienstag, November 22, 2011

neue töne (1070): the quiet americans

ende des ausgehenden sommers brachten sie ihre medikamente unter die leute. wer weiß, was das ansinnen von the quiet americans war. anzunehmend ist, dass sie eine art mutmacher im gepäck all jener verstauen wollten, die nicht wie die band selbst in kalifornien leben, sondern sich nach und nach mit kühleren temperaturen auseinandersetzen würden müssen. also, so dachte sich die truppe um luke giffen, heizen wir den geneigten hörern noch einmal ordentlich ein. wer ans moon duo oder die wooden shjips denkt, liegt bei dem mittlerweile auf ein quartett angewachsenen sonnenstaatgewächs ganz richtig. die melodien machen sich breit und die gitarren fuzzen ohne ende. ein dauergrinsendes gesicht ist die frühe assoziation, schon wenn der neue song gerade erst begonnen hat. mit der "medicine ep" überschriebenen kurzen setzt die band eine erste duftmarke. im noiserock sind sie genauso zuhause, wie sie dem psych frönen und darüber hinaus durchaus popambitionen beweisen, "medicin girl" etwa ist klassischer shoegazer. dafür, dass the quiet americans gerade mal ein gutes jahr zusammen spielen, klingt ihre unternehmung schon reichlich professionell. im gegensatz zu den oben benannten referenzen kommen die hier vorgestellten zumeist kurz und knackig und relativ flott auf den punkt, mal abgesehen von dem psychonoise drama, das die jungs am ende von "weird mountain" veranstalten. Ihr könnt die gesamte ep, die im übrigen auf einem heimischen label namens coattrack records erschienen ist und auf einem alten tascam mit acht spuren aufgenommenwurde, auf bandcamp hören.
die geschichte am rand. luke giffen, der uneingeschränkte bandleader, verdient seine brötchen im lokalen zoo. die witzchen, die er sich zuweilen wohl anhören muss, zielen wohl darauf, ob er auch mit tieren sprechen könne, zum hörer seiner musik hat er definitiv einen heißen draht.

medicine girl by the quiet americans

weird mountain by the quiet americans