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Freitag, November 05, 2010

emily jane white - ode to sentience (2010)

wer kennt das nicht? den moment des sich ausstreckens in einer von fremder (oder eigener) hand bereiteten badewanne. das kann schief gehen, weil das wasser nicht richtig temperiert wurde. die kälte lässt einen erschaudern und man greift zielgerichtet nach dem hahn mit der roten markierung. oder das wasser ist zu heiß und man schnellt unvermittelt aus dem nass, um kaltes wasser nachlaufen zu lassen. die geplante erholung wird zum zwischenzeitlichen horror, da man im stehen, frierend, wartet, bis sich das abtauchen wieder anstreben lässt, ohne dass man mit verbrennungen rechnen muss. oder es kann gelingen! was ist das für ein außerordentlicher moment! begleitet von einem kurzen aufschrei, da man in die wanne sinkt und eine welle vermeintlich heißen wassers über sich ergehen lässt. und schon umgibt einen diese wohlige wärme, die den körper wie eine zweite haut umsäumt. geborgenheit, die dem beginn allen lebens vorangehen muss. so geht es mir auch mit dem aktuellen album von emily jane white. gerade, da sich der us release für "victorian american" anschickt, bringt white ihr drittes full length "ode to sentience" auf talitres heraus. es ist große vertrautheit, es ist angestrebtes ziel und es ist erhoffter schauer. es bereitet eine hülle transparenten scheins, durch die fahl wärmendes licht fällt, das alles umringende pastellen färbt. es umschließt den betroffenen mit einem soundgewand aus unmittelbarkeit und emotionaler ernsthaftigkeit. es ist zugleich lichten und sanft beschwörend, es ist nicht zu fassen, wie es zwischen den erdigen momenten und den aufstrebenden spiralbewegungen neue muster setzt. tupfer hier, abdrücke dort, verblasstheiten, die sich nicht klonen lassen, der imitation fremd, wie neue wesen, die ihre ersten spuren hinterlassen. emily jane white kreiert ein klangwerk aus hall verstärkter stimme inmitten eines korpus akustischer instrumentierung. streicher, die wispernd weben, klavierfahrten, hindernissen fremd, die gitarre zirkelnd um die empfindsamkeit. white hat ihre eigenen thesen zu beziehungen, die mutigen exzerpte persönlicher auseinandersetzungen setzt sie gespinsten gleich atmosphärisch engmaschig eingehüllt in alle erreichbaren ecken ihres neuen tonträgers. wenn andere schallen, umhüllen dich die töne hier und fassen dich und setzen dich den figuren in ihren erzählungen gleich in ein schaubild aus sentiment und offenherzigkeit, die jedoch nicht mit grenzenlosigkeit koaliert, sondern sich ein urteil anmasst, eine einschätzung, maßstäbe notwendig erachtet. whites stärke ist dabei der verzicht auf verschlagenheit und persönliche zensur. so erachte ich denn "ode to sentience" als einen schritt richtung klarheit, die sich nicht nur in den texten auszudrücken weiß, sondern auch im arrangement, das seinen begrenzungen zum trotz immer ein eindeutiges musikalisches motiv schafft. wem das im gegensatz zu den vorwerken der kalifornierin zu wenig mutig erscheint, der sollte sich dem physiologisch angepassten soundbild neuerlich übergeben. er wird abtauchen können, wie in wohltemperiertes badewasser. und ein rätsel bleibt, ein dimmer, der dem licht die allzu fröhlichen färbungen nimmt. so entdeckt man eine künstlerin, die sich treu bleibt, dennoch wieder neu. während die deutlichkeit, die exaktheit, die schärfe der aussprache whites hervorsticht, setzen sich passagen fest, die man immer wieder hören will. etwa den beschwörenden refrain in "the black oak" mit gewappnetem cello und einer schüchternen akustischen oder das bass belegte federn in "the preacher". der besonders ergreifende gesang von "the law", das sehnsüchtige western raunzen von "broken words". die dichte an aufmerkern und das zugleich sorgsam geförderte bindegewebe verhindern das gefühl eines hangelns von höhepunkt zu höhepunkt, sondern machen das album zu einem wirklichen ganzen. mit an bord: jen grady (cello), carey lamprecht (violine), henry nagle (pedal steel, e-guitar), james finch jr. (bass), ross harris (drums). "ode to sentience" erscheint am 08. november auf talitres.

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