Mittwoch, November 13, 2013

konzert: scott matthew, 11.11.13


das war mein moment an diesem abend: "come let me love you / let me give my life to you / let me drown in your laughter / let me die in your arms / let me lay down beside you / let me always be with you /  come let me love you / come love me again". das john denver liebeslied "annie's song" sang scott matthew an diesem abend derart ergreifend, dass mir die tränen in den augen standen. wer mich kennt weiß, dass ich nur bedingt zu solch emotionalen entgleisungen neige, aber an diesem abend gelang dem new yorker barden etwas, was ich in seinen letzten konzerten vermisste. distanz. distanz zum material, die es ihm erlaubte, eindringlicher und immanenter zu sein. das losgelöst sein von der eigenen not, den existentiellen kümmernissen, der bedarftheit gibt matthew die kraft und eine art segen, sich neu zu öffnen, auf eine weise innigkeit zu demonstrieren, die weitaus tiefer geht, als dass sie gelingen mag, wenn man selbst um sein seelenheil ringt. so zeigte sich am fortgeschrittenen abend in den münchner kammerspielen ein mehr als aufgeräumter und sich zu späßen eingeladen fühlender entertainer, der um seine gunst in der bajuwarischen hauptstadt wusste. scherze und minimale anekdoten, dazwischen eine kleine textunsicherheit oder die abstimmung mit den sideparts, nichts, was ihn aufhielt, vom auftritt selbst angetan zu sein. selten sah man matthew so aufgeräumt.
aus der dritten reihe beobachtend, erlangte man also blick auf einen mann, der die bitternisse nicht mit füssen tritt, der sich ihnen übergibt, um sich wieder aus ihnen zu befreien. 
was ihn unterscheidet. 
seine verfügungen sind schließlich keine blaupausen, dafür mutmacher und atteste für ein erfolgreiches ringen um persönliche freiheit und integrität.

neben dem langzeit kumpanen eugene lemcio, der die elektronik bediente und sich an flügel bzw. e-piano verdingte und dabei merklich im hintergrund blieb, fiel vor allem der wunderbar aufspielende jürgen stark an diversen gitarren auf. selten zu läufen herausgefordert, gänzlich abzusehen von soli, perlten die töne aus seinen halbakustischen bzw. elektrischen gitarren, als würden sie gerade erst geboren. wie aus erster hand erklangen aus stolz und meisterschaft die melodien, griffen die bassgrundierungen und hatten bestand die rhythmischen verflechtungen. ein ums andere mal erstaunte der junge mann mit einer einfühlsamkeit und reduktion, dass man sich nur ärgerte, nie vorher von ihm gehört zu haben. denn verpasst haben musste man ihn allemal. wie sachte er die saiten nahm, sie strich und mit den fingerkuppen belegte, sie zur richtungsweisung zwang, ganz nach gutdünken seines meisters, das war oft erstaunlich, mehr noch klang alles unpräentiös und dabei sehr vital. für einige lieder wurde die truppe um dem zündfunk moderator tobi ruhland am hackbrett ergänzt. eine folkloristische einlage und nicht mehr als eine fußnote.

in die coverversionen von bspw. "to love somebody" (bee gees), "total control" (the motels), "harvest moon" (neil young) oder "smile" (charlie chaplin) fügte sich hervorragend das matthew eigene "the wonder of falling in love" von gallantry's son" ein, worauf hin am ende dieser titel aneinanderreihung der gesamte saal "i wanna dance with somebody" (whitney houston) intonierte. ein fast schon erhabener moment, der jedoch niemandem das grinsen aus dem gesicht zaubern konnte.
zwei zugaben später war schluss. persönliche lieblinge wie "abandoned", "little bird" oder "for dick" erklangen zuvor und bekamen in neuem gewand ein taufrisches gesicht. interpretation von klassikern, die auf dem aktuellen album "unlearned" ein zuhause gefunden hatten wie roberta flacks "jesse" bildeten fürderhin den rahmen und glitten ins matthewsche liedgut wie ein warmes messer in butter. 
vielleicht ist am ende ein gutes sinnbild, wenn man sich scotts interpretation von "anarchy in the u.k." vor augen führt. ernsthaftigkeit und humor, irgendwie eine neue schnittmenge im erleben dieses künstlers.

(sorry für die schlimmen bilder, aber der intime abend gab nicht mehr her, ohne störend zu wirken.) 
26.11. GER FRANKFURT Mousonturm
27.11. GER COLOGNE Kulturkirche
28.11. GER DUISBURG Grammatikoff
07.12. GER AACHEN Musikbunker
08.12. GER HAMBURG Kampnagel
11.12. GER STUTTGART Theaterhaus
13.12. GER WUERZBURG Cairo
14.12. GER DRESDEN Baerenzwinger
15.12. GER LEIPZIG UT Connewitz

2 Kommentare:

Claudia hat gesagt…

Du hast diesen besonderen Abend ganz wunderbar treffend eingefangen und niedergeschrieben.
Es sollte viel öfter & mehr Scott in München geben - danke für deine Kritik! :-)

E. hat gesagt…

danke für deine rückmeldung!